Das Böse in dir
riesige Glasvitrine voller Pokale und Trophäen. Einige stammten noch aus den Zeiten von Highschool und College: Leichtathletik und Schwimmen. Außerdem waren da einige Journalistenpreise für herausragende Leistungen in einer Mannschaftssportart und eine beachtliche Anzahl Medaillen aus der Studentenzeit. Doch zum Großteil handelte es sich bei den Trophäen um hohe goldene Skulpturen, deren Spitze ein Schwimmer, ein Golfspieler oder ein Baseballer mit erhobenem goldenen Schläger zierte. Offenbar war dieser Mann stolz auf seine sportlichen Erfolge und seinen Körper. Und er hatte auch allen Grund dazu. Der Typ hatte eine tolle Figur, nicht, dass mir so etwas normalerweise auffallen würde.
Offen gestanden verabscheue ich Kerle, die nur um ihre Optik kreisen, herumstolzieren und allen ihre im Fitnessstudio modellierten Muskeln zeigen. Insbesondere dann, wenn sie ärmellose T-Shirts tragen, um ihren Körper zu präsentieren. Natürlich stellt Black eine Ausnahme zu dieser Regel dar, auch wenn er sich nur über seine Leiche in einem ärmellosen T-Shirt blicken lassen würde. Eigentlich gefällt mir seine Brust immer, ganz gleich, was er trägt oder nicht trägt. Ich hatte einen kleinen Kassettenrecorder in die Tasche meiner Jeans gesteckt, nur um festzustellen, ob Boyce etwas dagegen hatte, für eine eventuelle Gerichtsverhandlung auf Band aufgenommen zu werden. Hoffentlich nicht, denn dann konnte Black sich das Band anhören und mir bestätigen, dass der Mann zwar ein hoch dekorierter Psychiater, aber gleichzeitig ein psychopathischer Spinner war.
Lässig schlenderte ich hinter seinen Schreibtisch und hielt Ausschau nach dem Einschaltknopf, den ich natürlich rasch fand. Vermutlich waren alle Büros gleich ausgestattet, etwas, das ich mir merken musste. Der Schreibtisch selbst war recht ordentlich. Die Papiere waren ordentlich geschichtet oder lagen in gestapelten Drahtkörben rechts von einem Telefon mit drei Leitungen. Keines der Lämpchen blinkte. In Oak Haven schien selten jemand anzurufen. Ich griff zum Hörer und schaute die eingegangenen Anrufe durch. Von mir war da keiner dabei, doch ich hatte meine Nummer ja auch unterdrückt. Außerdem hatte er einige Male bei den Murphys in Jefferson City angerufen, was ich mehr als interessant fand. Offenbar würde ich den guten Collins nach den genauen Hintergründen dieses Kontakts ausquetschen müssen.
Auf der anderen Seite des Raums stand ein sehr großes, rechteckiges Aquarium mit zwei Sesseln direkt davor. Eine seltsame Möblierung, aber anscheinend diente das Arrangement der Unterstützung einer Entspannungsmethode à la Collins. Hinter den Fischen blitzten in regelmäßigen Abständen Lichter auf, sehr langsam und in verschiedenen Farben. Ich fragte mich, ob seine schwarzen Mollys und der einsame rote chinesische Kampffisch wohl davon Kopfschmerzen oder nervöse Kiemenzuckungen bekamen, oder ob sie vielleicht auf der Seite oder im Kreis herum schwammen und therapiebedürftig waren. Doch sie schwebten alle dicht unter der Oberfläche und schienen sich zu langweilen. So wie ich. Möglicherweise warteten sie auch nur auf die Fütterung.
Ich nahm in einem der tiefen, mit marineblauem Velours bezogenen Drehsessel Platz, starrte eine Weile in die blitzenden Lichter und überlegte, ob ich mich merkwürdig, hypnotisiert oder sonst irgendwie anders fühlte. Nichts. Allerdings habe ich mich schon immer für Hypnose interessiert, und Boyce Collins vertrat in seinem Buch einige ziemlich abgehobene Thesen. Ich hatte es rasch überflogen und zugegebenermaßen ziemlich spannend gefunden. Hauptsächlich war ich neugierig darauf, was man alles tun konnte, wenn ein Patient in Trance war.
Der Polizeipsychologe in L.A. hatte mich nach dem Vorfall, bei dem Zach getötet und Harve verwundet worden war, hypnotisieren wollen, um mein Unbewusstes zu erforschen. Doch ich hatte mich geweigert, stattdessen meinen Abschied genommen und die Stadt verlassen. Ich habe zwar keine Erklärung dafür, aber es war mir schon immer wichtig, im vollen Besitz meiner geistigen Kräfte zu sein. Seit ich wusste, dass Black so etwas konnte, spielte ich mit dem Gedanken, mich von ihm hypnotisieren zu lassen, in der Hoffnung, dass er vielleicht mit einem Teil der Trauer aufräumen könnte, die sich tief in meinen grauen Zellen eingenistet hatte. Dann jedoch fiel mir ein, dass er mich auf diese Weise in eine der Frauen aus Stepford verwandeln könnte, die rund um die Uhr seinen Befehlen gehorchte. Das war
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