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Das Böse in dir

Titel: Das Böse in dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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gern, wenn man ihn stört.«
    Nun richteten sich ihre blauen Augen auf mich, ganz von Frau zu Frau, und ich entnahm ihnen laut und deutlich eine Botschaft: »Joseph Murphy kann ein richtiges Arschloch sein, und er wird mich in Grund und Boden stampfen, wenn ich ihn ohne sehr triftigen Grund aus einer wichtigen Sitzung mit dem Gouverneur hole.« Wie Sie sehen, bin ich ausgesprochen gut darin, die weibliche Geheimsprache der Blicke zu entschlüsseln.
    »Wir übernehmen die volle Verantwortung, Ms Winters. Glauben Sie mir, er wird Ihnen keine Schwierigkeiten machen, wenn er hört, was wir ihm zu sagen haben. Wir müssen ihn wirklich so schnell wie möglich sprechen. Es ist eine persönliche Angelegenheit.«
    »Ich verstehe.« Ihr Gesichtsausdruck verriet mir, dass sie mir zwar in Ansätzen glaubte, sich aber meiner Motive nicht sicher war. Wieder sah sie Bud an. Er nickte bestätigend, worauf sich ihre Schultern lockerten. »Brauchen Sie einen privaten Konferenzraum, wo sie ungestört mit ihm reden können?«
    »Ja, Ma’am, das wäre eine sehr gute Idee.«
    Debbie Winters lächelte Bud an. Sie hatte, wie ich zugeben musste, wirklich ein sehr hübsches Lächeln. Dann stand sie auf und schritt über den üppigen violett-roten Perserteppich ins Allerheiligste. Vermutlich brannten drinnen weiße Kerzen auf einem Altar in der Form des Staates Missouri. Bud beobachtete jede ihrer Bewegungen, bis die Tür leise hinter ihr ins Schloss gefallen war. Ich überließ ihn seinem Sehnen und sprach ihn erst an, als die Tür klickte und seine Augen nicht mehr glasig waren. Offenbar gefiel sie ihm wirklich.
    »Gut, Bud. Das wird jetzt schwierig. Also überlass mir das Reden. Ich habe so einen Verdacht, dass der Typ ein echter Unsympath ist.«
    Er merkte auf. »Was bringt dich denn auf den Gedanken?«
    Verstehen Sie jetzt, was ich meine? Männern fehlt einfach die kleine Antenne, die Frauen beim Umgang mit ihren Geschlechtsgenossinnen haben. Die blauäugige Debbie hatte mir eine Warnung zukommen lassen, und zwar eine mit dem Wortlaut: JM mit Glacéhandschuhen anfassen, dann passiert niemandem etwas. Das hatte ich deutlich gehört, und normalerweise nehme ich Botschaften wie diese ernst, bleibe brav stehen und schaue in beide Richtungen wie an einem Bahnübergang.
    »Nur so eine Vermutung, Bud.«
    Debbie kehrte mit Zornesröte im Gesicht zurück. Offenbar hatte sie sich schon im Voraus eine Standpauke eingefangen. Sie tat mir leid. »Folgen Sie mir, Detectives«, sagte sie.
    Bud gehorchte mit feierlicher Miene, ich trottete hinter ihm her. Sie führte uns einen langen Flur hinunter, um die Ecke und dann über die Brücke zu Großmutters Häuschen. Vielleicht war Mikeys Dad Joseph ja der große böse Wolf. An einer hohen Tür aus Mahagoni blieb sie stehen und öffnete sie. Dahinter befand sich ein verhältnismäßig großer Raum mit einem langen, glänzenden Konferenztisch, ebenfalls aus Mahagoni. Der Tisch war mit einer Glasplatte versehen, und vor jedem der dreißig schwarzen Bürostühle aus Leder lagen ein kleiner Notizblock und Stifte. Die Wände waren in einem hellen Pfirsichton gestrichen, an der einen hingen zwei Plasmabildschirme mit einer Diagonale von fünfzig Zoll. Die andere Wand wurde von den Porträts früherer blasierter Politiker geziert. Obwohl die rotbraunen Vorhänge fest geschlossen waren, vermutete ich dank meiner geografischen Kenntnisse, dass der Raum Blick auf die Ostseite des Geländes hatte.
    »Offenbar ist das der Pausenraum, wo alle Verwaltungsassistentinnen sich Reich und schön anschauen«, meinte ich zu Bud, nachdem Debbie eilig zu ihren Pflichten an der Wachstation zurückgekehrt war.
    »Oder wo sie aushecken, wie sie uns zu Tode besteuern«, erwiderte Bud. »Ich hasse Steuern wie die Pest.« Bud hatte beim letzten Steuerbescheid nachzahlen müssen und es noch immer nicht verwunden.
    »Du hättest mit deiner Steuererklärung zu Coffman and Company in Springfield gehen sollen, wie ich es dir gesagt habe. Ich habe diesmal sogar Geld zurückgekriegt. Black hat mir die Kanzlei empfohlen. Natürlich war bei ihm auch alles in Butter.«
    »Nächstes Jahr mache ich das, ich schwöre. Ich werde die Unterlagen selbst hinbringen und sie auf Händen und Knien anflehen, mich als Klienten zu nehmen.«
    »Das müsste genügen.«
    Unsere spannende Steuerdebatte wurde dadurch unterbrochen, dass sich hinter uns die Tür zum Flur öffnete. Wir drehten uns beide um, um festzustellen, wer uns da Hallo sagen wollte. Der Mann,

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