Das Böse im Blut: Roman (German Edition)
mittlerweile auf Zehntausende angeschwollen war. Es war ein ausgedehntes Unternehmen von Whiskeyverkäufern, Händlern, Dieben, Spielern, Huren, Marketendern und Schaustellern geworden. Je größer die Stadt wurde, umso größere Probleme bereitete Taylor der allgemeine Disziplinverfall in seiner Truppe, unter der Trunkenheit und Raufereien an der Tagesordnung waren.
Sie stiegen auf Bargen um, die sie über die Bucht beförderten. Als sie sich dem Landungssteg am Fluss näherten, sahen sie, dass im Lager Hochbetrieb herrschte. Überall waren Arbeitstrupps damit beschäftigt, Zelte zu streichen, Wagen zu beladen, sie mit Ochsen- und Maultiergespannen zu verbinden und in Formation aufzustellen, Pferde einzufangen und zu satteln. Die Luft war erfüllt vom Lärm plärrender Regimentskapellen und bellender Hunde, wiehernder Pferde und brüllender Männer. Alles mutete nach Chaos an, das sich kaum mehr im Zaum halten ließ. Der Steuermann lachte über die Aufregung der Rekruten und sagte: »Ihr Jungs kommt gerade rechtzeitig, um mit Old Zack zum Rio Grande zu ziehen. Zweite Dragoner sind gestern schon weg.«
»Der Rio Grande!« rief ein Rekrut. »Wurde der Krieg erklärt?«
»Nein, noch nicht«, sagte der Steuermann mit einem schwarzzahnigen Grinsen. »Aber wenn dich vorher ein Mexikaner in den Kopf schießt, bist du genauso tot.«
Sie wurden am Landesteg von einem Personaloffizier und seinen Assistenten in Empfang genommen, die rasch die Papiere der Männer bearbeiteten, sie einer Einheit zuteilten und zu einer Handvoll wartender Kompanie-Sergeants wiesen. John und Lucas und der Mann aus Mississippi, Jimmy Zane, gehörten zu fünfen, die der A-Kompanie der fünften Infanterie zugeteilt wurden. Sie wurden einem kleinen, hartgesichtigen Master-Sergeant namens Kaufmann übergeben, der ihnen befahl: »Einfallen, verflucht noch mal, und mir folgen.«
Er führte sie durch den staubigen Trubel des gewaltigen, aber geordneten Aufbruchs einer Streitmacht hindurch, die sich für einen langen Marsch bereit machte. Sie schlängelten sich durch ein Labyrinth von Zelten und um Gruppen von Soldaten herum, die sich mit ihrer Ausrüstung beschäftigten und ihnen im Vorbeigehen »Frischlinge!« zujohlten. Bei der Grenze zu den Offiziersunterkünften befahl Master-Sergeant Kaufmann ihnen stehen zu bleiben, ging dann zu einem der großen Zelte, meldete sich an und wurde eingelassen. Ein paar Schritte weiter stand in einem kleinen abgetrennten Karree ein hutloser Soldat auf einem Fass, die Hände auf den Rücken gebunden und ein handbeschriebenes Schild um den Hals, auf dem ICH BIN EIN ESEL stand. Lucas Malone rief ihm zu: »Sag mal, Freundchen, was hast
du
denn angestellt, dass du dir diesen Ehrenplatz verdient hast?« Der unglückselige Soldat erwiderte nichts, sondern starrte nur verdrießlich auf seine Füße.
Eine Minute später erschien Kaufmann wieder zusammen mit einem jungen Captain, der seinen Hut im flotten Winkel trug. Er stellte sich vor sie, die Hände hinterm Rücken verschränkt. Seine Stiefel schimmerten schwarz und seine Messingknöpfe glänzten. »Ich bin Captain Merrill«, sagte er, »befehlshabender Offizier, A-Kompanie, Fünfte Infanterie. Ich begrüße euch und habe euch nur eines zu sagen und tue das mit der größten Leidenschaft: Seid gute Soldaten. Wir haben keinen Platz für den, der kein guter Soldat sein will. Wir dulden ihn nicht, wir haben kein Erbarmen. Also seid gute Soldaten und vertraut dem Herrn. Das ist alles. Sie gehören Ihnen, Master-Sergeant.« Er machte auf dem Absatz kehrt und ging in sein Zelt zurück.
John warf einen Blick zu Lucas Malone, der die Augen verdrehte. Kaufmann bellte: »Hier lang!« und führte sie zu einem Vorratswagen, wo sie mit vollen Feldtaschen, Pulverflaschen und Munitionsbeuteln für die Jaeger-Gewehre ausgerüstet wurden. Dann führte er sie zum Standort der A-Kompanie und stellte ihnen einen bulligen Mann namens Willeford als ihren Platoon-Sergeant vor. Der Zug war mit dem Einpacken von Ausrüstung beschäftigt, und nur wenige Männer schenkten ihnen Beachtung.
»Bevor ich euch Sergeant Wilford übergebe«, sagte Kaufmann, »will ich hier mal was ganz klarstellen. Wenn einer von euch aus der Reihe tanzt, den prügle ich blau und schwarz, und das ist ein Scheißversprechen. Wir werden sehr bald einen Krieg führen müssen und haben keine gottverdammte Zeit für Dummheiten. Tut, was euch befohlen wird, und tut es zackig. Ich habe keine Verwendung für Schlappschwänze,
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