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Das Böse im Blut: Roman (German Edition)

Das Böse im Blut: Roman (German Edition)

Titel: Das Böse im Blut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Carlos Blake
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Wäsche gewaschen, die Ausrüstung gereinigt und die militärische Organisation, die Vorschriften, allgemeine Befehle und die Befehlskette gelernt. Dann kamen Schießübungen vom Achterschiff aus. Sie schossen auf Flaschen und Dosen, die im Fahrwasser des Dampfers schaukelten, und schlossen Wetten ab, von denen John die meisten gewann. Schnell erwarb er sich an Bord einen Ruf als Scharfschütze. Nach den Schießübungen mussten die Männer ihre Gewehre reinigen und dann in Aufstellung gehen. Lieutenant Stottlemeyer kam heraus, um seine nachmittägliche Waffeninspektion durchzuführen. War das erledigt, waren die Pflichten des Tages zu Ende, nur nicht für jene, die für die Nachtwache eingeteilt waren. Der tägliche Aushang des Wachdienstes wurde vom Murren jener begrüßt, deren Namen darauf standen, und niemand murrte lauter als Lucas Malone.
    »Was zum Teufel bewachen wir vor wem?« nörgelte er. »Wir sind aufm gottverdammten Ozean, Herrgott noch mal! Glaubt denn wirklich jemand, irgendein Mexikaner wird hier zum Schiff rausschwimmen, sich an Bord schleichen und dir mitten in der Nacht die Kehle durchschneiden? Schlimm genug, dass wir jeden verfluchten Morgen damit verbringen, wie die Blöden herumzumarschieren, als wollten wir die Mexikaner zu Tode
beeindrucken
, aber diese Bewacherei gegen nix als Möwen is der reinste Unsinn, wenn man mich fragt.« Worauf Sergeant Frome stets entgegnete: »Dich fragt aber keiner, Malone. Halt besser deine Zunge im Zaum.«
    Worauf Lucas Malone stets reagierte, indem er wartete, bis Frome ihm den Rücken zugekehrt hatte, ihm dann die Zunge rausstreckte, mit zwei Fingern reinkniff und ihm schielend mit einer verdrehten Bewegung der linken Hand salutierte. Die anderen Rekruten lachten schallend, und Frome wirbelte herum und sah lediglich, wie Lucas geflissentlich seine Fingernägel betrachtete.
    John dachte, dass er vielleicht der einzige Mann an Bord war, dem der Wachdienst mitten in der Nacht gefiel. Er war gerne allein an Deck, wenn der Mond das vorübergleitende Meer in ein silbriges Violett tauchte und der Himmel ein Tumult von Sternen war. Hin und wieder durchbrach irgendetwas Großes die Wasseroberfläche dicht beim Schiff und zog schwimmend ein grüngelbes Feuer hinter sich her. Die einzigen Geräusche kamen von den Schaufeln, die durch das Wasser wühlten, und von der Takelage, die im Salzwind summte. Seit seinem ersten Blick auf den Ozean damals in Pensacola hatte er sich gefragt, ob er im Kern vielleicht ein Seefahrer war. In diesen einsamen Stunden, in denen er das nächtliche Meer vorbeirollen sah, dachte er, dass er das ganz gewiss war.
    Zwei Wochen nach New Orleans wurden sie von einem Nordwind getroffen, der für die nächsten beiden Tage den Himmel schwärzte und acht Fuß hohe, bleifarbene Wogen aufpeitschte. Der Dampfer hob und senkte sich in der Dünung, und der Wind heulte durch jeden Spalt des Schiffes. Wellen brachen weiß schäumend über das Deck. Schon bei den ersten stärkeren Schwankungen des Schiffes wurden die meisten Soldaten seekrank, und am Ende des ersten Sturmtages stank das ganze Schiff nach Erbrochenem. Wie die meisten anderen Rekruten blieb Lucas Malone in seinem Quartier, den Kopf über den Rand seiner Pritsche gehängt, und fügte gelegentlich etwas zu der Schicht von Kotze auf dem Deck hinzu. Selbst einige der Schiffsbesatzung waren nicht in der Lage, das Essen in ihren aufgewühlten Mägen zu behalten. Unter den Rekruten machte nur John und einem Burschen namens Jimmy Zane, der als Schiffer auf einem Mississippi-Lichter gearbeitet hatte, das unaufhörliche Steigen und Schlingern des Dampfers nichts aus. Sie gingen an Deck, klammerten sich an die Reling und johlten vor Freude, während die Gischt ihnen ins Gesicht stach und der Wind ihre Haare zerzauste. Dann gingen sie lachend und zitternd in ihren triefend nassen Sachen nach unten in die Kombüse, um sich mit heißem Kaffee aufzuwärmen.
    12 An einem strahlend klaren Morgen eine Woche später lagen sie außerhalb der Untiefen von Corpus Christi Bay vor Anker gegenüber der breiten sandigen Bucht, in die der Rio Nueces mündete. Noch bevor sie um die vorgelagerten Inseln herumgefahren waren und das Festland in Sicht kam, hatten sie den Staub und den Rauch gesehen, die von dem sieben Monate alten Lager von General Zachary Taylors 3 500 Männern zählenden Armee aufstiegen. Jenseits des Lagers lag die Stadt Corpus Christi selbst, deren Bevölkerung von 2000 vor der Ankunft der Armee

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