Das Böse im Blut: Roman (German Edition)
Angehörige der Spy Company seien mehrmals auf Krankenbesuch gekommen, aber jedes Mal habe er geschlafen, und der Arzt habe ihnen nicht erlaubt, ihn zu wecken. Zwei Tage zuvor war die Company als Eskorte für einen Zug nach Veracruz ausgerückt.
Von den Krankenschwestern und anderen Patienten erfuhr Edward, dass General Scott seine Armee kurz vor den Außenbezirken von Mexiko-Stadt hatte anhalten lassen und einen Waffenstillstand mit Santa Anna vereinbart hatte, um über Friedensbedingungen zu verhandeln. Auf ihr Gelöbnis hin, für den Rest des Krieges nicht mehr zu den Waffen zu greifen, hatte Scott die meisten der dreitausend mexikanischen Gefangenen freigelassen, die bei dem Vormarsch auf die Hauptstadt gefangen genommen worden waren. Unter den amerikanischen Truppen hatte es viel Murren gegeben. »Viele Jungs denken, er hätte sie alle erschießen sollen«, sagte ein Mann im Nachbarbett, ein Artilleriekorporal namens Walter Berry, der einen Fuß verloren hatte. »Viel unwahrscheinlicher, dass ein Toter nicht mehr gegen dich kämpft als einer, der nur verspricht, dass er’s nicht tun wird.«
»Wenigstens hat Old Scotty keinen von diesen desertierten Dreckskerlen freigelassen, die sich Saint Paddies nennen«, meinte ein Mann namens Alan Overmeyer, der in dem Bett auf Edwards anderer Seite lag. Overmeyer hatte seinen rechten Arm und sein rechtes Bein verloren und sah so aus, als wäre er längs halbiert worden.
»Teufel nein, hat er nicht«, sagte Walter Berry. »Wenn Scotty
die
gehen lässt, knöpft seine eigene Armee
ihn
auf, das kannst du glauben.«
»Dieser gottverdammte Santa Anna sagt, wenn er noch einhundert wie diese Saint Paddies gehabt hätte, dann hätt er den Kampf gewonnen. Scheiße! Ein Grund mehr, diese Hundesöhne aufzuhängen, sag ich. Saint Paddies, mein trauriger Arsch – Saint Judas schon eher.«
Sie erzählten Edward, dass mehr als die Hälfte des Saint-Patrick-Bataillons bei Churubusco getötet worden sei. Beinahe zwei Dutzend wurden vermisst, vermutlich waren einige von ihnen entkommen. Um die neunzig waren gefangen genommen worden und zweiundsiebzig von ihnen der Fahnenflucht aus der Armee der Vereinigten Staaten angeklagt. Scott vergeudete keine Zeit, ihnen den Prozess zu machen. Dreiundvierzig waren vorletzten Montag bei Tacubaya verurteilt worden und drei Tage später die anderen neunundzwanzig bei San Angel. Jeder von ihnen außer zweien wurde für schuldig befunden und zum Tod durch Erhängen verurteilt.
»Ihr hättet den Jubel im Gericht von San Angel hören sollen, als die Richter das Urteil über Riley aussprachen«, sagte eine Krankenschwester namens Marlin Grady. »Ich war da und kann euch sagen, ich dachte, das Dach würde in die Luft fliegen, so laut war es. Oh, das ist wirklich ein verhasster Bastard, dieser Riley. Er war es, der diesen Haufen von Rebellen-Paddies gebildet hat und die gotteslästerliche Unverschämtheit gehabt hat, ihnen den Namen des guten Saint Patrick zu geben. Er hat nichts anderes getan, als uns Iren in den Dreck zu ziehen, jeden Einzelnen, dieser verdammte Hurensohn.«
»Sie haben sie alle gehängt?« fragte Edward und spürte, wie sich seine Kehle zuschnürte. Er sah jetzt Johns Gesicht so klar vor sich wie oben auf dem Turm in dem Augenblick, als sie sich wiedergesehen hatten, sein erstauntes blutverschmiertes Gesicht.
»Noch nicht, aber so gut wie », sagte Walter Berry. »Jetzt muss nur noch Old Fuss and Feathers die Urteile ganz offiziell bestätigen, und dann gibt es die Schlinge für diese Judas-Bastarde.«
Über die Prozesse hatte
The American Star
berichtet, eine Yankee-Zeitung, die zum ersten Mal in Jalapa erschienen und seitdem der US-Armee gefolgt war. Marlin Grady brachte Edward ein paar alte Ausgaben, damit er die Berichte selbst lesen konnte. So erfuhr er, dass einer der Saint Patricks, ein Bursche namens Ellis, der nie ordnungsgemäß als Soldat registriert war, wegen dieses Formfehlers freigesprochen worden war. Zwei Stunden später war er auf der Straße von einem Haufen US-Soldaten angegriffen und halb totgeschlagen worden, bevor eine Gruppe Mexikaner ihn retten und wegbringen konnte. Ein weiterer Saint Patrick, Lewis Prefier, hatte bei seiner Gefangennahme keine mexikanische Uniform getragen, war sogar splitternackt gewesen. Außerdem hatte sich herausgestellt, dass er verrückt war, so gestört, dass er nicht einmal seinen eigenen Namen wusste und ebenso wenig wie ein Hund die einfachsten Fragen, die ihm gestellt wurden,
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