Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Böse in dir

Titel: Das Böse in dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
Vom Netzwerk:
ersten Mal eine Klangschale zu Gesicht bekommen. Nachdem der Räuber die Flucht ergriffen hatte, hatte die Frau des Inhabers versucht, sich mithilfe dieser klaren Kristallschalen in verschiedener Größe zu beruhigen, die wirklich wundervolle, ans Herz gehende Töne von sich gaben, wenn sie mit einem weichen Spatel über die Ränder fuhr. Ich weiß, dass das wie Spinnerei klingt, aber es stimmt. Ich würde Khur-Vay einen Besuch abstatten müssen, damit sie mir erklärte, wie es genau funktionierte, was diese Klänge zu bedeuten hatten und was ein Chakra war. Wenn jemand so etwas wusste, dann sie. Vielleicht hatte sie sogar solche Schalen auf Lager, damit Black mir welche zum Geburtstag schenken konnte.
    Ich lehnte den Kopf an das weiche Polster und tat, als hätte ich die Augen geschlossen. Doch in Wahrheit spähte ich unter meinen Wimpern hervor und beobachtete Dr. Jekyll, nur für den Fall, dass er noch einen Knopf drückte, um mein Gehirn mit Gammastrahlen zu durchbohren und mich in einen Zombie oder ein anderes willenloses Geschöpf zu verwandeln. Sicher verstehen Sie, was ich meine. Allerdings stand er nur da und lächelte mich an, als wisse er, was ich da trieb. Plötzlich wirkte er viel entspannter, als ich mich fühlte.
    »Tja, das war wirklich ein Spaß, Doc«, meinte ich, nachdem ich die eingängigen außerirdischen Geräusche einige Minuten auf mich hatte wirken lassen. »Es war sehr angenehm. Jetzt fehlen mir nur noch eine Liege, eine Decke und vielleicht noch ein Schnuller.«
    Mit inzwischen ernster Miene nahm Collins mir den Kopfhörer ab und legte ihn wieder auf den Tisch. »Sie ziehen die Dinge gern ins Lächerliche, Detective Morgan. Aber wissen Sie was? Ich habe Sie gerade in Trance versetzt und alle möglichen persönlichen Dinge über Sie herausgefunden. Dann habe ich Ihnen gesagt, Sie sollten sich nach dem Aufwachen nicht mehr daran erinnern. Und Sie erinnern sich nicht, richtig?«
    »Ja, schon gut. Selten so gelacht, Doctor. Sie sind ein echter Komiker im weißen Kittel.«
    Mit einem wissenden Lächeln schaltete er den Leuchtkasten ab und drehte sich wieder zu mir um. »Schauen Sie auf Ihre Armbanduhr. Dann werden Sie sehen, dass Sie einfach so eine Viertelstunde verloren haben. Dann haben Sie Ihren Beweis.«
    Ich warf einen Blick auf die Uhr, die, wie ich glaubte, genau die richtige Zeit anzeigte. Allerdings wusste ich nicht genau, wie lange ich mich eigentlich schon in seinem Büro aufhielt. Außerdem hatte er sich möglicherweise daran zu schaffen gemacht. Also entschloss ich mich zu einem Bluff. »Tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen, Dr. Collins, aber ich habe keine Zeit verloren. Vielleicht brauchen Sie eine neue Batterie.«
    »Und welche Zeit würde Ihnen glaubhaft erscheinen, wenn ich Ihnen sagen würde, wie lange Sie in Trance waren?«
    Als ich ihn einen Moment verunsichert anstarrte, lachte er auf. »Erwischt, Detective.«
    »Oh, schon verstanden. Ein Psychiaterwitz, damit kriegt man mich immer wieder.« Allerdings wirkte er nicht amüsiert. Plötzlich war mir dieser Kerl mit seinen ständigen gönnerhaften Frotzeleien zutiefst zuwider. Einen miesen Trick wie den gerade beschriebenen durchzuziehen, hätte ich ihm durchaus zugetraut. Bei mir und auch bei seinen Patienten. Außerdem gefiel es mir nicht, wie er mich nun musterte. Und seine nächsten Worte vergifteten die Stimmung endgültig.
    »Ach, da richtig«, sagte er. »Sie sind ja Nicholas Blacks neueste Gespielin. Vermutlich kennen Sie alle unsere Insiderwitze schon.«
    Hoppla, nun mal langsam, junger Mann. Plötzlich verteilte er Schläge unter die Gürtellinie. Ich betrachtete ihn von Kopf bis Fuß und mit hartem Blick. Seine Ausdrucksweise ging mir sehr gegen den Strich, doch ich wusste auch, dass er die beleidigenden Worte mit Bedacht gewählt hatte. Die viel wichtigere Frage war die nach dem Warum. Um mich zu provozieren, vielleicht? Allerdings konnte ich keinen triftigen Grund dafür erkennen, noch nicht. Für ein Gefühl wie Hass kannten wir einander noch nicht gut genug, auch wenn starke Abneigung durchaus im Bereich des Möglichen lag. Ich spürte bereits, wie diese leicht anstieg.
    Ich beschloss, mich nicht lumpen zu lassen. »Offen gestanden, Dr. Collins, bin ich niemandes Gespielin, weder neu oder alt«, entgegnete ich. »Und jetzt würde ich mich freuen, wenn Sie mit dem Theater aufhören und meine Fragen beantworten würden.«
    »Ich wollte Sie nicht kränken.«
    Oh doch, das wolltest du sehr wohl, du Blödmann!

Weitere Kostenlose Bücher