Das Brandhaus - Roman
impulsiv«, stellte Irene fest.
»Genau.«
Obwohl Irene seine Ansicht teilte, wollte sie wissen, was er dachte.
»Wieso glaubst du, dass die Morde geplant waren?«, fragte sie.
»Niemand hat die Mädchen gesehen, bevor sie verschwanden. Niemand hat sie zusammen mit einem Fremden gesehen. Keines der Mädchen hat erzählt, dass sie verabredet gewesen wäre. Es gibt keine Spuren und keine Beweise. Der Mörder hatte Kontakt zu ihnen. Er hat sich mit ihnen verabredet. Und er hat sie dazu gebracht, darüber zu schweigen.«
»Und die Computer der Mädchen? Konnte man etwas darin finden?«
»Den Computer von Alexandra schaut sich Jens gerade an, der von Moa ist verschwunden.«
»Verschwunden?«
»Ja. Sie hatte einen von der Schule ausgeliehen. Was Tragbares. Sie war Legasthenikerin und besuchte eine Fördergruppe. Sie hatte einen Extralehrer. Ihre Mutter sagt, sie hätte diesen Laptop immer in ihrem Rucksack dabei gehabt. Die Schüler bekommen auch keinen neuen, wenn ihnen ihrer abhanden kommt.«
»Damit niemand in Versuchung kommt, seinen zu verkaufen«, meinte Irene sarkastisch.
»Vermutlich.«
Beide grübelten, während sie sich dem Präsidium näherten.
»Könnte nicht ihre versoffene Mutter ihn verkauft haben?«, fragte Irene.
»Nein. Ihre Mutter sagt, Moa hätte in der Siebten und Achten nur geschwänzt, aber seit sie in der Neunten in die Legasthenikergruppe gekommen sei, hätte sie sich offenbar am Riemen gerissen, und zwar wegen dieses Computers. Das Mädchen verbrachte mehrere Stunden täglich daran.«
»Hm. Weshalb bekomme ich solche bad vibes, wenn ich das höre?«, sagte Irene und warf Hannu auf dem Beifahrersitz einen Blick von der Seite zu.
Dieser nickte und sagte:
»Wir müssen Moas Computer finden. Ihr Handy ist ebenfalls verschwunden. Wir sollten versuchen, heute Vormittag noch in Gårdsten vorbeizufahren. Zwei Kollegen befragen gerade Moas Lehrer und ihre Klassenkameraden. Aber ich würde mich gerne noch einmal mit ihrer Mutter unterhalten.«
»Die Ärmste. Jetzt hat sie ihre beiden Kinder verloren. Der Sohn hat sich zu Tode gefahren, und die Tochter wurde ermordet.«
»Tja. Manche Leute werden wirklich vom Schicksal gebeutelt. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das immer nur Zufälle sind«, meinte Hannu.
»Du meinst, dass auch Faktoren wie das soziale Umfeld und Ähnliches eine Rolle spielen?«
»Ja. Mein Eindruck von Moas Mutter ist, dass sie... abwesend ist, und zwar in jeder Beziehung.«
»Wie meinst du das?«
»Sie ist Alkoholikerin und zieht mit ihren Saufkumpanen rum. Manchmal ist sie tagelang verschwunden, laut Jugendamt.«
Irene dachte eine Weile über seine Worte nach.
»Es gibt eine Verbindung zwischen Moa und Alexandra. Als ich mit Jonny gestern Abend in Torslanda war, war ihr Vater sturzbetrunken. Es war kein vernünftiges Wort aus ihm herauszubringen. Erst dachte ich, es beruhe auf seiner Trauer um die Tochter, aber ich weiß nicht... Die Mutter schien vollkommen verzweifelt zu sein, aber ihr Mann war ihr keine Stütze. Sie hielten sich in unterschiedlichen Stockwerken auf, als wir dort eintrafen. Es hatte den Anschein, als könnte der Abstand zwischen ihnen nicht groß genug sein. Ich hatte das Gefühl...«
Sie unterbrach sich und versuchte ihr Gefühl in Worte zu fassen, ehe sie fortfuhr:
»Das Haus ist wahnsinnig schick. Alexandra hat ein eigenes Pferd. Ihr Vater war bereits einmal verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder, die bei der Mutter in Gävle aufgewachsen sind. Beide wohnen inzwischen in Stockholm und sind um die
dreißig. Es hat nicht den Anschein, als hätten sie im Laufe der Jahre sonderlich viel Kontakt zu ihrem Vater gehabt. Die Mutter ist dreiundzwanzig Jahre jünger als der Vater. Alexandra ist ihr einziges Kind. Beide Eltern arbeiten viel. Ich hatte das Gefühl, dass Alexandra ein recht einsames Mädchen gewesen sein muss. Klar, sie hatte ihr Pferd und das Reiten, aber... sie wirkte einsam.«
Hannu nickte. Ein Polizist musste sich auf seine Intuition verlassen können.
Die nächste Person auf ihrer Liste trafen sie in seinem Frisiersalon an. Der Mann war gerade mit einem Kunden fertig geworden und führte die Beamten in ein kleines Kaffeezimmer, das sich hinter einem rasselnden Bambusvorhang verbarg. Er hieß Bengt Robertsson und war 43 Jahre alt. Sein dünnes, blondiertes Haar war recht kurz geschnitten, und sein ordentlich getrimmter Schnurrbart war an den Spitzen gewachst und optimistisch hochgezwirbelt. Für den Zeitpunkt des Mordes
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