Das Böse im Blut: Roman (German Edition)
gottverdammter Zufall.«
»Moment«, warf Padre Foreman schnell ein, dessen Interesse geweckt war, und beugte sich mit leuchtenden, wachen Augen vor. »Zufall ist kein Argument gegen die Verpflichtung, die man gegenüber der Familie hat. Man kann sagen, dass jenseits der Schöpfung der Welt durch den Herrn Selbst alles im Leben Zufall ist und der Mensch daher keine Verpflichtungen hat bis auf jene, die er glaubt, direkt seinem Gott zu schulden. Aber ist das Konzept vom Zufall nicht recht dünn? Vieles, das reiner Zufall in der Welt zu sein scheint, erweist sich später als Teil eines größeren Plans, und selbst wenn es nicht so gesehen wird, der Mangel an Zeugen ist kein Gegenbeweis für die Existenz des Plans.«
Huddlestone lachte. »Das ist schon ’n seltsames Geschwätz für ein’ Kirchenmann, Padre, ungelogen.«
»Ich bin kein Kirchenmann«, erwiderte der Padre. »Und das ist nicht so sonderbar, wie du glaubst. Denk nach: Was ist eine Verpflichtung gegenüber Gott, wenn nicht Verpflichtung gegenüber der Familie? Hat der Sohn sich nicht mit dem Segen des Vaters geopfert, um für die Sünden all seiner sterblichen Familie Blutsühne zu leisten? Hat Gott mehr von Abraham verlangt, als Er Selbst bereitwillig aufgegeben hat?« Die Augen des Padre loderten. »Aber hört meine Worte. Der Sohn war nicht im wörtlichen Sinn vom Fleische des Herrn geschaffen, oder? Er wurde nicht gezeugt durch Blut, das durch die rohe Paarung des Fleisches geströmt ist, oder? Nein. Und doch, wer will bestreiten, dass Christus mit Gott dem Vater verwandt ist? Die heilige Vorrangstellung von Familie ist viel umfassender als lediglich ein Band des Fleisches, und dass der Herr Seinen Sohn – seinen
spirituellen
Verwandten – geopfert hat, allein das Ausmaß dieser Tat macht das deutlich.«
»Nix, was aus deinem Mund kommt, ist jemals deutlich«, sagte Geech.
Der Padre lächelte über ihn, über alle. »Ich befinde mich in diesem Moment in einer Familie, die mir nähersteht als jede, mit der ich durch Geburt verbunden bin. Ich bin unter Männern, deren geistige Haltung meiner am ähnlichsten ist. Kein mir durch Blut verbundener Bruder, keine Schwester, noch nicht mal mein Vater selbst, Gott habe ihn selig, war mir im Geist so ähnlich wie ihr alle. Kein Einziger von euch hat eine Seele, die dunkler oder heller ist als meine. Kein Einziger hat bessere Aussichten, in den Himmel zu kommen oder in die Hölle zu fahren. Es ist die Wahl unseres Handwerks, der gemeinsame Weg durch dieses Tal der Tränen, den wir gewählt haben, gewählt durch die Ausübung unseres freien Willens, das ist es, was uns im Blut enger verbindet als irgendeine Familie, die nichts weiter als Abstammung beinhaltet.« Er hielt inne und grinste zurück in den lächelnden, kopfschüttelnden Kreis um ihn herum.
»Du sagst also, ich bin mit diesem Haufen Nichtsnutze enger verwandt als mit meiner süßen Mama oben in Michigan?« fragte Runyon der Scharfschütze. »Will verflucht sein, wenn das so ist!«
Der ehemalige Jesuit lächelte noch breiter. »Ja, mein guter Teddy! Gut gesprochen.«
»Gut gesprochen, Scheiße«, sagte Huddlestone. »Ein Mann muss so verrückt sein wie die Hölle, um sich deinen Scheiß anzuhören, Padre.«
Andere bestätigten dies mit einem Nicken und grinsten.
Der Padre strahlte geradezu und breitete die Arme aus, als wollte er sie segnen und alle an seine Brust drücken. »In der Tat«, sagte er. »In der Tat. Quod erat demonstrandum.«
4 Einige Tage später stießen sie auf die Shawnee. Sie erwarteten sie auf einer Anhöhe, an deren Fuß eine Quelle floss. Die Männer tränkten die Pferde und schlugen das Lager auf, und die Kundschafter berieten sich mit Hobbes. »Wahrscheinlich kriegen wir die Wilden erst auf der anderen Seite der Berge zu Gesicht«, meinte Jaggers zu Edward. Die Bergkette, von der er sprach, erhob sich dunkel am westlichen Horizont. Dies waren die ersten wirklichen Berge, die Edward seit seiner frühen Kindheit oben im Hochland von Georgia gesehen hatte, und sie waren in jeder Hinsicht anders: kahl und scharfkantig und roh violett vor dem roten Himmel des späten Nachmittags. Während sie auf diese Bergkette zuritten, kamen sie zu einem niedrigen Waldgebiet beim Rio Sabinas und trabten durch den kühlen Schatten uralter Sumpfzypressen und Weiden. Das Wasser hier strömte klar und süß, und nach zwei weiteren Tagen trafen sie im Pueblo Sabinas ein, wo weitere sechs Männer mit einer Caballada von Mustangs warteten,
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