Das Böse in dir
schlimm, was eurer Familie passiert ist.«
Ich wandte mich an Mitzi. »Erinnerst du dich, wer in Oak Haven sein Arzt war?«
»Ja, er heißt Dr. Young. Er ist unser Cousin. Aber Mikey ist dort von verschiedenen Ärzten behandelt worden.«
»Hat Mikey je über Dr. Young geredet? Gesagt, ob er ein guter Arzt ist oder nicht? Oder etwas Ähnliches?«
»Die beiden waren ziemlich gut befreundet. Mikey sagte, er hätte immer Zeit für ein Gespräch gehabt, wenn er wegen Mom und Dad etwas auf dem Herzen hatte. Li mochte die Ärzte ebenfalls. Sie hat mir erzählt, sie hätte von ihnen viel über ihre Gefühle gelernt.«
»Weißt du, warum Li dort war?«
»Mikey sagte, sie hätte mit Selbstmord gedroht, falls sie wieder zurück nach China müsste, wenn die Akrobatikshow ihrer Eltern drüben in Branson zu Ende ist. Sie wollte hier bei Mikey bleiben und amerikanische Staatsbürgerin werden. Er hat versprochen, ihr zu helfen und ihr einen Anwalt zu besorgen und so.«
»Wussten eure Eltern, dass er ihr helfen wollte?«
»O nein, daran hätten sie bestimmt auch wieder was auszusetzen gehabt. Sie mochten Li nicht und waren dagegen, dass Mikey mit ihr zusammen war. Sie wollten, dass er eine Frau heiratet, die besser in unsere Kreise passt.«
»Li passt zu uns«, ergänzte Robert. »Sie ist echt nett.«
Ich hatte den Eindruck, dass Robert und Mitzi sich trotz ihrer durchgedrehten Eltern ziemlich normal entwickelt hatten. Als wir fertig waren, hasteten sie wieder nach unten, damit ihre Mutter nicht Lunte roch. Ich hoffte, dass sie diese Tragödie überstehen würden, denn sie litten beide sehr darunter, und das würde sich nicht so einfach wieder legen. Das wusste ich aus eigener Erfahrung.
Etwa zwei Minuten nach ihrer Flucht erschien Black in der Tür und sah sich im Ballsaal um.
»Nicht gerade schäbig hier, was?«, meinte er.
Ich ging ihm entgegen. »Hast du genug von der Rothaarigen und ihrem Onkel?«
»Das hat nicht lange gedauert. Ich wollte mich nur vergewissern, dass du nicht ohne mich verschwunden bist.«
»Warum sollte ich so was tun?«
»Das hast du bereits, wenn ich mich recht entsinne.«
»Nur in Notfällen.«
»Ich würde mich gern aus dem Staub machen. Was ist mit dir?«
»Nichts lieber als das. Hast du unten etwas Interessantes aufgeschnappt?«
»Nein. Mikey wurde kaum erwähnt. Alle haben nur darüber geredet, was für gute Menschen seine Eltern sind und dass sie so etwas nicht verdient haben. Mikeys Name ist in keinem der Gespräche gefallen, die ich mitgehört habe.«
»Das ist offenbar die allgemeine Auffassung. Ich frage mich, wo Mikeys Freunde sind.«
»Vermutlich hinter Schloss und Riegel in Oak Haven.«
Erst in diesem Moment wurde mir richtig klar, dass keiner von Mikeys Freunden bei der Beerdigung gewesen war. Auch nicht Doctor Young und Doctor Collins, Happy Pete oder einer der Patienten. Das war ein wenig seltsam, so wie alles an diesem Fall. Rasch verließen wir die Villa, gingen zu meinem Explorer und verdrückten uns. Endlich konnte ich mich auf das Wiedersehen mit den Eltern des Mädchens freuen. Vielleicht würde ja auch Bud das Vergnügen haben. Denn diesmal hatten wir gute Nachrichten. Wir konnten ihnen mitteilen, dass ihre Tochter nicht zu Tode geröstet worden war. Leider jedoch würden wir hinzufügen müssen, dass wir noch immer keine Ahnung hatten, wo sie steckte.
Mein Name ist Trouble
Tee fing an, sich noch eingehender mit seinen Büchern und den Internetrecherchen zu befassen. Er gierte förmlich nach neuen Methoden der Gedankenmanipulation und Gehirnwäsche und war wie besessen von diesem Thema und zufrieden mit seinem Erfolg. Für einen Anfänger schlug er sich ziemlich wacker. Wirklich. Er konnte seine Lakaien dazu bringen, nahezu alles zu tun, was er wollte, und zwar zu jedem beliebigen Zeitpunkt, ohne dass ihm jemand auf die Schliche gekommen wäre. Nicht einmal die studierten Psychiater, die diesen Laden leiteten, konnten sich erklären, warum sich der Zustand aller Patienten stetig verschlechterte. Inzwischen mussten fast alle seine Freunde Psychopharmaka nehmen. Das hieß, dass Tee der derzeit einzige Therapieerfolg war, weshalb sich die Ärzte angesichts seiner Fortschritte förmlich vor Begeisterung überschlugen. Dass sie keine Einsteins waren, stand eindeutig fest.
Und eines Nachts gegen drei knackte Tee endlich den Jackpot, denn er begegnete in einem der Psycho-Chatrooms, die er frequentierte, einem Chinesen, einem Mann, der Experte auf dem Gebiet der
Weitere Kostenlose Bücher