Das Bourne-Vermächtnis
letzter Zeit in regem Briefkontakt.« Sie rührte Sahne in ihren Kaffee. »Die beiden waren immer gute Freunde, wissen Sie.«
»Bei dieser Korrespondenz ging es also um private Dinge«, sagte Bourne.
»Nicht unbedingt.« Eszti Sido runzelte die Stirn. »Ich hatte eher den Eindruck, sie habe mit ihrer Arbeit zu tun.«
»Sie wissen nicht zufällig, woran die beiden gearbeitet haben, Eszti? Ich bin schon länger auf der Suche nach meinem Cousin und fange allmählich an, mir Sorgen zu machen. Alles, was Sie oder Ihr Mann mir erzählen könnten, wäre eine große Hilfe für mich.«
»Natürlich, David, das verstehe ich völlig.« Sie biss zierlich ein kleines Stück Hefezopf ab. »Peter würde sich bestimmt freuen, Sie zu sehen. Im Augenblick ist er allerdings im Labor.«
»Sind Sie so freundlich, mir seine Telefonnummer zu geben?«
»Oh, die würde Ihnen nichts nützen. Im Labor geht Peter nie ans Telefon. Sie müssen zur Klinik Eurocenter Bio-I, 75 Hattyu utca, fahren. Dort passieren Sie erst einen Metalldetektor, dann müssen Sie sich am Empfang melden.
Die dortige Forschungsarbeit bedingt außergewöhnliche Sicherheitsmaßnahmen. Für seine Abteilung sind spezielle Ausweise vorgeschrieben: weiße für Besucher, grüne für angestellte Ärzte, blaue für Assistenten und sonstige Mitarbeiter.«
»Danke für diese Informationen, Eszti. Darf ich fragen, worauf Ihr Mann spezialisiert ist?«
»Hat Felix Ihnen das nicht erzählt?«
Bourne nahm einen Schluck von dem köstlichen Kaffee. »Wie Sie bestimmt wissen, leidet Felix an Geheimhaltungssucht. Er hat nie mit mir über seine Arbeit gesprochen.«
»Natürlich nicht!« Eszti Sido lachte. »So ist Peter, und das ist mir wegen der beängstigenden Dinge, die er beruflich tut, gerade recht. Wüsste ich mehr darüber, hätte ich bestimmt Albträume. Er ist Epidemiologe, wissen Sie.«
Bournes Herz schien einen Schlag auszusetzen. »Be
ängstigend, sagen Sie. Dann arbeitet er bestimmt mit allen möglichen grässlichen Krankheitserregern. Argentinisches hämorrhagisches Fieber, Lungenpest, Milzbrand …«
Eszti Sidos Miene verfinsterte sich. »Meine Güte, meine Güte, bitte!« Sie winkte mit einer rundlichen Hand ab. »Das sind genau die Sachen, mit denen Peter arbeitet, aber von denen will ich nichts wissen.«
»Entschuldigung.« Bourne beugte sich nach vorn und goss ihr Kaffee nach, wofür sie sich erleichtert bedankte.
Sie lehnte sich zurück, nippte an ihrem Kaffee, richtete den Blick nach innen. »Wissen Sie, David, wenn ich darüber nachdenke, fällt mir ein Abend vor nicht allzu langer Zeit ein, an dem Peter sehr aufgeregt nach Hause kam. Tatsächlich war er so aufgeregt, dass er sich ausnahmsweise vergessen und mir etwas erzählt hat. Ich war dabei, das Abendessen zuzubereiten, und er kam ungewöhnlich spät heim, und ich musste mit sechs Dingen gleichzeitig jonglieren … ein Braten wird leicht trocken, wissen Sie, deshalb hatte ich ihn aus dem Rohr genommen, aber gleich wieder hineingestellt, als Peter heimkam. An diesem Abend war ich ziemlich wütend, das können Sie mir glauben!« Sie trank noch einen Schluck Kaffee. »Wo war ich gleich wieder?«
»Dr. Sido kam ganz aufgeregt nach Hause …«, soufflierte Bourne.
»Ah, ganz recht.« Sie aß wieder ein kleines Stück Hefezopf. »Er habe Kontakt mit Felix gehabt, hat er gesagt, und von ihm erfahren, er habe bei der Entwicklung des
… Dings , an dem er seit über zwei Jahren arbeitet, einen Durchbruch erzielt.«
Bournes Kehle war wie ausgetrocknet. Eigentlich verrückt, dass das Schicksal der Welt jetzt in den Händen einer Hausfrau lag, mit der er behaglich Kaffee trank und selbst gebackenen Hefezopf aß. »Hat Ihr Mann erzählt, worum es sich dabei gehandelt hat?«
»Natürlich hat er das getan!«, sagte Eszti Sido lebhaft.
»Deshalb war er doch so aufgeregt. Es war ein Gerät zum Versprühen biochemischen Materials – ein Diffusor –
was immer das sein mag. Nach Peters Darstellung ist das Außergewöhnliche daran, dass er tragbar ist. Er lasse sich in einem Gitarrenkoffer tragen, hat er gesagt.« Ihr freundlicher Blick streifte ihn. »Ist das nicht ein interessantes Bild, wenn’s um ein wissenschaftliches Gerät geht?«
»Sehr interessant«, sagte Bourne, dessen Verstand eifrig damit beschäftigt war, weitere Teile des Puzzles zusammenzufügen, das ihm schon mehrmals fast den Tod gebracht hatte.
Er stand auf. »Tut mir Leid, Eszti, aber ich muss weiter. Vielen Dank für Ihre Zeit und Ihre
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