Das Bourne Ultimatum
einer Tür am Ende eines heruntergekommenen Wohnzimmers voller alter Möbel und verblichener Sofaschoner. »Mein Studio ist nicht mehr so elegant, wie es einmal war, wegen all dieses Krempels. Du siehst, dass ich fast schon pensioniert bin. Meine Finanzstrategen haben ein riesiges Pensionierungsprogramm mit großen steuerlichen Erleichterungen ausgearbeitet.«
»Du bist wirklich unglaublich«, sagte Bourne.
»Ich glaube, dass einige Leute das sagen würden, diejenigen, die sich keine Zeit nehmen. Was hast du vor?«
»Eine ganze Menge. Weder Europa noch Hongkong natürlich. Nur einfach Papiere.«
»Das Chamäleon nimmt wieder eine andere Tarnung an.«
Jason hielt inne, als sie an die Tür kamen. »Das war auch etwas, das ich bereits vergessen hatte. So wurde ich immer genannt, oder?«
»Chamäleon? Ja, sicher, und nicht ohne Grund. Sechs Leute hätten von Angesicht zu Angesicht mit unserem jungen Bourne zusammentreffen können, und sechs unterschiedliche Beschreibungen wären dabei rausgekommen. Ohne das geringste Make-up natürlich.«
»Es kommt alles wieder, Kaktus.«
»Ich bete zum Allmächtigen Gott, dass das nicht nötig ist, aber wenn schon, dann sieh zu, dass wirklich alles wiederkommt.«
Drei Stunden und zwanzig Minuten später war es geschafft. David Webb, Professor für Orientalistik und drei Jahre lang Jason Bourne, ein Killer, hatte zwei neue Identitäten. Und da keine Taxis zur Hütte von Kaktus kommen würden, fuhr ein arbeitsloser Nachbar, der mehrere schwere Goldketten um den Hals und die Handgelenke trug, den Klienten von Kaktus in seinem neuen Cadillac zurück ins Zentrum von Washington. Jason fand eine Telefonzelle in einem Kaufhaus und rief Alex in Virginia an. Er gab ihm seine neuen Personalien durch und wählte einen seiner Namen für das Hotel Mayflower. Conklin wollte offiziell über das Management ein Zimmer bestellen, für den Fall, dass alles ausgebucht war. Außerdem würde Langley eine Four-Zero aktivieren und das Äußerste tun, um Bourne alles, was er brauchte, schnellstmöglich auf sein Zimmer zu liefern. Schätzungsweise würde man dafür drei Stunden benötigen, ohne Garantie. Egal, dachte Jason, als Alex sich diese Information auf einer zweiten Leitung von der CIA bestätigen ließ, er brauchte mindestens zwei dieser drei Stunden, bevor er ins Hotel kommen würde. Er musste sich eine kleine Garderobe zusammenstellen. Das Chamäleon musste sich in einen neuen Typ verwandeln.
»Steve DeSole sagt mir, dass er die PCs heißlaufen lässt, um unsere Daten mit denen der Armee und des Marinegeheimdienstes zu vergleichen«, sagte Conklin, als er ans Telefon zurückkam. »Peter Holland macht es möglich. Er ist ein Kumpel vom Präsidenten.«
»Kumpel? Das hört sich aus deinem Mund komisch an. Wie geht es sonst? Fortschritte?«
Conklin machte eine Pause, und als er mit leiser Stimme antwortete, verbarg er seine Befürchtungen. »Sagen wir mal so... Ich bin auf das, was ich erfahren habe, nicht vorbereitet. Ich war zu lange draußen. Ich fürchte, Jason... entschuldige... David.«
»Das erste Mal war’s richtig. Habt ihr diskutiert...«
» Keine Namen«, unterbrach der CIA-Agent a. D. entschieden.
»Ich verstehe.«
»Du konntest es nicht«, widersprach Alex. »Ich konnte es
nicht. Wir hören voneinander.« Mit diesen rätselhaften Worten legte Conklin abrupt auf.
Langsam tat Bourne dasselbe und runzelte besorgt die Stirn. Das sah Alex überhaupt nicht ähnlich. Kontrolle war sein Motto und Understatement sein Element. Was immer er erfahren hatte, es hatte ihn zutiefst verwirrt... sosehr, dass es Bourne schien, er könnte sein Vertrauen verloren haben, zu allem, was er selbst entworfen hatte, zu den Personen, mit denen er arbeitete. Normalerweise drückte er sich klarer aus, ergiebiger. Stattdessen, aus Gründen, die Jason nicht ahnen konnte, wollte Alexander Conklin nicht über Medusa sprechen oder über das, was er sonst über zwanzig Jahre Betrug und Verrat erfahren hatte...
War das möglich?
Keine Zeit! Es hat keinen Zweck, nicht jetzt, dachte Bourne und schaute sich in dem riesigen Kaufhaus um. Alex war nicht nur genauso viel wert wie sein Wort, er lebte auch entsprechend - solange man nicht sein Feind war. Wehmütig, ein kurzes, kehliges Lachen unterdrückend, erinnerte sich Jason an Paris vor dreizehn Jahren. Diese Seite von Alex kannte er auch. Wären nicht die Grabsteine auf einem Friedhof in Rambouillet, einem Vorort von Paris, gewesen, hätte ihn sein engster
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