Das Böse in dir
gekauft. Sie kommt immer freitags, wenn sie ihr Gehalt kriegt. Am liebsten mag sie historische Romane, die in England spielen. Mit Rittern und adeligen Damen, Sie kennen das ja.«
»Okay. Wahrscheinlich können Sie mir nicht sagen, wo sie wohnt, oder?«
»Leider nein. Sie bezahlt immer bar, und wir sprechen nie über persönliche Dinge. Nur über die verschiedenen Romanautorinnen und welche ihr am besten gefällt. Solche Themen eben.«
»Gut, Sarah, ich bedanke mich für Ihre Hilfe. Ich muss Sie darum bitten, dass dieses Gespräch unter uns bleibt. Wir untersuchen gerade den Tatort, und die Spurensicherung ist vermutlich bis spät in die Nacht beschäftigt. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, rufen Sie mich an, einverstanden?«
»Klar. Ach, herrje, das ist ja richtig gruselig. Dieser Mikey war zwar ein bisschen komisch, aber eigentlich recht nett. Hoffentlich ist nichts Schlimmes passiert.«
Wenn sie nur geahnt hätte, doch ich würde ihr die grausigen Details nicht verraten. Am liebsten hätte ich sie sogar selbst vergessen. Im nächsten Moment läutete mein Telefon. Also bedankte ich mich bei ihr, winkte ihr zum Abschied zu und ging.
»Bist du bald fertig?«, fragte Black.
Als ich nur auflachte, verstand er sofort. »Wie lange noch?«
»Vielleicht die ganze Nacht.«
»Soll das ein Scherz sein?«
»Schön wär’s.«
»Außerdem machst du so ein finsteres Gesicht.«
Ich blieb stehen und ließ den Blick über den Parkplatz schweifen. Es dauerte nicht lange, bis ich seinen riesigen schwarzsilbernen Humvee entdeckt hatte, der unter einer Straßenlaterne stand. Er betätigte mackerhaft die Lichthupe. Nachdem ich kurz zur Pizzeria und dem Transporter der Spurensicherung hinübergeschaut hatte, die ein Stück den Gehweg hinunter parkten, machte ich erleichtert auf dem Absatz kehrt, nahm einen kleinen Umweg zu seinem gewaltigen Panzer, stieg ein und schloss die Tür. Sofort stieg mir ein wundervoller Duft in die Nase. Black war frisch geduscht, trug eine Khakihose und ein schwarzes Leinenhemd und roch fantastisch.
»Ich habe dir etwas zu essen mitgebracht. Ich habe schon gegessen, aber ich dachte, du könntest vielleicht Hunger haben.«
»Ich werde nie wieder etwas essen. Soll ich dir sagen, was wir in dieser Pizzeria vorgefunden haben?«
»Ich habe Buck und seine Leute gesehen. Glaubt ihr, dass Mikey ermordet worden ist? War da ein Abschiedsbrief?«
»Kein Brief. Doch er hat uns seine Freundin im eingeschalteten Backofen hinterlassen.«
Black verzog das Gesicht. Er sah sogar dann gut aus, auch wenn er es nur selten tat. Bis jetzt kamen wir großartig miteinander klar. »Hoffentlich meinst du das nicht wörtlich?« Er lächelte ein wenig verunsichert. Er kannte mich inzwischen gut genug, um zu wissen, dass in meinem näheren Umfeld ständig schreckliche Dinge geschahen. Sogar abstoßende, bei denen es einem den Magen umdrehte.
»Leider stimmt es. Bud und ich haben sie gefunden. Es war kein Spaß, das kannst du mir glauben.« Wieder hatte ich die verkohlte, qualmende Leiche vor Augen und beschloss, auf den leckeren Imbiss zu verzichten, den sein Koch auf seine Anweisung hin für mich zubereitet hatte.
»Das darf doch nicht wahr sein!«, rief Black.
»Ist es aber.«
»Willst du allen Ernstes behaupten, dass Mikey Murphy seine Freundin da drüben im Restaurant in den Ofen gesteckt und ihn eingeschaltet hat?«
»Genau so ist es unserer Ansicht nach passiert. Vermutlich kurz bevor er vor der Brücke gestolpert ist und sich erhängt hat, was übrigens auch ein gutes Motiv gewesen wäre, Selbstmord zu begehen, sobald er ein Seil gefunden hatte, das dick genug war. Ich hätte auch Probleme mit dem Weiterleben, wenn ich jemandem so etwas Grausiges angetan hätte.«
»Heilige Maria, Mutter Gottes«, sagte Black, der brave katholische Junge aus den Bayous. Er starrte mich entgeistert an, als traue er seinen Ohren nicht. »Ich habe Mikey einige Zeit behandelt. Deshalb kann ich mir einfach nicht vorstellen, dass er auch nur im Entferntesten zu so etwas fähig wäre«, protestierte er. »Er war schüchtern und zurückhaltend und hatte, soweit ich es beurteilen konnte, keine gewalttätigen Neigungen. Gut, er hatte jede Menge Probleme, hauptsächlich mit Drogen. Grund dafür waren vermutlich Unsicherheit, geringes Selbstbewusstsein und vielleicht sogar ein bisschen Paranoia. Aber dass er so etwas Krankes getan haben soll, halte ich für unwahrscheinlich.«
»Ich würde das bei den meisten Leuten auch für
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