Das Bourne-Vermächtnis
entlang zu einem Citroën mit laufendem Motor und arbeitenden Scheibenwischern, in dem ein Mann unbestimmten Alters am Steuer saß. Sie öffnete die Beifahrertür und stieg bei ihm ein.
Diese Szene wäre nicht weiter ungewöhnlich gewesen, wenn Bourne die Frau nicht schon einmal an der Tankstelle gesehen hätte. Sie hatte Jacques wegen des Luftdrucks in ihrem rechten Vorderreifen angesprochen.
Sûreté!
Er hastete ins Wohnzimmer, wo Robbinet noch immer telefonierte. Sobald der Minister Bournes Gesichtsausdruck sah, beendete er sein Gespräch.
»Was gibt’s, mon ami? «
»Wir werden beobachtet«, sagte Bourne.
» Was? Wie ist das möglich?«
»Keine Ahnung, aber drüben auf der anderen Straßenseite sitzen zwei Sûreté-Agenten in einem schwarzen Citroën.«
Mylene kam aus der Küche herein. »Zwei weitere überwachen die Straße hinter der Wohnanlage. Aber keine Sorge, sie wissen noch nicht mal, in welchem Gebäude ihr seid.«
In diesem Augenblick wurde an der Wohnungstür geklingelt. Bourne zog seine Pistole, aber Mylenes Augen blitzten warnend. Auf ihre Kopfbewegung hin verschwanden Bourne und Robbinet nach nebenan. Sie öffnete die Wohnungstür und sah einen ziemlich zerknitterten Inspektor vor sich.
»Alain, bonjour «, sagte sie.
»Entschuldige, dass ich dich im Urlaub störe«, sagte Inspektor Savoy verlegen grinsend, »aber ich habe unten im Wagen gesessen, und da ist mir plötzlich eingefallen, dass du hier wohnst.«
»Willst du nicht reinkommen? Möchtest du eine Tasse Kaffee?«
»Nein, vielen Dank. Keine Zeit, keine Zeit.«
Sehr erleichtert fragte Mylene: »Und wozu sitzt du vor meinem Haus im Auto?«
»Wir warten auf Jacques Robbinet.«
Sie machte große Augen. »Du meinst den Kulturminister? Aber was täte der ausgerechnet in Goussainville?«
»Da kann ich auch nur raten«, bestätigte Inspektor Savoy. »Trotzdem ist sein Wagen hier in der Nähe geparkt.«
»Der Inspektor ist zu clever für uns, chérie. « Jacques Robbinet, der sich dabei sein weißes Hemd zuknöpfte, kam mit großen Schritten ins Wohnzimmer. »Er hat uns aufgespürt.«
Mylene, die Savoy den Rücken zukehrte, funkelte
Robbinet warnend an. Er erwiderte ihren Blick unbekümmert lächelnd.
Seine Lippen streiften ihre, als er sich neben ihr aufbaute.
Inspektor Savoy wand sich inzwischen vor Verlegenheit. »Minister Robbinet, ich hatte keine Ahnung … ich wollte bestimmt nicht stören …«
Robbinet hob eine Hand. »Schon gut, aber wieso sind Sie auf der Suche nach mir?«
Sichtlich erleichtert zeigte Savoy das körnige Foto von Jason Bourne vor. »Wir fahnden nach diesem Mann,
Minister. Er ist ein berühmter CIA-Killer, der zum Verbrecher geworden ist. Wir haben Grund zu der Annahme, dass er Sie ermorden will.«
»Aber das ist ja schrecklich, Alain!«
Bourne beobachtete diese Farce durch einen Spalt der Esszimmertür und hatte den Eindruck, dass Mylene echt schockiert wirkte.
»Ich kenne diesen Mann nicht«, sagte Robbinet, »und weiß auch nicht, warum er mir nach dem Leben trachtet.
Aber wer kann sich schon in einen Attentäter hineinversetzen?« Er zuckte mit den Schultern und wandte sich Mylene zu, die ihm Sakko und Tweedmantel hinhielt.
»Aber ich werde trotzdem möglichst schnell nach Paris zurückkehren.«
»Nur in unserer Begleitung«, sagte Savoy nachdrücklich. »Sie fahren mit mir, und meine Kollegin fährt Ihren Dienstwagen.« Er streckte eine Hand aus. »Wenn Sie so freundlich sein wollen …«
»Wie Sie meinen.« Robbinet gab die Peugeotschlüssel ab. »Ich vertraue mich Ihnen an, Inspektor.«
Als er sich umdrehte und Mylene in die Arme schloss, zog Savoy sich diskret zurück und sagte, er werde auf dem Flur warten.
»Geh mit Jason in die Tiefgarage hinunter«, flüsterte Robbinet ihr ins Ohr. »Nimm meinen Aktenkoffer mit und gib ihm den Inhalt, kurz bevor ihr euch trennt.« Er nannte die Kombination des Zahlenschlosses, und sie nickte.
Mylene blickte zu ihm auf, dann küsste sie ihn plötzlich auf den Mund und sagte: »Behüt dich Gott, Jacques.«
Seine Reaktion bestand daraus, dass seine Augen sich sekundenlang weiteten. Dann war er fort, und Mylene durchquerte rasch das Wohnzimmer.
Als sie halblaut seinen Namen rief, trat Bourne aus dem Esszimmer. »Wir müssen den Vorteil, den Jacques Ihnen verschafft hat, bestmöglich nutzen.«
Bourne nickte. »D’accord.«
Mylene schnappte sich Robbinets Aktenkoffer. »Also los! Wir müssen uns beeilen!«
Sie öffnete die Wohnungstür,
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