Das Böse in dir
weitere, alle auf dem neuesten Stand der Technik und voll funktionsfähig.
Kamera eins hatte die Kasse am Ende des Mahagonitresens im Bild, Nummer zwei zeigte das Treppenhaus von oben. Alle anderen überwachten das Gebäude von außen, zwei die Eingangstür und den Parkplatz, zwei weitere die Hintertür und die Gasse hinter dem Haus. Da Bud und ich keine einzige davon bemerkt hatten, waren sie offenbar sehr geschickt angebracht. Meiner Ansicht nach verfehlten sie auf diese Weise ihren Zweck, wie zum Beispiel den, Kriminelle abzuschrecken, die Mikey draußen auflauerten, bis er mit den Tageseinnahmen erschien. Offenbar hatte Mikey seine Gründe dafür gehabt.
»Hallelujah, Gott ist groß«, sagte Bud. »Jetzt kriegen wir diesen Typen dran.«
»Der einzige Nachteil ist, dass wir mit ansehen müssen, wie das Mädchen in den Ofen gesteckt wird«, wandte ich ein. Wir blickten einander an. Offenbar behagte diese Vorstellung keinem von uns. Wenn ich ehrlich war, freute ich mich darauf wie auf eine Kugel im Kopf.
Mein Name ist Trouble
Natürlich kauften ihm alle die Mitleidstour ab. Er war wirklich ein genialer Schauspieler. Sie waren ja so froh, dass er es geschafft hatte, die Ermordung der armen kleinen Destiny durch ihre eigene Mutter zu verhindern. Die Menschen waren wirklich schrecklich leichtgläubig, insbesondere seine eigenen Verwandten. Andererseits hatte er auch alle Register gezogen. Jede Menge vorgetäuschte Kotzanfälle im Bad. Hysterische Weinkrämpfe und sogar ein paar Klagelaute, geschickt platziert, nachdem er Zeuge einer arabischen Beerdigung geworden war, bei der schwarz gekleidete Frauen schrille Geräusche ausstießen, die einem nach etwa zwei Minuten wirklich auf den Wecker fielen.
Außerdem schloss er sich immer wieder eine Weile in sein Zimmer ein und weigerte sich, seinen Dad hereinzulassen, wenn der nach ihm schauen wollte. Er ging auch nicht zur Beerdigung, denn schließlich wollte er nicht wissen, wie zerbeult und zerschlagen seine Mom nach dem Sturz über die Felsen aussah. In den folgenden Wochen tat er hin und wieder so, als sei er nachts aufgewacht, und rief dann im Flur nach seiner Mutter, und zwar so laut, dass sein Vater es hörte und glaubte, er litte vor Trauer an Albträumen. So verstörend das auf seine kleineren Geschwister wirken mochte, überzeugte es seinen Dad davon, dass er wirklich litt und dass er gerade dabei war ein wenig durchzudrehen. Immerhin hatte er mit ansehen müssen, wie seine eigene Mutter Selbstmord begangen und versucht hatte, ihr eigenes Baby umzubringen. Je länger er später darüber nachdachte, desto mehr wuchs seine Gewissheit, dass seine Mom es auch ohne seine Hilfe früher oder später ohnehin getan hätte. Schließlich hatte sie wirklich diese komische Wochenbettdepression gehabt und war seit Lylas Tod tief in ihrem Innersten unglücklich, weil sie ohne sie weiterleben musste. Für Mom war es das Beste so, und für ihn ebenfalls. Eigentlich für die ganze Familie.
Momentan hatte er, als zusätzlicher Kick sozusagen, sogar dafür gesorgt, dass er ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Er hatte schlau einen Selbstmordversuch vorgetäuscht und sich die Pulsadern aufgeschlitzt, um alle in dem Glauben zu bestärken, dass er nur ein Opfer und derjenige war, der den Tod von Mom und Lyla hatte mit ansehen müssen. Und in gewisser Hinsicht stimmte das ja auch. Allerdings hatte er es geschickt angefangen und im Internet recherchiert, wie er die Schnitte anbringen musste. Und er hatte darauf geachtet, dass es nur oberflächliche Kratzer waren, die sämtliche Venen und Arterien verfehlten. Es hatte nicht sehr wehgetan. Dafür war der Erfolg bei seinem Dad nicht mit Gold aufzuwiegen. Das Internet war eine geniale Erfindung.
Im Moment lag er in einem Einzelzimmer der psychiatrischen Abteilung des städtischen Krankenhauses, lehnte sich lächelnd zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Sein letzter Trick war wirklich ein schwerer Schlag für seinen Dad gewesen. Er war beinahe ausgeflippt. Jetzt starb er fast vor Sorge und war absolut ratlos. Außerdem war er selbst depressiv und hatte große Angst, sein Sohn könnte sich etwas antun, während alle noch um seine Mom trauerten.
Hinzu kam, dass es seinen Dad mächtig stresste, sich darüber hinaus noch um ein Neugeborenes kümmern zu müssen. Schließlich hatte er wenigstens davon die Finger gelassen und Destiny zu einer seiner Schwägerinnen gebracht, bis sich die Lage zu Hause wieder beruhigte. Die
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