Das Boese in uns
Erbrechen führen. Bei Ketamin können außerdem Krämpfe auftreten.« Er verschränkt die massigen Arme vor der Brust. »Nein, ich an seiner Stelle hätte es ganz nach der alten Schule gemacht. Ich hätte Chloralhydrat genommen.«
»Ein präparierter Drink«, wirft AD Jones ein.
»Es klappt am besten mit Alkohol. Der Mageninhalt der Toten roch tatsächlich danach. Es wirkt rasch, und falls er ihr eine Überdosis verabreicht hat, wurde sie ziemlich schnell bewusstlos.«
»Stimmt«, sage ich. »Er musste sich schließlich nicht sorgen, dass sie an einer Überdosis sterben könnte. Ich nehme an, dass Sie die Tote auf alle diese Wirkstoffe untersuchen?«
»Selbstverständlich. Ich beeile mich mit den Analysen. Die Ergebnisse müssten morgen Nachmittag vorliegen, zusammen mit dem Autopsiebericht.«
Mir kommt noch ein Gedanke. »Wie hat er wohl die Mordwaffe an Bord geschmuggelt? Den Gegenstand, den er ihr ins Herz gebohrt hat.«
Dr. Johnston zuckt die Schultern. »Das ist nicht mein Fachgebiet, tut mir leid.«
Ich gebe ihm meine Handynummer. »Rufen Sie mich an, sobald Sie alle Ergebnisse haben, und ich schicke jemanden vorbei. Machen Sie eine einzige Kopie für sich, und verwahren Sie die in einem Safe.« Ich sehe ihm in die Augen. »Wir haben es hier mit einem Fall für die Bundesbehörden zu tun, Dr. Johnston. Erstens, weil er sich an Bord eines Flugzeugs über dem Territorium der USA ereignet hat. Zweitens, weil ein Kongressabgeordneter darin verwickelt ist und möglicherweise ein Anschlag auf Dillon Reid selbst bevorsteht. Und drittens, weil es sich um ein Verbrechen aus Hass handeln könnte.«
»Warum diese Geheimhaltung?«, fragt Johnston.
»Den Reids zuliebe«, antworte ich. »Sie dient nicht irgendeiner Vertuschung - ich möchte, dass Sie das wissen. Mein oberstes Ziel ist es, den Täter zu fassen.«
Johnstons Lächeln ist ein klein wenig müde. »Ich weiß Ihre Offenheit zu schätzen, Agentin Barrett, aber keine Sorge. Ich bin nicht an Konspirationen interessiert. Ich habe in meiner Karriere bereits drei Todesfälle untersucht, die mit Politik zu tun hatten, unter anderem den Tod eines sehr mächtigen Mannes und eines männlichen Prostituierten. Ich bin mit den Gepflogenheiten vertraut.«
»Ich danke Ihnen.« Ich blicke auf den Leichnam von Lisa Reid auf dem Untersuchungstisch aus mattem Edelstahl. »Gibt es sonst noch etwas Beweiserhebliches?«
»Ja. Etwas sehr Ungewöhnliches. Ich wollte gerade darauf zu sprechen kommen.« Johnston nimmt eine weitere Schale und hält sie mir hin. »Ich habe das hier im Körper der Toten gefunden. Der Mörder hat die Wunde auf ihrer rechten Seite geweitet, um es einzuführen. Sie haben die Schnitte gesehen?«
»Ja.«
»Er hat es geschickt angestellt. Die Schnitte wurden erst nach Eintreten des Todes vorgenommen, als der Blutfluss zum Stillstand gekommen war. Dann hat der Täter das da in ihren Körper eingeführt.«
Ich starre in die Schale und sehe ein ungefähr daumenlanges silbernes Kreuz.
»Wo sind die Handschuhe?«, frage ich.
Johnston nickt zu einer Schachtel mit Einweg-Handschuhen aus Latex auf einer Arbeitsfläche. Ich streife mir ein Paar über; dann greife ich in die Schale und nehme das Kreuz heraus.
»Es ist schwer«, sage ich. »Massiv. Eine Silberlegierung, nehme ich an.«
Das Kreuz ist schlicht, ohne besondere Verzierungen. Es ist ungefähr fünf Zentimeter lang und zweieinhalb Zentimeter breit. Ich drehe es um und schaue mir die Rückseite an. Da scheint irgendeine Gravur zu sein, doch sie ist zu klein, als dass ich sie mit bloßem Auge lesen könnte.
»Haben Sie ein Vergrößerungsglas?«, frage ich.
Johnston holt eine Lupe und reicht sie mir. Ich halte sie über das Kreuz und sehe nun ein Symbol - sehr klein, sehr einfach: ein Schädel mit darunter gekreuzten Knochen, das universale Zeichen für »Gift«. Die Gravur befindet sich auf der Rückseite, in Kopfhöhe des Kreuzes. Entlang dem Querbalken erkenne ich ein paar Ziffern.
»Hundertdreiundvierzig«, lese ich vor.
»Was soll das bedeuten?«, fragt AD Jones.
»Keine Ahnung.« Ich lege das Kreuz in die Schale zurück. »Ich möchte, dass wir dieses Detail vorerst auf jeden Fall zurückhalten, Doktor - falls der Mord irgendwie bis zu den Medien durchdringt.«
»Selbstverständlich.«
»Sonst noch etwas?«
Er schüttelt den Kopf. »Im Augenblick nicht.«
AD Jones blickt auf die Uhr und zeigt mit dem Finger auf mich. »Dann fahren wir jetzt zum Flughafen. Ihr Team landet in Kürze,
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