Das Böse in dir
hatte durch einen gut getarnten Einwegspiegel beobachtet, wie sie das Büro durchsuchte. Offenbar interessierte sie sich für seine revolutionären Techniken, denn sie hatte viele Fragen dazu, wie sie funktionierten. Und so hatte er sie drangekriegt. Es war ja so leicht gewesen, viel leichter als er bei einer so willensstarken Frau erwartet hätte. Er hatte ihr etwas zu trinken angeboten, eine harmlose Geste, und sie hatte die Wasserflasche angenommen wie auf ein Stichwort.
Allerdings hatte sie nicht geahnt, dass er das Wasser mithilfe einer Injektionsspritze mit Natriumpentothal versetzt hatte, das er sonst bei seinen jungen Patienten verwendete, mit denen er experimentierte. Und jetzt war die nette kleine Polizistin eine Todeskandidatin, ohne zu wissen, dass er ihr einige falsche Erinnerungen und Ängste tief in ihren wirren Verstand gepflanzt hatte. Am wirkungsvollsten war die Suggestion gewesen, sie solle sich gründlicher mit dem Tod ihres kleinen Sohns befassen, was sie auch prompt tat. Dann hatte er dafür gesorgt, dass noch eine Jugendliche Selbstmord am Bagnell Dam beging, eine gewaltige Ablenkung für sie und außerdem ein weiterer Fall auf ihrem Schreibtisch. Es war eine Sensation gewesen. Er hatte auf KY3 zugesehen, wie Cleo sich in die Luft gejagt hatte. Mann, echt eine Wucht.
Doch am besten war, dass er Miss Detective eine ausgesprochen gute Methode suggeriert hatte, um sie für immer aus dem Weg zu räumen. Falls sie ihm zu sehr auf die Pelle rückte und seine Pläne störte, musste er nur das Zauberwort aussprechen, damit sie starb und ihn nie wieder belästigte. Wenn ihn seine Menschenkenntnis nicht täuschte, würde sie nicht lockerlassen, bis sie ihn hatte. Also würde er ihr zuvorkommen müssen.
Einundzwanzig
Die großen Ditigalziffern der Uhr auf dem Nachttisch zeigten in großen grünen Buchstaben 3:30 an. Schlaftrunken blinzelnd drehte ich die Uhr zu mir hin und starrte benommen darauf, nur um sicherzugehen, dass ich auch richtig gelesen hatte. Was sollte dieser ständige Mist mit halb vier? Allmählich hatte ich den Eindruck, dass jede Uhr, auf die mein Blick fiel, halb vier anzeigte. Black schlief neben mir, nur dass wir nun in seinem riesigen Bett in seinem riesigen Penthouse in der riesigen Cedar Bend Lounge lagen. Ich wünschte, ich hätte auch geschlafen, denn es dauerte keine zwei Sekunden, bis Zachs Gesicht wieder durch die dunkelsten Korridore meiner Erinnerungen bis mitten hinein in mein Gehirn raste. Gut, dann würde ich eben aufstehen, mich mit dem Fall beschäftigen, die Fakten ordnen und Zach vergessen. Ebenso wie die Frage, warum er nach so vielen Jahren, die er, still und verdrängt, unter einem zarten Leichentuch in meiner Seele gelegen hatte, nun ständig in meinen Gedanken herumspukte.
O Mann, Black war offenbar im Koma, und das mit gutem Grund, denn wir hatten uns zuvor am Abend wild und hemmungslos geliebt. Einige meiner Körperteile prickelten immer noch. Ja, wir standen wirklich unbeschreiblich aufeinander. Man hätte meinen können, dass der erotische Funke zwischen uns nach einiger Zeit nachlassen würde, doch er wurde nur stärker und loderte hoch empor wie ein Lagerfeuer. Eindeutig eine gute Sache.
Black rührte sich nicht einmal, als ich mich auf die Bettkante setzte. Aber ich wusste, dass er morgen einen langen Tag vor sich hatte. Patiententermine, einige wichtige geschäftliche Besprechungen und eine oder zwei transatlantische Telefonkonferenzen, der Hauptgrund, warum wir bei ihm und nicht bei mir übernachteten. Also schlüpfte ich vorsichtig unter der schwarzen Satindecke hervor, um ihn nicht zu stören. Jules lag nicht bei uns im Bett, was seltsam war, aber Jules war eben auch ein seltsamer Hund. Es machte ihm Spaß, Blacks palastähnliches Zuhause zu erforschen, denn es hat mehr Ecken und Nischen als mein gemütliches Häuschen am See. Außerdem waren die Möbel weicher und mit teuren Stoffen ausgestattet, die Namen wie Chenille oder Damast trugen. Wie Sie sich sicher erinnern, ist Jules Franzose.
Die beiden Autopsieberichte – der des weiblichen Opfers im Ofen und der von Mikey Murphy – waren vor unserer Rückkehr von der Beerdigung per Fax eingetroffen. Ich hatte sie durchgeblättert, allerdings nichts entdeckt, was mir ins Auge gestochen und Licht auf diese bizarren Verbrechen geworfen hätte. Ich steckte den Arm in meinen Morgenmantel, griff nach der Glock 9 mm und ging nach unten. Tut mir leid, doch selbst in Blacks gut abgesichertem und mit
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