Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)
war es keine Herausforderung für mich, mir lange und komplizierte Rezepte einzuprägen. Sie kontrollierte meine Kassenbelege, und deshalb musste ich die kleinen Butterpäckchen stehlen, die man in Cafés und Pubs umsonst bekam. Ich versteckte sie, wie Tara MacBride ihre Verhüter und ihre Zigaretten versteckte. Ich bugsierte sie oben auf den Türrahmen der Haustür und schmuggelte sie im Ärmel die Treppe hinauf. Mit flinken Fingern riss ich das Papier herunter und schob das gelbe Fettstückchen zwischen die Fasern einer Hühnchenbrust, um den Kaloriengehalt zu verdoppeln, und dann überwürzte ich sie, sodass meine Mutter den ungewohnt vollen Geschmack auf Knoblauch und frische Kräuter zurückführte. Das Folienpapier verschwand in meiner Tasche, bevor sie sehen konnte, was ich tat, und daher stammten die Fettflecken an meiner Hose. Ich nahm mir vor, von jetzt an bei meiner schwarzen Jogginghose zu bleiben, denn auf dem dicken schwarzen Baumwollstoff würde das Fett sicher nicht zu sehen sein. Ich täuschte sie nicht gern; ich hasste es von ganzem Herzen, aber mir blieb nichts anderes übrig.
» Lass uns ein bisschen arbeiten«, sagte ich, um sie aus ihrer Trance zu reißen und um das Thema zu wechseln.
» Ja!«, sagte sie und griff zu einem Text, den wir so oft studiert hatten, dass ich ihn praktisch auswendig hersagen konnte.
» Ein idealer Gatte? Schon wieder?«, sagte ich. » Warum können wir nicht mal was Neues machen?«
Ich stand vom Bett auf, ging am Bücherbord entlang und schlug den Shakespeare auf. » Coriolan . Das hab ich noch kein einziges Mal auch nur gelesen .«
» Das ist insgesamt ein bisschen leiblicher, als es mir zusagt.« Sie schloss die Augen, und ich dachte, sie würde wieder eindösen. Sie hatte das Schlafmuster eines Babys entwickelt: zwölf Stunden in der Nacht und tagsüber mehrere Nickerchen.
» Okay, okay«, sagte ich. » Dann eben Oscar Wilde.«
Ich weiß nicht mehr genau, wann klar wurde, dass der Schüler die Lehrer übertroffen hatte und dass meine Erziehung zum Stillstand gekommen war. Meine Mutter mühte sich an den Grenzen ihres gespeicherten Wissens. Wir hatten ihr literarisches und historisches Repertoire erschöpft; bevor sie mich weiter unterrichten könnte, würde sie selbst dazulernen müssen. Auch Kenneth’ Lektionen wiederholten sich seit ein paar Jahren, und wir waren jetzt auf das Studium des Algorithmus angewiesen, den er entwickelte, um die Zahlen unter der schwarzen Schicht auf seinen Rubbellosen vorauszusagen. Ich konnte den treulosen Gedanken nicht ganz unterdrücken, dass sie nicht nur deshalb so erpicht darauf gewesen war, mich auf die Cath gehen zu lassen, weil sie wollte, dass ich in der Welt vorankam, sondern auch, weil ihr die Beschränkungen meiner kleinen Lehrerfamilie sehr wohl bewusst gewesen waren.
Ein Zwist in meinem winzigen Lehrkörper machte die Sache noch schlimmer. Es gab leidenschaftliche Meinungsverschiedenheiten in zwei Punkten. Der erste war ihre Weigerung, die Steroide zu nehmen, die der Arzt ihr verschrieben hatte, um das Herz zu kräftigen, das paradoxerweise verfettet war– ein verbreitetes Symptom bei Anorexie. Punkt zwei waren meine Besuche in der Cathedral Terrace. Meine Mutter glaubte noch immer, dass irgendwo in diesem Haus der Beweis für die Korruption verborgen lag, der das Leben, das mir bestimmt war, aus dem Gleis geworfen hatte, und Kenneth war ihren Gefühlen gegenüber weder so sensibel wie ich noch meinte er, den Beschützer geben zu müssen. Er sprach das Thema mit einer Direktheit an, die im besten Fall ungeschickt und im schlimmsten regelrecht grausam war. » Ich weiß, was ihr da tut«, sagte er. » Rowan MacBride, der steht nicht für den gesamten akademischen Betrieb, weißt du. Er ist nicht der, für den du ihn hältst. Heather, gib es auf.«
Die Farbe wich aus dem Gesicht meiner Mutter, als hätte jemand den Stöpsel aus ihrer Blutversorgung herausgezogen. » Hier geht es nicht um mich«, sagte sie. » Es geht um Darcy und um das, was man ihm gestohlen hat und was er zurückbekommen muss. Es geht um eine Familie, die sich vorgenommen hat, uns zu zerstören.«
» Sie haben sich nicht vorgenommen, euch zu zerstören. Du hast absolut keinen Beweis dafür, dass hier irgendetwas nicht sauber gelaufen ist. Das ist alles nur hier drin!« Er tippte an ihren Kopf. » Es macht euch beide krank.«
» Darcy ist noch nicht einen Tag krank gewesen«, widersprach meine Mutter.
» Wie kannst du denn das gesund
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