Das Böse in dir
Pizzaalbträumen à la Rachael Rays Kochstudio zurückbleiben würde. Erschwerend kam hinzu, dass für mich und Bud morgen eine Fahrt nach Jefferson City anstand, um Michael Murphys Familie mitzuteilen, dass sich ihr Sohn nicht mehr unter den Lebenden befand.
Sechs
Am frühen nächsten Morgen verbrachte ich noch eine Weile im Bett, um mich leidenschaftlich und erotisch von Black zu verabschieden, vermutlich das Highlight meines heutigen Tages. Nachdem wir uns unter der Dusche gegenseitig mit Irish Spring eingeschäumt und anderen Vergnügungen gefrönt hatten, machte sich Black gegen acht Uhr auf den Weg, um nach seinen Patienten in Cedar Bend zu sehen, bevor er in seinem privaten Learjet nach New York flog. Ich setzte mich ganz prosaisch in meinen schwarzen Explorer und holte Bud zu unserem unerfreulichen Ausflug nach Jefferson City ab.
Und los ging es, um der Familie Murphy unsere Aufwartung zu machen, was nicht unbedingt Gefühle aus der Kategorie himmelhoch jauchzende Vorfreude in uns auslöste. Da weder wir noch Charlie unseren Besuch telefonisch angekündigt hatten, ahnten die Murphys noch nicht, dass ihre Welt in etwa einer Stunde von einer urknallartigen Explosion erschüttert werden würde. Charlie hatte mir die Nummer zwar gegeben, doch eine Hiobsbotschaft wie diese überbrachte man nicht telefonisch.
Allerdings wollte ich gerne feststellen, ob sie bereits von ihrer Europareise zurückgekehrt waren. Also wählte ich Joseph Murphys Privatnummer und erfuhr von einer Haushälterin von der Sorte »Ich-bin-etwas-Besseres-als-du-auch-wenn-ich-andere-Leute-bedienen-muss«, Mr und Mrs Murphy seien zwar inzwischen aus London eingetroffen, hielten sich derzeit jedoch nicht in der Villa auf und könnten keine Besucher empfangen. Ach, herrje, sogar eine Villa. Weiterhin teilte uns die ebenso unsichtbare wie unsympathische Haushaltshilfe nach einigen offiziellen Aufforderungen, alias Androhung einer Festnahme, mit, sie hätten auf dem Transatlantikflug geschlafen und Joseph Murphy am Flugplatz abgesetzt, von wo aus ihn eine Limousine zu einem tête-a-tête mit dem Gouverneur in den Regierungssitz gefahren habe. Frau und Töchter hätten mit der Privatmaschine noch einen kleinen Abstecher zum Plaza in Kansas City gemacht, um in letzter Minute noch einige Einkäufe für die in diesem Sommer anstehenden Bälle zu tätigen, würden jedoch bald zurückkehren. Die Oberen Zehntausend führten zugegebenermaßen ein hartes Leben voller Entbehrungen. Offenbar war das Angebot des Londoner Einzelhandels für den Geschmack der Murphys nicht teuer genug.
Ich bedankte mich bei der Haushälterin, der ich bereits in Anlehnung an den Film The Transformers spontan den Spitznamen Beeotch verpasst hatte, klappte das Telefon zu und wandte mich an Bud. »Fahr zum Kapitol. Da hält sich Daddy Joe gerade auf.«
»Vielleicht lernen wir ja den Oberboss kennen.«
»Womit du vermutlich Gouverneur Stanton meinst.«
»Ja, und möglicherweise erinnert er sich irgendwann an uns und verleiht uns irgendeinen Orden für besondere Verdienste, weil wir einen wichtigen Fall geknackt haben.«
»Klar, dass passiert todsicher. Wahrscheinlich hält er uns nicht einmal für würdig, seine Fußböden zu scheuern, wenn er so ist wie die meisten Politiker, denen ich bis jetzt begegnet bin. Oder die Haushälterin der Murphys.«
»Ich wette, dass Nick diesen Murphy kennt, oder? Wahrscheinlich sind sie die besten Kumpel. Mann, vielleicht treffen sie sich ja sogar und reden darüber, wer von ihnen mehr Kohle hat und so.«
Ich sah Bud an. »Ich dachte, du magst Black.«
»Tu ich auch. Außerdem bin ich ihm für seine Hilfe eine Menge schuldig. Doch du musst zugeben, dass er in ziemlich illustren Kreisen verkehrt.«
Ja, zugegeben, in illustren Kreisen fühlte er sich wie ein Fisch im Wasser, was allerdings nicht für seine Familie galt. Deren Kreise erinnerten eher an das Jagdrevier der Corleones, Sopranos und Capones, natürlich alles streng geheim, damit Black seine vielen Promipatienten und Gouverneursfreunde nicht verlor. Selbstverständlich bewegte er selbst sich nicht in diesem Umfeld, denn zu meinem Glück war er der Inbegriff von Ehrlichkeit. Nur, dass ich leider immer wieder über seine tollen Freunde stolperte, was mir die Arbeit erschwerte, ein Umstand, den ich als ausgesprochen ärgerlich empfand. Gut, das hatte auch schon zu gelegentlichen Spannungen zwischen Black und mir geführt. Doch Hormone und gesunder Menschenverstand hatten uns,
Weitere Kostenlose Bücher