Das Bourne-Vermächtnis
beobachten zu können, wie zwei Männer und eine Frau einen Mann auf einer Tragbahre zum Aufzug geschafft haben.«
»Die Frau muss Annaka Vadas gewesen sein«, sagte
Chan.
»Eine tolle Frau!«
»Hören Sie mir gut zu, Ethan«, sagte Chan eindringlich. »Sollten Sie ihr je begegnen, seien Sie verdammt vorsichtig. Diese Frau ist gefährlich.«
»Schade«, sagte Hearn bedauernd.
»Sind Sie gesehen worden?« Chan wollte ihn von Annaka Vadas abbringen.
»Nein«, bestätigte Hearn. »Ich habe gut aufgepasst.«
»Gut.« Chan überlegte kurz. »Können Sie feststellen, wohin sie diesen Mann gebracht haben? An welchen genauen Ort?«
»Das weiß ich bereits. Ich habe die Liftanzeige beobachtet, als sie mit ihm nach oben gefahren sind. Er ist irgendwo im dritten Stock. Das ist Spalkos Privatbereich; er ist nur mit einer Magnetkarte zugänglich.«
»Können Sie mir die beschaffen?«, fragte Chan.
»Unmöglich. Er trägt sie ständig bei sich.«
»Dann muss ich einen anderen Weg finden«, sagte Chan.
»Ich dachte, Magnetkarten wären fälschungssicher.«
Chan lachte humorlos. »Das glauben nur Dummköpfe. Es gibt immer eine Möglichkeit, in verschlossene Räume zu gelangen, Ethan – genau wies immer einen Weg hinaus gibt.«
Er stand auf, legte Geld auf den Tisch und verließ das Café. Im Augenblick wollte er nicht allzu lange an einem Ort bleiben. »Weil wir gerade beim Thema sind: Ich brauche eine Möglichkeit, in die Zentrale von Humanistas zu gelangen.«
»Es gibt jede Menge …«
»Ich habe Grund zu der Annahme, dass Spalko mich
erwartet.« Chan überquerte die Straße und achtete dabei auf etwaige Beschatter.
»Das ist etwas ganz anderes«, stimmte Hearn zu. Nun folgte eine Pause, in der er über das Problem nachdachte, bevor er sagte: »Augenblick, bleiben Sie dran. Ich muss in meinem PDA nachsehen. Vielleicht habe ich etwas für Sie.«
Chan wartete ungeduldig.
»Okay, bin wieder da.« Der junge Mann lachte kurz.
»Ich habe tatsächlich etwas, das Ihnen bestimmt gefallen wird.«
Arsenow und Sina erreichten das Haus eineinhalb Stunden nach den anderen. Die Männer des Teams hatten inzwischen Jeans und Arbeitshemden angezogen und den ersten ihrer drei Vans in die Garage gefahren und fachmännisch abgeklebt. Während die Frauen die von Arsenow und Sina eingekauften Lebensmittel übernahmen, bedienten die Männer sich aus der für sie bereitstehenden Kiste mit Handfeuerwaffen und halfen dann, das Umspritzen des Fahrzeugs vorzubereiten.
Arsenow befestigte die von Spalko zur Verfügung gestellten Fotos als Muster an der Garagenwand, und sie machten sich daran, den Van wie einen Wagen aus dem staatlichen Fuhrpark zu lackieren. Während die Farbe trocknete, fuhren sie den zweiten Van in die Garage. Mit vorbereiteten Schablonen brachten sie auf beiden Wagenseiten den Firmennamen Hafnarfjördur Obst & Gemüse an.
Dann gingen sie ins Haus zurück, in dem es bereits appetitlich nach dem Essen duftete, das die Frauen gekocht hatten. Bevor sie sich an den Tisch setzten, verrichteten sie ihr Abendgebet. Sina, die vor Aufregung wie unter Strom stand, war kaum richtig anwesend und leierte die Gebetsformeln mechanisch herunter, während sie an den Scheich und ihre Rolle bei dem morgigen Triumph dachte.
Die Unterhaltung beim Abendessen war angeregt, weil alle durch den Fluss von Spannung und Vorfreude animiert waren. Arsenow, der solche Lockerheit sonst missbilligte, gestattete ihnen dieses Ventil für ihre Nervosität
– aber nur für beschränkte Zeit. Während die Frauen das Geschirr abtrugen und den Abwasch machten, führte er die Männer in die Garage zurück, wo sie an dem »staatlichen« Fahrzeug die offiziellen Aufkleber und Markierungen anbrachten. Dann stellten sie den Wagen draußen ab, holten den dritten Van herein und spritzten ihn in den Farben von Reykjavik Energy um.
Danach waren alle erschöpft und gingen zu Bett, weil sie morgen sehr früh würden aufstehen müssen. Trotzdem ging Arsenow ihre Aufgaben im Rahmen des Unternehmens nochmals mit ihnen durch, wobei er darauf bestand, dass nur Isländisch gesprochen wurde. Er wollte sehen, wie mentale Erschöpfung sich auf sie auswirkte. Nicht, dass er an ihnen gezweifelt hätte. Seine neun Landsleute hatten ihm ihren Wert längst bewiesen. Sie waren körperlich kräftig, mental belastbar und kannten – was vielleicht am wichtigsten war – weder Reue noch Erbarmen. Aber keiner von ihnen hatte jemals an einem Unternehmen dieser Größe und dieser
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