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Das Böse in dir

Titel: Das Böse in dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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reichte ihr bis zur Taille und bedeckte ihre bloßen Brüste. Sie machte ein paar Schritte auf den Küchenblock zu, blieb stehen und starrte geradeaus. Offenbar sah sie nichts Bestimmtes an, sondern blickte einfach ins Leere. Dann setzte sie sich wieder in Bewegung wie eine Schlafwandlerin und verharrte neben dem Spülbecken. Ihr Gesicht konnten wir bis jetzt noch nicht klar erkennen – außerdem wäre eine Standaufnahme aus einem Video ohnehin nicht zur Identifizierung zugelassen worden –, doch sie schien asiatischer Herkunft zu sein. Wir schauten zu, während sie einen Hängeschrank über der Spüle öffnete und ein klares Glas herausnahm. Ihre Bewegungen waren langsam und wirkten gezielt.
    »Eindeutig unter Drogeneinfluss.« Das war Black. Er hatte recht.
    Das Mädchen füllte das Glas mit Leitungswasser. Als sie die linke Handfläche öffnete, kam etwas Weißes in Sicht – Tabletten vielleicht. Sie steckte alle auf einmal in den Mund, trank von dem Wasser und schluckte sie, begleitet von einer ruckartigen Kopfbewegung nach hinten. Danach stellte sie das Glas ganz vorsichtig in die obere Etage der Spülmaschine und klappte sie zu. Anschließend stand sie einige Minuten da und starrte wieder geradeaus auf die Backsteinwand. Die flachen Hände hatte sie auf die Arbeitsfläche gestützt.
    »Wir müssen Buck bitten, das Trinkglas auf Fingerabdrücke zu testen. Und warum tut sie das? Seht ihr, wie sie die Hände auf die Fläche presst?«
    Bud zuckte mit den Schultern. »Glaubt ihr, sie wartet auf jemanden?«, fragte er.
    »Nackt?«
    Wieder ein Achselzucken von Bud. Black beugte sich wortlos vor und beobachtete aufmerksam den Bildschirm.
    Nachdem die junge Frau gute fünf Minuten vor sich hingeträumt hatte, erwachte sie wieder zum Leben. Plötzlich machte sie ein paar Schritte nach rechts und nahm ein Mobiltelefon von der schwarzen Granitplatte, so als hätte sie es läuten gehört. Sie hielt es ans Ohr und lauschte einen Moment, sagte aber nichts. Kurz darauf drehte sie sich zu dem großen, in die Wand eingelassenen Ofen um. Ich schluckte, denn ich wusste genau, was jetzt geschehen würde. Sie machte die Tür auf und entfernte den großen Bratrost, den sie dort auf die Arbeits­fläche legte, wo ich ihn vorgefunden hatte. Dann kletterte sie, das Telefon noch immer am Ohr, gelenkig ins Backrohr und war nicht mehr zu sehen.
    »Oh, mein Gott, sie tut es selbst?«, sagte Bud.
    Black und ich antworteten nicht, sondern sahen nur mit entsetzt aufgerissenen Augen zu. Denn genau das tat unser Opfer. Sie rollte sich zu der eigentlich menschenunmöglichen Körperhaltung zusammen, in der wir sie entdeckt hatten, und zog die Klappe zu.
    »Wenn der Ofen heiß gewesen wäre, hätte sie das nicht gekonnt, ganz gleich, wie stark sie unter Drogen stand«, stellte Black fest. »Also ist der Ofen noch nicht an. Schaut, das Licht brennt nicht. Er ist kalt, und sie hat ihn vor dem Hineinkettern auch nicht eingeschaltet.«
    Bud schüttelte den Kopf. »Warum, um Himmels willen, sollte sie überhaupt da reinklettern?«
    »Vielleicht ist sie es ja, die Selbstmord begangen hat«, schlug ich vor. »Sie könnte sich umgebracht haben, Mikey kam nach Hause, fand sie, ist durchgedreht und hat sich vor Verzweiflung an der Brücke erhängt.«
    Niemand erwiderte etwas. Also warteten wir darauf, ob sie wieder herauskommen oder den Ofen einschalten würde. Aber nichts geschah. Niemand erschien, und das Mädchen lag einfach im kalten Ofen, soweit wir es erkennen konnten reglos und möglicherweise sogar schlafend.
    »Spul vor«, meinte ich. Eigentlich hatte ich nur wenig Lust, mir das grausige Verbrechen bis zum Ende anzusehen, doch wir hatten keine andere Wahl. Also biss ich die Zähne zusammen.
    Der Film lief weiter, doch niemand betrat die Küche, bis mir schließlich erschrocken klar wurde, was da passierte. »Moment, halt den Film an, Bud.«
    Bud drückte auf den Knopf. »Jetzt verstehe ich«, sagte Black. »Schaut, jetzt leuchtet das Lämpchen am Ofen. Es ist eine Zeitschaltuhr. Jemand hat sie so eingestellt, dass sie ansprang, nachdem das Opfer im Ofen war.«
    »Natürlich«, stimmte ich zu. »Bei unserer Ankunft fing er gerade an zu piepsen. Spul zurück und schau, wann sie eingeschaltet wurde.«
    Wir entdeckten die Einstellung, in der das Lämpchen plötzlich aufblinkte. 13:30, verkündete die Digitalanzeige.
    Mein Magen machte einen gewaltigen Satz nach vorne. Mir wurde übel. »Mein Gott, wie konnte sie da drin bleiben, als es heiß

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