Das Böse im Blut: Roman (German Edition)
nahendem Regen. Fischadler kreisten hoch oben im Himmel.
Der Fährmann war ein redseliger Graubart mit einem Holzbein und einem Mundvoll Kautabak. Die sehnigen Muskeln seiner Arme wölbten sich, als er das Rollseil betätigte, und er erzählte, sein Bein habe er in der Wildnis von Südflorida an ein Krokodil verloren, als er dort unten nach spanischem Gold gesucht hatte.
»Kein Alligator, ein verfluchtes
Krokodil!
Ich wate durch einen Mangroventeich und seh den Dreckskerl erst, als er mein Schienbein in zwei Stücke beißt. Hat sich angehört, wie’n Hund, der einen Hühnerknochen knackt, nur viel lauter, und kein verdammtes Hühnchen hat jemals so’n Brüller losgelassen wie ich. Ganze fünfzehn Fuß lang und ich seh’s erst, als es mich erwischt. ’ne Menge Leute sehn keinen Unterschied zwischen ’nem Gator und ’nem Krok. Donnerkeil! Ist nur derselbe Unterschied wie zwischen ’nem Luchs und ’nem Puma, mehr nicht. Lass dich von ’nem Gator beißen und dann von ’nem Krok, dann kommst du verdammt schnell dahinter, was der Unterschied ist.«
Edward sagte, er habe einmal einen Alligator einen Hund schneller töten und auffressen sehen, als es dauert, davon zu erzählen. »Der Hund trabt am Ufer entlang, und in der nächsten Sekunde ist da nix außer ’nem riesigen Gator mit ’nem Maul voll mit blutigem Fell und gebleckten Zähnen.«
»Gator ist schon schnell«, sagte der Alte und entblößte seine schiefen, schwarzen Zähne zu entweder einem Grinsen oder einer Grimasse – es hätte beides sein können, »aber ein Krok ist schneller, und wenn so einer auf ei’m rumkaut, ist das weniger lustig. Das kann ich euch verflucht noch mal sagen.« Er spuckte einen braunen Propfen Saft in die Richtung einer Schildkröte, die sich auf einem Stück Treibholz sonnte. Er verpasste sie um ein Haar, und die Schildkröte platschte ins schwarze Wasser und verschwand.
Er fragte, wohin sie wollten, und als Edward Texas sagte, verzog der Alte den Mund und schüttelte den Kopf. »Mich bringen keine zehn Pferde dazu, ins verfluchte Texas zu gehen. Jeder Texaner, dem ich begegnet bin, war verrückter als ’ne Katze mit ’nem Bienenstich. Und die ganzen Mexikaner da machen’s auch nich angenehmer. Überall wo man hingeht, gibt’s Komantschen. Die lassen sich was einfallen, um einen zu töten, an das hat nicht mal der Teufel gedacht. Nein danke! Ihr Burschen könnt gerne mein Teil von Texas haben.«
Die Fähre stieß gegen das westliche Ufer, und der Alte sprang heraus und machte die Boleine an einem Pappelstamm fest. Die Brüder warfen ihre zusammengerollten Schlafdecken über die Schulter, verabschiedeten sich und wanderten zum Pfad hoch und schlugen einen Weg nach Süden ein. Der Alte stand da, spuckte Priemsaft aus und beobachtete sie, bis sie um die Biegung verschwunden waren.
2 Der Himmel verdunkelte sich zu einem tiefen Violett, als dicke Gewitterwolken aufzogen, und am frühen Nachmittag setzte heftiger Regen ein. Es schüttete zwei Stunden lang und hörte dann plötzlich auf. Die Bewölkung lichtete sich und die Sonne brach durch. Dampf stieg vom gestampften Flusspfad auf und bei Sonnenuntergang war ihre Kleidung wieder trocken.
Ihr Nachtlager schlugen sie auf einer Lichtung nah am Fluss auf. Sie entzündeten ein hohes Feuer, und einiges von dem Holz war noch feucht, knallte wie Pistolenschüsse und schleuderte Funkenstreifen in hohen Bögen durch die Luft. Sie schnitten dünne Weidenzweige ab, spitzten sie an und spitzten auch ein Dutzend kleinere Stöcke Grünholz. Jeder mit einer brennenden Hickory-Fackel und einem Weidenspeer bewehrt, gingen sie dann zum Ufer hinunter und hinab an den Rand des Schilfs, wo ganze Kolonien von Fröschen vor sich hin quakten. Sie hielten ihre Fackeln hoch und sahen eine Schar roter Augen zwischen den Rohrkolben leuchten. Sie gingen schnell und mit geübter Geschmeidigkeit zu Werke, spießten die Frösche mit den Speerspitzen auf und schüttelten mit einer Drehung des Handgelenks die Weidenspeere nach hinten, sodass die Frösche auf höheren Grund flogen, wo sie dann im Schein des Feuers zappelten und zuckten. Nach wenigen Minuten hatten sie vier Dutzend erjagt, legten dann ihre Speere und Fackeln beiseite, schnitten den Fröschen die Schenkel ab und warfen die Reste in den Fluss zurück. Sie zogen die Haut von den Schenkeln, spießten mehrere Schenkel auf jeden der Grünholzstöcke und brieten sie über dem Feuer, bis der Saft in den Flammen zischte. Dann lehnten sie sich an
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