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Das Böse in dir

Titel: Das Böse in dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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Zimmer.

Elf
    Die Missouri State University befindet sich mitten im Stadtzentrum von Springfield, Missouri. Es ist eine schöne Universität in einer schönen Stadt und wird von etwa zehntausend Studenten besucht. Buds Verbindungsmann bei der hiesigen Polizei, ein alter Freund namens Dak, teilte uns mit, das vermisste Mädchen habe im Hammons House gewohnt. Wie schon auf dem ganzen Hinweg regnete es in Strömen. Wir hielten auf der anderen Seite der Harrison Street, gegenüber des achtstöckigen Wohnheims, warteten einige Autos ab und hasteten dann durch Wolkenbruch und Nebel zur Tür.
    Bei unserem Sprint kamen wir an etwa zwanzig Studentinnen in ultraknappen Shorts und ärmellosen Tops vorbei. Bud, ein Lüstling, der keine Unterschiede macht, beäugte eine nach der anderen und gab vermutlich jeder zehn Punkte in seinem treuen schwarzen Notizbuch. Deshalb bekam er auch mehr Regenwasser ab als ich, da ich wie ein geölter Blitz in die Vorhalle rannte. Offen gestanden hätten die Mädchen hier vermutlich von jedem Gaffer zehn Punkte gekriegt. Wo stecken denn bloß ihre männlichen Mitstudenten? Hatten die keine Augen im Kopf?
    Kaum im Gebäude angekommen, erhielt ich die Antwort auf meine Frage. Auf dem Flachbildschirm lief ein Baseballspiel mit den Cardinals, eine Liveübertragung aus Atlanta. Wir hatten auf der Hinfahrt im Autoradio gehört, dass das Spiel wegen des Regens verspätet anfangen würde, während Bud Fisch, Maisbrotbällchen und Apfelkuchen verschlang. Inzwischen hatte sich das Wetter offenbar gebessert. Horden von Collegejungs – oder sollte ich junge Männer sagen? –, die hier Sommerkurse besuchten, saßen herum, tranken Cola und taten sich an scharf gewürzten Chickenwings und Peperonipizza gütlich. Wahrscheinlich würden sich ihre Freundinnen bis zur neunten Inning gedulden müssen. Ich wischte mir mit dem Ärmel das Regenwasser aus dem Gesicht; mit Schirmen habe ich noch nie viel am Hut gehabt. Dann steuerten wir auf den Empfang zu und zeigten unsere Dienstmarken vor, worauf die junge Frau hinter der Theke vor Angst fast in Ohnmacht fiel.
    »Hey, Sie stecken nicht in Schwierigkeiten, Miss«, versicherte ihr Bud. »Zumindest noch nicht.«
    Sehr beruhigend.
    »Wir sind wegen der vermissten Studentin hier«, ergänzte ich. »Die Polizei von Springfield hat uns gestattet, ihr Zimmer zu betreten und uns umzuschauen. Eigentlich wollten sie uns telefonisch ankündigen.«
    »O ja, das haben sie. Ein echt süßer Typ names Dak sagte, ich solle alles tun, was Sie wollen. Die arme Li. Keine Ahnung, was mit ihr passiert ist, aber ich wette, es ist nichts Gutes.«
    Wenn Li wirklich unser Mädchen war, war es eindeutig nicht gut. »Sie heißt also Li? Wie ist denn ihr Nachname?«
    »Li He. Aber ich glaube, in China sagt man es andersherum.«
    Li He, das klang wie ein leises Kichern. »Können Sie lang genug von hier weg, um uns nach oben zu begleiten?«
    »Klar, im Hinterzimmer sitzt eine Kollegin, die für mich einspringen kann. Oder ich gebe Ihnen einfach einen Schlüssel zu Lis Wohnung, damit sie einen Blick hineinwerfen können. Allerdings leben ihre Mitbewohnerinnen noch dort. Deshalb sollten Sie besser anklopfen.«
    »Okay, wir nehmen den Schlüssel und lassen Sie Ihre Arbeit machen. Danke für Ihre Hilfe.«
    Sie reichte Bud den Schlüssel, weil er ein scharfer Typ war. Vermutlich lag es den Mädchen im Blut, ihm spontan Schlüssel auszuhändigen. Doch in diesem Fall brach er wirklich alle Rekorde. Ich musste an Debbie Winters denken. Gerade waren wir auf dem Weg zu den Aufzügen, als im Fernsehen jemand einen Homerun schlug. »Warte einen Moment«, sagte Bud. »Ich will nur schauen, ob es die Braves oder die Cardinals waren. Bitte, lieber Gott, lass es die Braves gewesen sein.«
    »Ach, herrje, Bud. Sieh dir nachher die Wiederholung auf SportsCenter an. Es ist schon spät.«
    Mein Einwand konnte ihn nicht überzeugen, und so lehnte ich mich an die Wand neben dem Aufzug, während er in den Aufenthaltsraum eilte, um den Punktestand zu überprüfen. Als wahrer Sohn Atlantas strahlte er übers ganze Gesicht, und auch sein Freudenschrei sprach Bände. Da sich zuvor kein Chor johlender Jungmännerstimmen erhoben hatte, hätte ich ihm gleich sagen können, dass die Punkte nicht an die Cardinals gegangen waren. Umso besser hörte ich die Schmähungen, die Bud nachgerufen wurden. Aber zum Glück war er ja bewaffnet.
    »In dieser Gegend zu den Braves zu halten, könnte deiner Gesundheit schaden«, meinte ich,

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