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Das Bourne-Vermächtnis

Das Bourne-Vermächtnis

Titel: Das Bourne-Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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auf die fest getrampelte Erde der Straße, als läsen sie dort die traurige Geschichte ihres Lebens.
    Zu hören war nur ein leises Zischen, zumindest klang es in ihren sicheren ABC-Schutzanzügen so. Ansonsten war kein äußeres Anzeichen für den Sprühvorgang zu erkennen. Genau das hatte Dr. Schiffer vorhergesagt.
    Während die Sekunden qualvoll langsam verstrichen, beobachtete die Gruppe gespannt das Leben vor dem Fenster. Alle Sinneswahrnehmungen schienen unnatürlich gesteigert zu sein. Sie hörten ihren Puls als sonores Pochen in den Ohren, spürten das schwere Schlagen ihrer Herzen. Sie merkten, dass sie unwillkürlich den Atem anhielten.
    Dr. Schiffer hatte gesagt, sie würden binnen drei Minuten die ersten Anzeichen dafür sehen, dass das NX 20
    richtig funktioniert hatte. Das waren mehr oder weniger seine letzten Worte gewesen, bevor Spalko und Sina seinen fast leblosen Körper ins Labyrinth geworfen hatten.
    Spalko hatte verfolgt, wie der Sekundenzeiger seiner Uhr sich der Dreiminutenmarke näherte, und sah jetzt auf. Von dem Anblick, der sich ihm bot, war er wie gebannt. Ein Dutzend Menschen waren zusammengeklappt, bevor der erste heulende Schrei ertönte. Er verstummte rasch, aber andere nahmen die Wehklage auf, nur um auf der Straße zusammenzubrechen und sich am Boden zu winden. Chaos und Schweigen, während der Tod in immer weiterem Umkreis immer reichere Ernte hielt. Man konnte sich nicht vor ihm verstecken, und niemand entging ihm – auch die nicht, die wegzurennen versuchten.
    Spalko machte den Tschetschenen ein Zeichen, und
    die vier folgten ihm die Betontreppe hinunter. Die Fahrer – auch sie in ABC-Schutzanzügen – hielten sich bereit, während Spalko das NX 20 zerlegte. Sobald es wieder in seinem Koffer verstaut war, ließen sie die Schlösser zuschnappen und brachten die Behälter zu den wartenden Geländewagen hinaus.
    Die fünf machten einen Rundgang über die Straße
    und einige Nachbarstraßen. Sie gingen nach allen Richtungen vier Straßenblocks weit, sahen überall dasselbe Ergebnis: Tote und Sterbende, noch mehr Tote und
    Sterbende. Sie hatten den Geschmack des Triumphs im Mund, als sie zu ihren Fahrzeugen zurückkehrten. Die Motoren der Range Rover sprangen an, sobald sie eingestiegen waren, und dann fuhren sie kreuz und quer durch das gesamte Gebiet mit einer halben Meile Radius, das nach Dr. Schiffers Aussage der Reichweite des NX 20
    entsprach. Spalko stellte befriedigt fest, dass der gute Doktor weder gelogen noch übertrieben hatte.
    Wie viele Menschen werden tot sein oder im Sterben liegen, wenn die Nutzlast nach etwa einer Stunde aufgebraucht ist?, fragte er sich. Bei tausend hatte er zu zählen aufgehört, aber er rechnete mit dreimal, vielleicht sogar fünfmal so vielen Opfern.
    Bevor sie die Totenstadt verließen, erteilte Spalko einen weiteren Befehl, und seine Fahrer legten Brände, wobei sie wirksame Brandbeschleuniger benützten. Sofort stiegen hohe Flammenwände zum Himmel auf, die sich rasch ausbreiteten.
    Der Großbrand war ein erfreulicher Anblick. Er würde tarnen, was heute Morgen hier passiert war, denn davon durfte niemand erfahren – wenigstens nicht, bevor ihr Attentat auf das Gipfeltreffen in Reykjavik durchgeführt war.
    In nur achtundvierzig Stunden ist’s so weit , dachte Spalko triumphierend. Nichts kann uns mehr aufhalten.
    Jetzt ist die Welt mein.
    Teil drei
    Kapitel einundzwanzig
    »Ich fürchte, dass du innere Blutungen hast«, sagte Annaka, während sie nochmals die stark verfärbte Prellung an Bournes Seite begutachtete. »Wir müssen dich ins Krankenhaus schaffen.«
    »Soll das ein Witz sein?«, fragte er. Tatsächlich waren die Schmerzen viel schlimmer geworden, sodass er bei jedem Atemholen das Gefühl hatte, mehrere Rippen seien zersplittert. Aber eine Behandlung im Krankenhaus kam nicht in Frage; schließlich wurde nach ihm gefahndet.
    »Also gut«, räumte Annaka ein, »dann zu einem Arzt.«
    Sie hob eine Hand, um seine Einwände abzuwehren.
    »Istvan, der Freund meines Vaters, ist unbedingt diskret.
    Mein Vater hat ihn schon mehrmals hinzugezogen, auf Istvan war immer Verlass.«
    Bourne schüttelte den Kopf. »Geh in die Apotheke, wenn’s sein muss – nicht mehr.«
    Bevor er sich die Sache anders überlegen konnte, griff Annaka nach Mantel und Umhängetasche und versprach, so schnell wie möglich zurückzukommen.
    In gewisser Beziehung war er froh, sie für eine Weile los zu sein, denn er musste mit seinen Gedanken allein sein. Auf dem

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