Das Böse unter der Sonne
zum – sagen wir mal zum Fellteppich gehört, nicht. Stattdessen gehört es zum schwarzen Schwanz der Katze.»
«Na, wenn das nicht faszinierend ist! Und sind es viele einzelne Teile, Monsieur Poirot?»
«Ja, Madame. Fast jeder hier im Hotel hat mir ein Teilchen gegeben. Sie auch.»
«Ich?» Mrs Gardeners Stimme wurde schrill.
«Ja. Eine Bemerkung von Ihnen, Madame, war äußerst nützlich. Sie war sogar sehr aufschlussreich.»
«Na, das ist aber eine Freude! Können Sie mir nicht noch mehr erzählen, Monsieur Poirot?»
«Ach, Madame, die Erklärungen hebe ich mir immer für den letzten Akt auf.»
«Was für ein Jammer!», murmelte Mrs Gardener.
Hercule Poirot klopfte leise an die Tür von Captain Marshalls Zimmer. Von drinnen war das Klappern einer Schreibmaschine zu hören.
Ein kurzes «Herein» ertönte. Poirot trat ein.
Captain Marshall saß mit dem Rücken zu ihm an dem Tisch zwischen den beiden Fenstern und tippte. Er drehte sich nicht um, aber ihre Blicke begegneten sich in dem Spiegel, der vor Marshall an der Wand hing.
«Was gibt’s denn, Monsieur Poirot?», fragte Marshall gereizt. «Entschuldigen Sie tausendmal, dass ich bei Ihnen eindringe», sagte Poirot. «Sie sind beschäftigt?»
«Ja, ziemlich», antwortete Marshall kurz.
«Ich habe nur eine kleine Frage auf dem Herzen, die ich gern loswerden möchte.»
«Mein Gott, ich habe es satt, Fragen zu beantworten!», rief Marshall. «Ich habe alle Fragen der Polizei beantwortet. Ich glaube nicht, dass ich auch noch Ihre beantworten muss.»
«Sie ist ganz harmlos. Es geht um folgendes: Am Morgen des Tages, an dem Ihre Frau starb – badeten Sie da, nachdem Sie mit Tippen fertig waren und bevor Sie zum Tennisspielen gingen?»
«Ob ich gebadet habe? Nein, natürlich nicht! Ich hatte schon eine Stunde früher ein Bad genommen.»
«Vielen Dank. Das wäre alles», sagte Poirot.
«Na, hören Sie mal. Ach…» Marshall schwieg unentschlossen. Poirot ging hinaus und zog leise die Tür hinter sich zu.
«Der Kerl ist verrückt!», murmelte Kenneth Marshall.
Vor der Tür zur Bar stieß Poirot auf Mr Gardener, der zwei volle Cocktailgläser trug und offensichtlich auf dem Weg zu Mrs Gardener war. Mrs Gardener saß in der Halle und war in ihr Puzzle vertieft. Mr Gardener lächelte Poirot freundschaftlich zu und sagte: «Wollen Sie sich nicht zu uns setzen, Monsieur Poirot?»
Poirot schüttelte den Kopf. «Wie fanden Sie die Voruntersuchung, Mr Gardener?», fragte er.
Mr Gardener senkte die Stimme. «Die Herrschaften schienen etwas unentschlossen zu sein. Soviel ich hörte, hat Ihre Polizei noch einen Trumpf im Ärmel.»
«Möglich», sagte Hercule Poirot.
Mr Gardener senkte seine Stimme noch mehr. «Ich bin froh, wenn ich Mrs Gardener wegbringen kann. Sie ist äußerst sensibel, und diese ganze Geschichte hat ihre Nerven schwer angegriffen. Sie war schon immer sehr nervös.»
«Erlauben Sie mir eine Frage, Mr Gardener», sagte Poirot. «Aber natürlich, Monsieur Poirot. Ich freue mich, wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann.»
«Sie sind ein erfahrener Mann», sagte Hercule Poirot. «Sie haben viel gesunden Menschenverstand und eine große Urteilskraft. Was ist Ihre ehrliche Meinung über die tote Mrs Marshall?»
Mr Gardeners Augenbrauen hoben sich vor Erstaunen. Er blickte sich vorsichtig um und flüsterte: «Nun, Monsieur Poirot, ich habe ein paar Dinge gehört, die man sich hier erzählt, wenn Sie verstehen, was ich meine. Vor allem die Frauen haben über sie geredet.» Poirot nickte. «Aber wenn Sie mich persönlich fragen, dann sage ich Ihnen auch meine ehrliche Meinung: Die Frau war ein verdammter Dummkopf!»
«Also, das ist wirklich interessant», meinte Hercule Poirot nachdenklich.
«Jetzt bin ich wohl an der Reihe?», sagte Rosamund Darnley.
«Wie bitte?»
Sie lachte. «Erst veranstaltete der Polizeichef sein Verhör, und Sie saßen schweigend dabei, Monsieur Poirot. Jetzt führen Sie offensichtlich Ihre eigene inoffizielle Untersuchung. Ich habe Sie beobachtet. Erst fragten Sie Mrs Redfern. Dann sah ich durch ein Fenster der Halle, wo Mrs Gardener bei ihrem schrecklichen Puzzle sitzt, wie Sie sich mit ihrem Mann unterhielten. Und jetzt bin ich dran.»
Hercule Poirot nahm neben ihr Platz. Sie waren auf dem Sonnenfelsen. Tief unter ihnen lag das Meer, das zum Strand hin dunkelgrün war. Weiter draußen schimmerte es in einem leuchtenden Hellblau.
«Sie sind sehr intelligent, Mademoiselle», sagte Poirot. «Das habe ich
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