Das Böse in dir
das Buch hat immer recht.«
»Danke für die Erleuchtung. Ich bin in zehn Minuten da.«
Wir beendeten das Telefonat, und ich kehrte zur Veranda zurück. McKay saß auf Harves riesigem Schaukelstuhl und wiegte Elizabeth in den Schlaf. »Du musst weg, richtig?«, fragte er. »Die Pflicht ruft.«
»Genau. Richte Harve aus, dass Bud und ich einen Einsatz haben. Glaubst du, er hat etwas dagegen, wenn ich Bud die Reste mitbringe?«
»Nein. Und vergiss den Kuchen nicht, den ich für dich gebacken habe.«
»Den hast du nicht selbst gebacken.«
»Oh, doch, das habe ich. Das Geheimnis besteht darin, ihn in einer braunen Papiertüte von Kroger zu garen. Auf diese Weise bräunt er gleichmäßig, und der Saft tropft nicht das ganze Backrohr voll. Meine Mom hatte lauter solche Tricks auf Lager.«
»Danke. Ich gebe dir Bescheid, wie er war.« Ich nahm Fisch und Kuchen und steuerte auf die Tür zu. Als McKay mir etwas nachrief, drehte ich mich noch einmal um.
»Hey, Claire, sag Bud Hallo von mir.« Er hörte auf zu schaukeln und warf mir einen ernsten Blick zu. »Und pass gut auf dich auf, Detective. Ich hab zu Hause nämlich noch einen Malerpinsel, auf dem dein Name steht.«
Sein freches Grinsen war eine Herausforderung. Doch ich verabschiedete mich nur und schob die Fliegengittertür auf. Während ich zu meinem Explorer ging, öffnete der Himmel seine Schleusen. Ja, Joe McKay war schwer in Ordnung. Er stand nur leider auf die falsche Frau.
Mein Name ist Trouble
Tee schreckte hoch. Anfangs wusste er nicht, wo er war oder was da gerade geschah. Im nächsten Moment jedoch erkannte er die Geräusche. Es waren Schreie, schrille, verängstigte Schreie. Noch immer verwirrt und schlaftrunken, sprang er aus dem Bett. Auch Buddy war aufgestanden. Die beiden starrten einander kurz an und stürmten dann auf den Flur hinaus. Das Tohuwabohu spielte sich links von ihnen ab, wo der Korridor eine Kurve zur Mädchentoilette beschrieb.
Die Nachtschwestern hasteten auf die Quelle der Schreie zu, und überall auf dem Flur öffneten die anderen Jugendlichen ihre Zimmertüren. Einige Patienten waren bereits draußen und standen in Pyjama oder Unterwäsche herum. Tee steuerte auf das Durcheinander zu, Buddy folgte ihm auf den Fersen. Zu seiner Überraschung versuchte niemand, ihn aufzuhalten oder auch nur auszubremsen.
Schauplatz der Aufregung war das Mädchenbad. Tee schob sich an einigen anderen vorbei und trat in den großen Raum. Hier gab es acht Waschbecken, über denen ein langer Spiegel hing, und zehn oder zwölf Toilettenkabinen. Außerdem waren da noch drei abschließbare Räume mit Wannen, in denen die Mädchen Schaumbäder nehmen konnten.
Tee drängte sich an einem jungen Pfleger im weißen Kittel vorbei, der an der Wand lehnte. Sein Mund stand offen, und er starrte entsetzt hin. Tee wurde klar, dass die Schreie gar nicht von einem Mädchen kamen, sondern von seinem neuen Freund Yang Wei.
Als Tee endlich in die Badekabine spähen konnte, schnappte er wegen des vielen Blutes erschrocken nach Luft. Mann, da war ja alles voller Blut. Das Badewasser war scharlachrot verfärbt. Es schwappte über den Rand der weißen Wanne und strömte die Seiten hinunter auf den schwarzweiß gefliesten Fußboden. Ein widerwärtiger Anblick.
Noch mehr überraschte ihn, dass es Lotus war, die da im roten Wasser in der Wanne lag. Yang Wei rastete förmlich aus, hielt ihr den Kopf über Wasser und versuchte, die klaffenden Wunden an ihren Handgelenken zusammenzudrücken, die so tief waren, dass ihre Hände schlaff herabhingen. Doch es war viel zu spät, um die Blutungen zu stoppen. Yang Weis kleine Schwester war mausetot. Ihr Gesicht war so weiß wie die Wand hinter ihr; ihre Augen standen offen und starrten Yang Wei an. Tee hätte nie gedacht, dass ein so zierliches Mädchen so stark bluten konnte. Ach du Scheiße!
Einer der Ärzte erschien, schob Tee beiseite und warf einen Blick auf den mit Blut bespritzten Raum. »Holen Sie einen Krankenwagen! Sofort!«, schrie er die Schwestern an. »Yang Wei, mach Platz und lass mich schauen, was ich tun kann«, sagte er dann.
Yang Wei gehorchte. Sein weißes Hemd war mit scharlachroten Flecken bedeckt, sein ungläubiger Blick aus glasigen Augen kaum zu ertragen. Als eine Schwester Tee am Arm nahm und aus dem Raum zog, gehorchte er widerspruchslos. Er hatte genug gesehen. »Du brauchst hier nicht dabei zu sein. Geh zurück in dein Zimmer. Der Arzt ist jetzt bei ihr. Er kümmert sich um alles«, meinte sie.
Wohl
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