Das Böse in dir
mich aus der Ruhe zu bringen. »Es heißt, dass Sie in letzter Zeit in einige sehr sensationsträchtige Fälle verwickelt waren, und zwar mit dem Ergebnis, dass sämtliche Zeitungen in diesem Bundesstaat Ihr Foto gebracht haben. Ganz zu schweigen, dass die Beziehung mit Nick Black Sie ja schon fast zur Prominenten macht.«
»Sie scheinen ziemlich viel über mich zu wissen, Dr. Collins.«
»Nicht mehr als jeder andere. Sie sind eine Frau, die man nicht so leicht vergisst, insbesondere wenn man das Vergnügen hatte, Ihnen persönlich zu begegnen.
Ich hielt seinem Blick stand. Sein Augenausdruck war warm und seelenvoll, ja, er sah beinahe wie ein schmachtender Jüngling aus. Da ich nun einmal ein direkter Mensch bin, sprach ich ihn sofort darauf an. »Wollen Sie zufällig etwas von mir, Doctor?«
Endlich einmal wirkte Collins überrascht, allerdings hielt sich der Ausdruck nicht lange. »Sie nehmen kein Blatt vor den Mund, was?«
»Genau, dafür bin ich berüchtigt.«
»Okay, wollen Sie die Wahrheit hören? Wenn ich nicht so viel Achtung vor Nicholas Black hätte, würde ich Sie zu einer Tasse Tee einladen.«
Und willst du die Wahrheit hören? Mit dir würde ich nicht für alle Tassen Tee in China ausgehen, dachte ich. Ich hielt inne und überlegte, warum ich eigentlich so überaus ablehnend auf ihn reagierte. Im nächsten Moment fiel es mir wieder ein: Er war ein arroganter Schnösel.
»Nun, Ihr Interesse schmeichelt mir, Doctor. Könnten Sie mir jetzt bitte erklären, welche Therapie Sie bei Mikey angewendet haben? Haben Sie dieses neumodische Dingsda mit den vielen Pfeifen und Glöckchen benutzt, das da hinter dem Wandschirm steht?«
Seine schmalen Lippen bogen sich nach oben. Man hätte es als Lächeln auslegen können, nur dass seine Augen diesmal nicht mitmachten. Oh, nein, jetzt wollte er sicher keinen Tee mehr mit mir trinken. Schluchz. Ich war geknickt.
»Genau das habe ich. Er sprach sehr gut auf Klangtherapie und Hypnotherapie an und ließ sich leicht in Trance versetzen. Etwa dreißig Prozent der Probanden sind überdurchschnittlich empfänglich für Hypnose.«
»Und was haben Sie ihm gesagt, als er hilflos und in Ihrer Macht war?«
»Dass er hilflos und in meiner Macht war, trifft nicht im eigentlichen Sinne zu. Aber um Ihre Frage zu beantworten: Ich habe mich erkundigt, was ihn bedrückte. Genau genommen handelte es sich um ein Gemeinschaftsprojekt. Mikey gehörte zu den ersten Patienten, bei denen wir meine experimentellen Techniken angewendet haben. Dr. Young und ich arbeiten normalerweise zusammen, und Pete unterstützt uns meistens dabei.«
»Ich verstehe.« Also war Happy Pete auch mit von der Partie gewesen. Ich notierte es mir rasch in meinen Block und wandte mich wieder an Collins. »Schildern Sie mir, wie es bei einem Patienten wirkt. Bitte in einfachen Worten, damit ich es auch als Laie verstehe.«
»Natürlich. Wenn Mikey entspannt und in Trance war, befragten wir ihn nach seinen Ängsten. Wir erwähnten Sharon und sagten, sie sei nun glücklich, weshalb er sich für sie freuen und ebenso sein Leben weiterführen sollte wie sie. Es schien zu klappen. Ziemlich bald änderte er sein Verhalten und fing an, sich mit anderen Frauen zu treffen.«
»Aha. Mit wem hat er sich denn getroffen? Können Sie mir Namen nennen?«
»Nicht wirklich. Ich weiß, dass er sich mit einigen Asiatinnen verabredet hat, die in einem Theater drüben in Branson auftraten. Er hatte eine Schwäche für Orientalinnen, sie gefielen ihm. Allerdings kann ich Ihnen nicht mehr über sie erzählen. Vielleicht können einige seiner Freunde hier Ihnen ja weiterhelfen.«
»Wie viele Patienten sind einverstanden, mit mir zu reden?«
»Mehr oder weniger alle. Dr. Young und ich haben sie ermutigt, Sie nach Kräften zu unterstützen. Alle hatten Mikey gern. Er war bei seinen Altersgenossen sehr beliebt.«
»Hatte er noch andere Freunde, die für meinen Fall von Bedeutung sein könnten?«
»Ja, in Branson gibt es eine Frau, die sich Khur-Vay nennt. Bei ihr hat er auch die Armbänder gekauft, die er so gerne trug. Er sagte, er habe sie gern, und sie sei eine gute Freundin, daran erinnere ich mich.«
Das deckte sich mit Khur-Vays Version der Dinge. Ich schien in diesem Fall immer wieder über sie zu stolpern. Dennoch stellte ich mich dumm. »Khur-Vay? Das ist aber ein ungewöhnlicher Name. Was können Sie mir über sie erzählen?«
»Sie war eine Weile hier, weil sie das Sorgerecht für ihr Kind verloren hatte und es
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