Das Bourne-Attentat
Rechten entlanglief. Zweimal traten ihm junge vollbusige Blondinen in den Weg, die seine Aufmerksamkeit und, wie er annahm, auch sein Geld wollten. Er ließ sie einfach stehen und ging schnurstracks zum gestressten Barkeeper weiter. An der Wand hinter der Bar standen die Getränkeflaschen in drei Reihen auf Glasablagen. Der große Spiegel dahinter ermöglichte es den Gästen, das Geschehen zu beobachten oder sich selbst zu bewundern, während sie sich betranken.
Arkadin musste sich erst durch die Menge der Feiernden kämpfen, bevor er einen Wodka on the rocks bestellen konnte. Als der Barkeeper nach einiger Zeit mit seinem Drink kam, fragte ihn Arkadin, ob er eine Devra kenne.
»Ja, sicher. Da drüben«, sagte er und zeigte mit dem Kopf auf den weiblichen DJ.
Es war schon ein Uhr nachts, als Devra eine Pause machte. Es warteten noch ein paar andere Leute auf sie – Fans, wie Arkadin annahm. Er nahm sich vor, als Erster zu ihr zu gehen. Das tat er unter Einsatz seiner Persönlichkeit und nicht mit Hilfe seiner falschen Papiere. Es war zwar nicht zu befürchten, dass der bunte Haufen hier den Ausweis infrage gestellt hätte – aber nach dem Vorfall in der Weinkellerei wollte er dem echten Sicherheitsdienst keine zusätzlichen Spuren hinterlassen, denen sie nachgehen konnten. Dass er dort als Agent des Geheimdienstes aufgetreten war, bedeutete nun eine gewisse Gefahr für ihn.
Devra war blond und fast so groß wie er selbst. Er konnte nicht glauben, wie dünn ihre Arme waren. Ihre Hüften waren nicht breiter als die eines kleinen Jungen, und wenn sie ging, traten ihre Schulterblätter hervor. Sie hatte große Augen und eine totenbleiche Haut, so als würde sie kaum jemals mit Tageslicht in Berührung kommen. Ihr schwarzer Overall mit dem weißen Totenkopf über dem Bauch war von Schweiß durchtränkt. Es lag vielleicht an ihrer Tätigkeit als DJ, dass ihre Hände ständig in Bewegung waren, während ihr restlicher Körper relativ ruhig blieb.
Sie musterte ihn von oben bis unten, während er sich vorstellte. »Sie sehen nicht gerade wie ein Freund von Oleg aus«, bemerkte sie.
Doch als er ihr den Schuldschein vor die Nase hielt, verschwand ihr Misstrauen augenblicklich. Da sieht man es wieder einmal, dachte Arkadin, während sie ihn beiseite führte. Geld öffnet wirklich alle Türen.
Das Zimmer, in dem sie sich zwischendurch ausruhte, hätte man am besten den Ratten überlassen, die ohne Zweifel in dem Gebäude hausten. Er versuchte, nicht an die Ratten zu denken; er würde ohnehin nicht lange hier sein. Das Zimmer hatte keine Fenster; Wände und Decke waren schwarz gestrichen, zweifellos um die Schäbigkeit des Raumes zu überdecken.
Devra schaltete eine Lampe mit einer gewöhnlichen Vierzig-Watt-Glühbirne ein und setzte sich auf einen hölzernen Stuhl, der die Spuren von Messern und brennenden Zigaretten trug. Der Raum hatte große Ähnlichkeit mit einer Verhörzelle. Es gab keine weiteren Sessel oder sonstigen Möbel, außer einem Holztisch an einer Wand, der vollgepackt war mit Schminkzeug, CDs, Zigaretten, Streichhölzern, Handschuhen und anderem Zeug, von dem Arkadin gar nicht wissen wollte, was es war.
Devra lehnte sich auf dem Stuhl zurück, zündete sich eine Zigarette an, die sie sich mit einer raschen Bewegung vom Tisch genommen hatte, ohne ihm auch eine anzubieten. »Dann sind Sie also gekommen, um Olegs Schulden zurückzuzahlen.«
»In gewisser Weise.«
Sie kniff argwöhnisch die Augen zusammen, so dass sie Arkadin an ein Hermelin erinnerte, das er einmal in der Nähe von St. Petersburg geschossen hatte.
»Und was heißt das genau?«
Arkadin zog die Geldscheine hervor. »Ich habe das Geld, das er Ihnen schuldet, hier.« Als sie danach griff, zog er es zurück. »Als Gegenleistung hätte ich gern eine Auskunft.«
Devra lachte. »Sehe ich etwa aus, als wäre ich von der Telefonauskunft?«
Arkadin schlug sie so hart mit dem Handrücken, dass sie gegen den Tisch krachte. Lippenstifte und Wimperntusche kullerten durcheinander. Devra streckte eine Hand aus, um sich aufzustützen, und griff mitten in den Kram auf dem Tisch.
Als sie eine kleine Pistole hervorzog, war Arkadin darauf vorbereitet. Seine Faust hämmerte gegen ihr zartes Handgelenk, und er riss ihr die Waffe aus den kraftlosen Fingern.
»So«, sagte er und setzte sie auf den Stuhl zurück, »können wir jetzt weiterreden?«
Devra sah ihn mürrisch an. »Hab ich’s doch gewusst, dass es zu schön ist, um wahr zu sein.« Sie spuckte
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