Das Bourne-Attentat
Uhr früh in Washington. Maslow war nach unten gegangen, um sich um seine Geschäfte zu kümmern, und ließ Bourne im Glashaus allein, damit er seine Telefongespräche führen konnte. Bourne nützte die Zeit, um über alles nachzudenken, was Maslow ihm gesagt hatte. Wenn es stimmte, dass Pjotr der Schwarzen Legion angehört hatte, dann ergaben sich daraus zwei Möglichkeiten: Die eine war, dass Pjotr seine eigene Operation hinter dem Rücken des Professors laufen hatte. Das war schon schlimm genug. Die zweite Möglichkeit war noch viel schlimmer, nämlich dass der Professor selbst der Organisation angehörte. Aber warum war er dann von der Schwarzen Legion angegriffen und entführt worden? Bourne hatte selbst die Tätowierung auf dem Arm des Mannes gesehen, der Specter geschlagen und ins Auto gezerrt hatte.
In diesem Augenblick hörte Bourne Specters Stimme im Ohr. »Jason«, sagte er atemlos, »was ist passiert?«
Bourne berichtete ihm, was geschehen war, und fügte zuletzt die Information hinzu, dass Pjotr der Schwarzen Legion angehört habe.
Bourne wartete einige Sekunden, doch es kam keine Reaktion von Specter.
»Professor, ist alles in Ordnung?«, fragte er schließlich.
Specter räusperte sich. »Ja, alles okay.«
Doch er klang bedrückt, und als er erneut schwieg, versuchte Bourne herauszufinden, in welcher Gefühlslage sich sein Mentor befand.
»Hören Sie, es tut mir leid, dass Ihr Mann Baronow getötet wurde. Der Mörder war nicht von der Schwarzen Legion; es war ein NSA-Agent, der den Auftrag hatte, mich auszuschalten.«
»Ich weiß Ihre Offenheit zu schätzen«, sagte Specter schließlich. »Und es tut mir zwar wirklich leid um Baronow – aber er kannte das Risiko. So wie Sie ist er mit offenen Augen in diesen Krieg gegangen.«
Erneut herrschte Schweigen, das sich quälend in die Länge zog.
»Jason«, sagte Specter schließlich, »ich fürchte, ich habe Ihnen eine ziemlich wichtige Information vorenthalten. Pjotr Zilber war mein Sohn.«
»Ihr Sohn? Aber warum haben Sie mir das nicht gleich gesagt?«
»Angst«, antwortete der Professor. »Ich habe seine wahre Identität so viele Jahre geheim gehalten, dass es mir zur Gewohnheit wurde. Ich musste Pjotr vor seinen Feinden schützen, die auch meine Feinde waren und die meine Frau ermordet haben. Ich dachte mir, dass ich das am besten tun kann, wenn ich seinen Namen ändere. Und so geschah es, dass Aleksei Specter mit sechs Jahren auf tragische Weise ertrank und Pjotr Zilber geboren wurde. Ich gab ihn zu Freunden, ließ alles hinter mir und ging nach Amerika, nach Washington, um ohne ihn ein neues Leben zu beginnen. Es war das Schwerste, was ich je tun musste. Wie soll ein Vater seinen Sohn aufgeben, wenn er ihn nicht vergessen kann?«
Bourne wusste genau, was er meinte. Er hatte dem Professor schon berichten wollen, was er über Pjotr und seine Bande von Versagern herausgefunden hatte, doch es schien nun nicht der richtige Moment zu sein, um noch mehr schlechte Nachrichten zu überbringen.
»Also haben Sie ihm geholfen?«, mutmaßte Bourne. »Heimlich.«
»Ja«, antwortete Specter. »Es durfte nicht passieren, dass irgendjemand einen Zusammenhang zwischen uns bemerkte. Niemand durfte erfahren, dass mein Sohn noch lebte. Es war das Mindeste, was ich für ihn tun musste. Ich hatte ihn nicht mehr gesehen, seit er sechs Jahre alt war.«
Bourne hörte den Schmerz in Specters Stimme, deshalb wartete er einen Augenblick, ehe er fragte: »Und was geschah dann?«
»Er tat etwas sehr Dummes. Er beschloss, es im Alleingang mit der Schwarzen Legion aufzunehmen. Er schlich sich in die Organisation ein. So fand er heraus, dass die Schwarze Legion einen großen Anschlag in Amerika plante. Monatelang bemühte er sich, mehr über das Projekt zu erfahren. Und er erreichte tatsächlich, was er wollte: Er stahl die Pläne des Ziels. Nachdem wir mit direkter Kommunikation vorsichtig sein mussten, schlug ich vor, dass er sein Netzwerk benutzen solle, um mir seine Informationen über die Schritte der Schwarzen Legion zukommen zu lassen. Auf diesem Weg wollte er mir die Pläne schicken.«
»Warum hat er sie nicht einfach fotografiert und sie Ihnen digital geschickt?«
»Das hat er versucht, aber es hat nicht geklappt. Die Pläne sind mit einer Substanz beschichtet, die verhindert, dass sich das Gedruckte auf irgendeine Weise kopieren lässt. Er musste mir die Pläne selbst bringen.«
»Aber er hat Ihnen doch sicher gesagt, was die Pläne darstellen«, erwiderte
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