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Das Böse in dir

Titel: Das Böse in dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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Schnürchen, und Tee pirschte sich zu den Büros der Ärzte. So spät in der Nacht war der Teil der Klinik dunkel mit Ausnahme einer Nachtbeleuchtung an den Sockelleisten der Flure, die im Brandfall den Fluchtweg anzeigte. Tee huschte weiter und rüttelte an sämtlichen Türen, bis er das Büro seines eigenen Therapeuten erreicht hatte. Das Knacken von Schlössern hatte er schon vor langer Zeit gelernt, denn er war neugierig auf die Geheimisse seiner Mom gewesen, die ihr Tagebuch in einer abgeschlossenen Schublade aufbewahrt hatte. Auf diese Weise hatte er viele nützliche Informationen bekommen und außerdem das Testament seines Vaters gefunden. Er war ein wenig enttäuscht gewesen zu lesen, dass das beträchtliche Vermögen der Familie zu gleichen Teilen an alle Kinder fallen sollte. Das stank zum Himmel und war ein schwerer Schlag für Tee. Schließlich war er, Tee, der Lieblingssohn, weshalb ihm eigentlich alles zustand. Vielleicht würde das eines Tages ja auch geschehen.
    Endlich rasteten die Stifte ein. Tee schlich ins Büro und sah sich um. Es war dunkel, und die schwache Nachtbeleuchtung an der Ecke des Gebäudes malte gedrungene Schatten. Er hatte beobachtet, dass sein Arzt die Akten in einem verschlossenen Schrank, versteckt unter einem der Bücherregale, aufbewahrte. Tee richtete seine Taschenlampe auf das Schloss. Es ließ sich sogar noch leichter öffnen als die Tür. Er fand Lotus’ Akte unter ihrem falschen Namen eingeordnet, setzte sich auf den Boden hinter ein Ledersofa und schlug sie auf.
    Er ließ sich Zeit, sie mit großem Interesse durchzulesen, und war bald mit ihrer Krankengeschichte vertraut. Außerdem erfuhr er, dass sie in China von ihrem eigenen Dad missbraucht worden war, und zwar so gewaltsam, dass sie eine Unterleibsverletzung erlitten hatte und nie Kinder hätte bekommen können. Das zweite Mal war sie während ihrer Reise mit der Olympiamannschaft vergewaltigt worden, diesmal von ihrem Trainer, dem sie vertraut hatte. Ach, herrje, die Kleine hatte Vergewaltiger wohl magisch angezogen. Obwohl er sie ja nicht im eigentlichen Sinne vergewaltigt hatte. Sie hatte sich doch nicht gewehrt, richtig? Sondern einfach nur dagelegen, als hätte sie insgeheim Spaß daran, wolle es aber nicht zugeben. Natürlich hatte sie Spaß gehabt. Bei welchem Mädchen wäre es nicht so gewesen? Schließlich bestätigten ihm ja alle immer wieder, wie gut er aussah.
    Nachdem er die letzte Seite gelesen hatte, klappte er die Akte zu und schaltete die Taschenlampe aus. Da lag also das Problem. Lotus war ihr Leben lang von Vergewaltigern traumatisiert worden, und dass er sie genommen hatte, hatte ihr den Rest gegeben. Vermutlich hatte sie ihn in ihrem Zustand mit einem der wirklichen Vergewaltiger verwechselt. Mann. Er spürte, wie ein glühend heißes Machtgefühl in ihm aufstieg. Es war eine berauschende Erkenntnis.
    Besaß er womöglich die Fähigkeit, auch jeden anderen x-beliebigen Jugendlichen hier in den Selbstmord zu treiben? Wie praktisch, falls ihm jemand auf die Nerven gehen oder sonstige Schwierigkeiten machen sollte. Oh, Mann, das war ja die absolute Härte. Er konnte beeinflussen, was sie taten und ob sie gesund wurden. Oder, noch besser, dass sie nicht gesund wurden. Und das alles, ohne sich die Hände schmutzig zu machen, sie mit den Haaren an einer Poolpumpe festzubinden oder sie von einer Felswand zu stoßen. Unfassbare Möglichkeiten taten sich vor ihm auf.
    Voller Begeisterung schaltete er die Taschenlampe wieder ein und griff nach Buddys Akte. Aha. Buddy litt an Paranoia und hatte Angst, dass alle hinter ihm her waren. Nun, das war wirklich verdammt interessant. Außerdem ließ sich ein psychisches Problem wie dieses unglaublich leicht provozieren. Tee schmunzelte in sich hinein. Er hatte den Eindruck, dass er hier noch eine Menge lernen würde. Es würde ein Riesenspaß werden, mit diesen Spinnern ein paar Spielchen zu veranstalten.
    Neugierig geworden, nahm er sich die Zeit, die Akten einiger anderer Jugendlicher zu lesen. Nur sicherheitshalber. Mann, was für eine Horde kranker Loser. Nicht zu glauben, welche Schäden er ihren zarten Seelen würde zufügen können. Außerdem wurden die meisten hier wegen Selbstmordgefahr behandelt. Wahrscheinlich würde er es schaffen, dass sie alle über den Jordan gingen, ohne dass ihm je ein Mensch auf die Schliche kam. Der Gedanke, wie leicht es sein würde, brachte ihn zum Kichern. Rasch schaltete er die Taschenlampe ab und kehrte leise zurück in sein

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