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Das Böse in dir

Titel: Das Böse in dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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Unsere knospende Beziehung hatte schon auf dem falschen Fuß angefangen. Offen gestanden wies sie sogar bereits starke Bruchstellen auf und versank inzwischen so schnell wie die Titanic. Doch ich gab mich großzügig. »Keine Ursache.«
    »Ich merke Ihnen an, dass ich Sie beleidigt habe. Offenbar haben Sie sich über mich geärgert«, sagte er.
    »So schnell ärgert man mich nicht. Fangen wir jetzt endlich an?«
    Von einem Moment zum anderen verwandelte sich Collins in den formvollendeten Gentleman. »Bitte setzen Sie sich. Darf ich Ihnen etwas zu trinken bringen? Ich habe Kaffee da. Oder Wasser, Tee, Cola?«
    Diese Docs in Oak Haven betrieben in ihren Büros offenbar kleine Starbucks-Filialen. »Ich hätte gern eine Flasche Wasser. Wasser ist ja so gesund.«
    »Ganz Ihrer Ansicht. Ich glaube, ich nehme auch eines.«
    Er holte die mit Kondenswasser beschlagenen Flaschen aus einem Kühlschrank, der dem von Marty Young glich wie ein Ei dem anderen, und reichte mir eine. Da ich ihm ebenso wenig über den Weg traute wie Young, untersuchte ich die Flasche verstohlen auf Anzeichen von Manipulation. Allerdings hatte ich großen Durst, öffnete sie deshalb und trank einen Schluck. Meine ausgedörrte Kehle bedankte sich bei mir. Vielleicht hatten wir ja inzwischen genug voneinander und brauchten einen Vorwand, um nicht mehr reden zu müssen. Möglicherweise lag es aber auch einfach nur daran, dass wir draußen vierzig Grad und deshalb eben Durst hatten. Jedenfalls verzichteten wir zumindest darauf, uns mit unseren Plastikflaschen zuzuprosten und einen Trinkspruch auszubringen.
    »Okay, Doctor, wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich das freundliche Geplauder und die köstlichen Erfrischungen jetzt gerne lassen und auf den Punkt kommen.«
    Collins grinste mir zu. Selbst ganz Gentleman, wartete ich ab, bis er seinen Schreibtisch umrundet und sich gesetzt hatte. Nachdem er wohlbehalten saß, ließ ich mich auf seinem weichen Ledersofa nieder, stellte die Wasserflasche auf den Tisch und förderte Notizblock und Stift zutage. »Sie haben Michael Murphy behandelt, richtig?«
    »Ja, Ma’am.«
    Ich blickte auf, um festzustellen, ob er mich auf den Arm nehmen wollte. Schwer zu sagen. Allerdings hatte ich den starken Verdacht. Die Quecksilbersäule meines Ich-hasse-dich-wie-die-Pest- Barometers schnellte in beängstigender Geschwindigkeit nach oben, obwohl ich zugeben muss, dass ich manchmal zu Überreaktionen neige.
    »Wann haben Sie mit Mr Murphys Therapie begonnen?«
    »Vor schätzungsweise zwei Jahren. Ja, es war fast genau vor zwei Jahren.«
    »Damals war Michael etwa neunzehn, korrekt?«
    »Ja. Nick, Ihre bessere Hälfte, hat ihn selbst überwiesen. Wir haben uns gefreut, dass ein Arzt seines Formats so viel Vertrauen in Oak Haven hatte.« Er hielt inne. »Sind Sie sicher, dass ich Sie nicht verärgert habe? Das wäre mir wirklich unangenehm. Das sollte nur ein Scherz sein.«
    Ich ignorierte den Seitenhieb mit der besseren Hälfte. Genau genommen hatte Black Michael auf die Bitte seiner Eltern hin nach Oak Haven überwiesen. Und die hätten es wegen der verwandtschaftlichen Beziehung zu Martin Young so oder so getan, was ich jedoch lieber nicht erwähnte. »Glauben Sie mir, ich bin dickfellig wie ein Walross«, entgegnete ich stattdessen. »Können Sie mir etwas über die ersten Therapiesitzungen erzählen?«
    »Hier bei uns sind wir an die ärztliche Schweigepflicht gebunden. Sicher haben Sie Verständnis dafür.«
    »Ach, ja? Nun, drüben bei uns haben wir für solche Fälle so etwas wie richterliche Anordnungen. Dafür haben Sie sicher auch Verständnis. Ich kann Ihnen gerne eine zeigen, wenn Sie möchten.«
    Er kicherte, anscheinend leicht amüsiert. Ich sah ihn unverwandt an. Offenbar legte er sich mächtig ins Zeug, um mir entweder auf die Nerven zu fallen oder mich mit seinem Charme um den Finger zu wickeln. Ich hatte nur Schwierigkeiten zu ergründen, welches von beidem zutraf. Warum er sich diese Mühe überhaupt machte, war eine weitere spannende Frage.
    »Also gut, Detective Morgan. Sie brauchen sich keine richterliche Anordnung zu besorgen, da der Patient ja verstorben ist. Was möchten Sie denn wissen?«
    Erleichtert darüber, dass er weniger störrisch als witzig war, stellte ich meine erste Frage. »Was war denn sein größtes Problem, als er hierher zur Behandlung kam?«
    »Er litt an einer klinischen Depression. Vermutlich war der Grund, dass seine Freundin ihn wegen eines guten Freundes verlassen hatte.

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