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Das Boese in uns

Das Boese in uns

Titel: Das Boese in uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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gemacht, Lisas Gesicht vom Schädel zu schälen, damit er ihren Kopf öffnen und zum Gehirn vordringen kann. Ich beschließe, dies zum Anlass zu nehmen, etwas anderes zu tun. Ich rufe Bonnie über ihr Handy an, ein Geschenk von mir. Es ist halb neun Ortszeit, also ist in Kalifornien Mittag. Bonnie nimmt das Gespräch gleich beim ersten Läuten entgegen.
    »Hi, Smoky!«
    »Hi, Süße. Wie geht's?«
    »Gut. Elaina hat Makkaroni mit Käse gemacht.«
    Elaina Washington ist die Ehefrau von Alan, einem Mitglied meines Teams. Sie ist eine Latina, dazu geboren, den Menschen in ihrer Umgebung Liebe und Unterstützung zukommen zu lassen. Elaina kann diese Liebe ausdrücken, indem sie einen in die Arme nimmt und tröstet, genauso gut aber auch dadurch, dass sie mit einem schimpft, wenn man es braucht. Sie war die Erste, die mich im Krankenhaus besuchte nach jener grauenhaften Nacht, als Sands meine Familie abgeschlachtet hatte. Sie hielt mich einfach nur in den Armen, während ich mich ausweinte, und dafür werde ich sie immer lieben.
    Elaina passt auf Bonnie auf, wenn ich unabkömmlich bin, so wie jetzt. Außerdem erteilt sie meiner Adoptivtochter privaten Schulunterricht.
    »Das ist großartig, Baby«, sage ich.
    »Alan ist weggefahren. Heißt das, du bleibst auch länger weg?«
    »Sieht so aus. Tut mir leid, Kleines.« »Hör auf damit, Momma-Smoky.«
    Bonnie ist weit über ihr Alter gereift. Der Mord an ihrer Mutter und das, was danach kam, haben sie innerlich fürchterlich verwundet, und die Narben haben eine erschreckende emotionale Reife hervorgerufen. Außerdem ist Bonnie künstlerisch talentiert - sie malt -, und die Tiefe ihrer Einsichten sind die eines erwachsenen, weisen Menschen. Es ist erschreckend und faszinierend zugleich. Doch »Momma-Smoky«, wie sie mich anredet, wenn sie mich zu trösten versucht - manchmal auch ohne ersichtlichen Grund —, bringt mich jedes Mal aufs Neue zum Lächeln. Es ist die Stimme eines jungen Herzens. Die Stimme eines Kindes.
    »Womit soll ich aufhören, Bonnie?«
    »Dich für etwas zu entschuldigen, wofür du nichts kannst. Die Leute werden schließlich nicht nach irgendeinem Plan ermordet. Du schnappst Leute, die andere ermorden, also lebst du auch nicht nach irgendeinem Plan. Ich hab kein Problem damit.«
    »Danke. Es tut mir trotzdem leid, dass ich nicht bei dir sein kann.«
    Ich höre das Geräusch von AD Jones' Schuhen auf den Fliesen und drehe mich um. Er schaut mich an und nickt in Richtung des Fensters, hinter dem die Autopsie vorgenommen wird.
    »Ich muss jetzt aufhören, Liebes. Ich ruf dich morgen wieder an, okay?«
    »Smoky?«
    »Ja?«
    »Heiratet Tante Callie wirklich?«
    Ich kann nur mit Mühe ein Lachen zurückhalten. »Sie heiratet wirklich. Gute Nacht, Honey.«
    »Nacht. Ich liebe dich.« »Ich dich auch.«
     
    Dr. Johnston deutet auf eine Schale, in der Lisas Herz liegt.
    »Das Herz war punktiert. Es war ein winziges Loch auf der rechten Seite des Brustkastens.« Er zeigt uns die Stelle. Das Loch ist tatsächlich sehr klein, doch der Bluterguss, der dadurch entstand, ist so groß wie meine beiden Hände nebeneinander. Ober- und unterhalb des Loches sehe ich vertikale Schnitte. Ich habe die Wunde vorhin übersehen; dass »Lisa« ein Mann war, hatte mich dann doch zu sehr geschockt.
    »Das ergibt Sinn«, sagt AD Jones. »Lisa hatte einen Fensterplatz, und der Killer saß rechts von ihr.«
    »Was könnte eine Wunde wie diese hervorrufen?«, frage ich.
    »Alles, was lang, spitz und zylindrisch ist. Der Killer benötigt Kraft, Entschlossenheit und grundlegende Kenntnisse der Anatomie.« Er macht eine Faust und führt eine schnelle Bewegung aus, um den Vorgang zu demonstrieren. »Ein sauberer Stoß durch die Lunge hinauf ins Herz, und fertig.«
    »Sie muss unter Drogen gestanden haben, damit er sie auf diese Weise im Passagierraum des Flugzeugs töten konnte«, sage ich nachdenklich.
    Johnston nickt zustimmend mit dem massigen Schädel. »Ja. Der Tod wäre sehr schnell eingetreten, doch er wäre auch extrem schmerzhaft gewesen. Es wäre eindeutig zum Vorteil des Täters gewesen, das Opfer vorher zu betäuben.«
    Ich denke darüber nach. »Es muss ein Mittel gewesen sein, das er oral verabreichen konnte«, sage ich. »Nichts deutet auf Gewaltanwendung hin oder darauf, dass er ihr eine Spritze gesetzt hat. Irgendwelche Theorien?«
    »GHB, Ketamin oder Rohypnol kämen infrage, aber sie würden auch Probleme mit sich bringen. Jedes dieser Mittel kann zu Übelkeit und

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