Das Bourne-Vermächtnis
spät.« Er tippte aufs Quarzglas des Chronometers an seinem Handgelenk. »Ich fürchte, Mr. Bourne, dass mein wundervolles Amüsement zu Ende geht. Ich will Ihnen nicht verhehlen, dass Sie mir eine fantastische Nacht beschert haben.« Er lachte bellend. »Was mehr ist, als ich für Sie getan habe, möchte ich meinen.«
Das Sandwich war genau seinen Anweisungen entsprechend in zwei gleichseitige Dreiecke zerschnitten.
Spalko griff nach einem, biss davon ab und kaute langsam und genüsslich. »Wissen Sie, Mr. Bourne, ein Sandwich mit Schinken, Tomate und Salat taugt nur etwas, wenn der gekochte Schinken frisch und nicht zu dünn geschnitten ist.«
Er schluckte, legte das angebissene Stück weg, setzte das Kristallglas an die Lippen und nahm einen Schluck Bordeaux. Dann schob er den Stuhl zurück, stand auf und ging zu Jason Bourne hinüber, der angeschnallt auf dem Zahnarztstuhl saß. Der Kopf hing ihm auf die
Brust, und in einem halben Meter Umkreis um ihn waren überall Blutspritzer zu sehen.
Spalko hob Bournes Kopf mit zwei Fingern seiner behandschuhten Linken hoch. Die von endlosen Qualen glanzlosen Augen waren von dunklen Ringen umgeben, und das bleiche Gesicht wirkte blutleer. »Bevor ich gehe, muss ich Ihnen von der Ironie des Ganzen erzählen. Die Stunde meines Triumphs steht bevor. Was Sie wissen, spielt keine Rolle mehr. Ob Sie reden oder nicht, ist nicht mehr wichtig. Entscheidend ist nur, dass ich Sie hier habe: gefesselt und ohnmächtig.« Er lachte. »Welch schrecklichen Preis Sie für Ihr Schweigen bezahlt haben.
Und wofür, Mr. Bourne? Für nichts!«
Chan sah den Wachmann auf dem Korridor vor dem
Aufzug stehen und zog sich lautlos zur Tür zum Treppenhaus zurück. Durch das in die Tür eingelassene Drahtglasfenster konnte er zwei bewaffnete Wachleute sehen, die im Treppenhaus standen und rauchten. Ungefähr alle fünfzehn Sekunden warf der eine oder andere Mann einen Blick durch das Fenster, um den Korridor im fünften Stock zu kontrollieren. Die Treppe war zu gut gesichert.
Er kehrte um, ging ganz normal und entspannt den
Korridor entlang, zog unterwegs die Luftpistole, die er von Oszkar gekauft hatte, und hielt sie an den rechten Oberschenkel gedrückt. Sowie der Wachmann ihn sah, riss Chan die Luftpistole hoch und schoss ihm einen kleinen Bolzen in den Hals. Die Chemikalie in der Spitze lähmte den Mann, und er brach auf der Stelle zusammen.
Chan schleifte den Bewusstlosen gerade in die Herrentoilette, als die Tür sich öffnete und ein zweiter Wachmann erschien, dessen Maschinenpistole auf Chans Brust zielte.
»Halt, keine Bewegung«, sagte er. »Lassen Sie die Waffe fallen und zeigen Sie mir Ihre leeren Hände.«
Chan tat wie befohlen. Als er die Hände ausstreckte, damit der Wachmann sie inspizieren konnte, löste er die starke Feder in einer innen an seinem Handgelenk verdeckt festgeklebten Scheide aus. Der Uniformierte klatschte sich mit einer Hand an den Hals. Der kleine Pfeil verursachte einen Schmerz wie ein Insektenstich. Aber der Mann merkte plötzlich, dass er nichts mehr sehen konnte.
Das war sein letzter Gedanke, bevor auch er bewusstlos zusammenbrach.
Chan schleifte die beiden Männer in die Toilette, dann drückte er den Rufknopf des Aufzugs. Sekunden später glitt die Doppeltür auf, als der Lift in seinem Stockwerk hielt. Er war mit einem Satz in der Kabine, drückte auf den Knopf mit der Zahl drei. Der Aufzug begann in die Tiefe zu sinken, aber als er am vierten Stock vorbei war, hielt er mit einem Ruck und blieb zwischen den Etagen hängen. Chan drückte auf sämtliche Knöpfe, aber das nützte nichts. Der Aufzug steckte fest, was zweifellos beabsichtigt war. Er wusste, dass ihm nur sehr wenig Zeit blieb, um sich aus der Falle zu befreien, die Spalko ihm gestellt hatte.
Er kletterte auf das in der Kabine umlaufende Geländer und streckte sich nach der in die Decke eingelassenen Wartungsöffnung. Als er die Luke schon aufstoßen wollte, ließ er die Hand sinken und sah genauer hin. Was war dieses metallische Glitzern? Er holte die kleine Stablampe aus der Werkzeugtasche, die Oszkar ihm mitgegeben hatte, und richtete den Lichtstrahl auf die Schraube in der hintersten Ecke. Sie war mit einer dünnen Kupferlitze umwickelt. Eine Sprengfalle! Chan wusste jetzt, dass er eine auf der Kabine angebrachte Sprengladung zünden würde, sobald er versuchte, die Luke aufzustoßen.
In diesem Augenblick warf ein Ruck ihn vom Geländer, und die Kabine begann, in allen Fugen
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