Das Böse im Blut: Roman (German Edition)
fünfzehn. Hab gehört, vor’n paar Tagen sind zwei neue gekommen, noch keine dreizehn Jahre alt. Bin selber noch nicht dazu gekommen, sie auszuprobieren. Hatte hier neulich ’n Burschen, der hat gesagt ›zwölf!‹, so als ob sie ’n bisschen zu jung dafür wär, aber ich schätze, es ist, wie die Mexicanos sagen: Wenn sie alt genug sind zum Bluten, dann kann man sie auch schlachten.«
John sagte, er hätte direkt Lust, gleich mal eine Kleine zu schlachten, doch Edward und Keeler waren mehr in Stimmung, ihr Glück an den Kartentischen zu versuchen. John und Allenbeck verhöhnten sie als schlappschwänzige Schwächlinge und machten sich durch den vollen Raum davon.
Edward beobachtete, wie sein Bruder durch den Dunst auf die verhängte Tür zusteuerte, und grinste ihm nach. »Der muss ja wirklich ein’ Schwanz aus Hickory haben«, sagte er zu Keeler. »Ich hab mich
immer
noch nicht von dem braunen Mädchen erholt.«
»Einige Burschen kriegen einfach nicht genug von der haarigen Auster, das stimmt schon«, sagte Keeler. »Ich gehör selber dazu, wie der liebe Gott wohl weiß, aber ein Mann braucht auch noch andern Zeitvertreib, bei Gott, sonst wird er weich in der Birne, das steht fest.«
Sie bestellten noch einen Eimer Bier und vereinbarten, ihre Gewinne zu teilen. Dann fanden sie einen Pokertisch mit zwei freien Plätzen und setzten sich.
III
JOHN
1 Hinter der verhängten Tür saß ein Mann mit Ärmelhaltern an einem kleinen Tisch in der Nische unter der Treppe und unterhielt sich mit einem Zigarre rauchenden Mann mit einer Melone, der rittlings auf einem umgedrehten, geraden Stuhl saß und sich die Hand massierte. Er trug eine Pistole am Gürtel. Am Fuß der Treppe hinter ihm war ein Ausgang zur Gasse.
Der Mann mit den Ärmelhaltern war der Kassierer. Er klopfte auf die Tischplatte und sagte: »Kostet euch zwei ganze Dollar, Jungs.« Der Mann mit der Melone musterte die beiden prüfend, als sie zahlten. Der Mann mit den Ärmelhaltern fragte nach ihren Vorlieben, und Allenbeck sagte, er sei in der Stimmung für einen Rotschopf. Aus einem Bastkorb mit verschiedenen Pokerchips nahm der Kassierer einen weißen heraus, auf dem die Nummer vier aufgemalt war, und reichte ihn hinüber. »Gib das hier der Niggerfrau da oben«, sagte er. Allenbeck zwinkerte John zu und nahm zwei Stufen auf einmal.
John wollte eine Mulattin, aber ihm wurde gesagt, alle drei seien beschäftigt und würden das wohl auch noch eine Weile bleiben, und so verlangte er eine Blondine, aber die beiden waren ebenfalls besetzt. Der Kassierer schlug ein chinesisches Mädchen vor, ein schlitzäugiges Schätzchen frisch vom Boot und gerade erst dreizehn, eine Jungfrau, so gut wie. So frische Ware koste nur einen Dollar mehr. John bezahlte und bekam einen blauen Chip mit der Nummer dreizehn.
»Das Stiefelmesser da behalt ich hier, bis du wieder runterkommst«, sagte der Mann mit der Melone. John begegnete dem Blick des Mannes. Der Mann grinste und zuckte die Achseln. »Brauchst es mir nicht zu geben, mein Junge, aber nach oben geht es nicht.« John zog das Messer aus seinem Stiefel und legte es auf den Tisch. Ohne ihn aus den Augen zu lassen, sagte der Mann: »Besten Dank auch.«
Auf dem oberen Treppenabsatz saß eine riesige, dicke, gelbäugige Negerin in einem breiten Schaukelstuhl neben einem niedrigen Holzkasten, in dem sich eine Ansammlung von Pokerchips befand. Sie nahm Johns Chip entgegen und warf einen Blick drauf. »Zimmer Nummer acht«, sagte sie. »Mädchen auf der Linken.« Sie warf den Chip in den Kasten und wies durch die offene Tür in den schmalen, schwach beleuchteten Flur, der zu beiden Seiten von nummerierten Türen gesäumt war.
Der Flur war leer, doch die dünnen Türen dämpften kaum das Stöhnen und Fluchen der Männer, die sich in ihrer Leidenschaft suhlten. Ein Paar Fensterläden, die auf einen Balkon am Ende des Flurs gingen, war geschlossen, um den Lärm von der Straße unten zu dämpfen. Als er an der zweiten Reihe Türen vorbeikam, hörte er Allenbecks Stimme aus dem Zimmer rechts mit der Nummer fünfzehn: »
Sachte
, verflucht noch mal!
Vorsichtig
lutschen, du rote Hure!«
Auf halbem Weg den Flur hinunter schwang plötzlich die Tür zu Nummer zwölf auf, und ein wütender dicker Mann, der nur Hose und Stiefel anhatte, trat heraus und murmelte: »Gottverdammtes kleines Luder!« Er rief: »He, Tante!«, und John warf einen Blick zurück und sah, wie die Schwarze sich in ihrem Schaukelstuhl vorbeugte und zu ihnen
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