Das Bourne Ultimatum
und postierten die anderen Wachen, um Himmels willen.«
»Dann wissen wir also nicht sicher, wer mit den Flugzeugen gekommen ist. Vielleicht wurde jemand ins Wasser runtergelassen über die Schwimmer, in der Einfahrt zwischen den Riffen, vielleicht vor der Sandbank.«
»Aber ich sage dir doch, David, ich kenne diese Burschen seit vielen Jahren. Sie würden so etwas niemals zulassen. Kommt überhaupt nicht infrage!«
»Du meinst also, es sei völlig ausgeschlossen?«
»Dafür lege ich meine Hand ins Feuer.«
»Wie für den Kontaktmann des Schakals in Montserrat, den Gouverneur.«
Der Besitzer des Tranquility Inn starrte seinen Schwager an. »In welcher Welt lebst du eigentlich?«
»In einer Welt, die ich sehr gut kenne. Und ich bedaure sehr, dass du jemals da reingeraten bist. Aber so ist es nun einmal, und du wirst die Regeln beachten, meine Regeln.« Ein Licht, ein Blitz, ein winziger Streifen tiefroten Lichts in der Dunkelheit draußen! Mit ausgebreiteten Armen hechtete Bourne auf St. Jacques, riss ihn aus dem Gleichgewicht, weg von der Balkontür. »Weg da!«, brüllte er, dann krachten sie zu Boden. Dreimal kurz hintereinander hörten sie es über sich zischen, und die Kugeln bohrten sich in die hintere Wand.
»Was, zum Teufel...«
»Er ist da draußen und will, dass ich es weiß!«, keuchte Bourne, schob seinen Schwager in Deckung und kroch neben ihn. Er griff in die Tasche seines Hemdes. »Er weiß, wer du bist, also sollst du die erste Leiche sein. Er weiß, dass mich das wahnsinnig machen würde, weil du Maries Bruder bist - du gehörst zur Familie, und das lässt er wie ein Damoklesschwert über meinem Kopf schweben. Meine Familie!«
»Was sollen wir tun?«
»Ich tu was!«, erwiderte Jason und zog die zweite Leuchtrakete aus der Tasche. »Ich schicke ihm eine Botschaft. Eine Botschaft, die ihm sagen wird, warum ich am Leben bin und warum ich es noch sein werde, wenn er schon tot ist. Bleib, wo du bist!« Bourne zündete die Leuchtrakete an. Geduckt machte er zwei Schritte zur Balkontür und schleuderte die zischende, blendende Lichtgarbe in die Dunkelheit. Zwei Blitze. Zwei Kugeln zischten. Eine ging in die Decke und die andere in den Spiegel auf dem Toilettentisch. »Er hat eine MAC-10 mit einem Schalldämpfer«, sagte Delta, rollte sich an die Wand und griff nach seinem verwundeten Hals. »Ich muss hier raus!«
»David, du bist verletzt!«
»Gut beobachtet.« Bourne kam auf die Beine, rannte zur Tür und stürzte ins nächste Zimmer, wo ihm der stirnrunzelnde kanadische Arzt gegenüberstand.
»Ist alles in Ordnung?«
»Ich muss weg hier. Auf den Boden!«
»Aber sehen Sie nur! Blut auf Ihrer Bandage, die Nähte...«
»Mit dem Arsch auf den Boden!«
»Sie sind keine einundzwanzig mehr, Mr. Webb...«
»Das ist mein Leben!«, schrie Bourne. Er rannte zum Eingang, stürzte hinaus, schoss über den erleuchteten Weg zum Eingang des Hauptgebäudes und bemerkte jetzt erst die betäubende Blasmusik, die über mehrere Lautsprecher, die in den Bäumen hingen, über das ganze Grundstück dröhnte.
Die rhythmische Kakophonie war überwältigend. Keineswegs ein Nachteil, dachte Jason. Angus McLeod hatte sein Wort gehalten. In dem riesigen, gläsernen Speisesaal saßen
die noch verbliebenen Gäste, um die sich einige Angestellte kümmerten. Das bedeutete, dass das Chamäleon seine Farbe wechseln musste. Er kannte den Schakal so gut wie sich selbst, und er wusste, dass sein Gegner genau das tun würde, was auch er unter diesen Umständen täte. Der hungrige, geifernde Schakal würde direkt in die Höhle seiner verwirrten, angeschlagenen Beute schleichen und sich das beste Stück Fleisch herausholen. Aber auch er, Bourne, würde zu einem Raubtier werden, zu einem noch gefährlicheren - sagen wir, zu einem bengalischen Tiger -, der einen Schakal mit seinen Zähnen zerreißen konnte... Warum dachte er in solchen Bildern? Warum waren sie wichtig? Warum? Er wusste, warum, und es erfüllte ihn mit einem Gefühl der Leere, einer Sehnsucht nach dem, was er hinter sich gelassen hatte - er war nicht mehr Delta, der gefürchtete Guerillero der Medusa. Er war auch nicht mehr der Jason Bourne, der er in Paris und im Fernen Osten gewesen war. Der ältere, viel ältere David Webb drängte sich in ihm vor und versuchte, inmitten von Irrsinn und Gewalt einen Sinn zu finden.
Nein! Weg mit dir! Du bist nichts, und ich bin alles!
Lass mich, David, um Himmels willen, lass mich...
Bourne verließ den Weg und rannte über
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