Das Brandhaus - Roman
hinter ihm wurde das Bild einer altertümlichen Pistole projiziert, die auf den ersten Blick wie eine FN-Browning aussah. Als Irene sie eingehender betrachtete, sah sie einen fünfeckigen Stern auf dem Griff. Zwischen den Spitzen standen die Buchstaben CCCP. Tommy warf das nächste Bild an die Wand.
»Das ist der Teppich. Laut Spurensicherung ist er echt und sehr wertvoll. Er ist 2,20 m lang und 90 cm breit. Das Blut
darauf stammt vermutlich von dem Toten, aber das wird im Augenblick noch überprüft. Die Spurensicherung meldet sich, wenn sie sich eingehender dazu äußern kann.«
Nach kurzem Blättern in den Papieren, die vor ihm lagen, fuhr Tommy fort:
»Um auf die Mumie zurückzukommen: Der Tote ist 181 cm groß und schmächtig. Das aschblonde Haar ist bereits gelichtet. Er hat ordentliche Zähne, allerdings einige Amalgamfüllungen. Im linken Oberkiefer hat er eine kleinere Brücke, und deswegen sind die Gerichtsmediziner zuversichtlich, dass sie ihn mit Hilfe des Zahnstatus identifizieren können. Er trug blaue Unterhosen der Marke Jockey, weiße Frotteesocken, eine dunkelblaue Cordhose, stabile schwarze Halbschuhe und ein hellblaues Hemd, weiterhin einen weinroten Pullunder mit dem Krokodil auf der linken Brustseite und eine dunkelblaue Seglerjacke der Marke Helly Hansen. Sie hat ein herausnehmbares rotes Nylonfutter. Am linken Handgelenk trug er eine Armbanduhr, ein Werbegeschenk von Reader’s Digest. Wir versuchen gerade, ihn in den Verzeichnissen über vermisste Personen zu finden.«
»Gibt es schon irgendwelche interessanten Namen?«, wollte Efva Thylqvist wissen.
Wie immer trank sie Kaffee mit einem Schuss Milch und verzichtete auf das Gebäck. Aus reinem Trotz nahm sich Irene eine weitere Zimtschnecke und leckte sich zuletzt noch sorgfältig Zimt und Perlzucker von den Fingerspitzen. Kindisch, gewiss, aber anschließend ging es ihr bedeutend besser. Allerdings würde sie ein paar Kilometer zusätzlich joggen müssen, damit sich die Zimtschnecke nicht an den Hüften festsetzte. Andererseits hatte sie noch nicht zu Mittag gegessen. Die unerwartete Entdeckung von Kicki Olssons Leiche hatte zur Folge gehabt, dass Irene und Hannu erst eine Viertelstunde zuvor im Präsidium eingetroffen waren. Sobald die Spurensicherung in der Wohnung fertig war, wollten sie noch einmal nach Gårdsten fahren, aber wahrscheinlich würde das noch bis zum nächsten Tag dauern. Es bestand kein Zweifel, dass es sich um Suizid
handelte, aber sie mussten die Wohnung trotzdem durchsuchen, schon allein deswegen, weil sie dort Moas Computer und ihr Handy zu finden hofften. Irene verstimmte der Gedanke an die dysfunktionale Familie: ein Sohn, der sich totgefahren hatte, eine Tochter, die ermordet worden war, und eine Mutter, die nun Selbstmord begangen hatte. Teilweise konnte sie Kicki Olssons Tat verstehen. Vielleicht waren es ja die Kinder gewesen, die sie noch auf den Beinen gehalten hatten. Und nach dem Verlust von Moa hatte ihr Leben endgültig keinen Sinn mehr gehabt.
»Ich habe gerade die Vermisstenliste bekommen. Ich denke, wir finden ihn. Dieser Mann ist erst kürzlich verschwunden. Er muss also darauf stehen.«
Voller Überzeugung hielt Tommy das Papier hoch.
Schön, dass wenigstens einer optimistisch ist, dachte Irene.
Spaghetti mit Hackfleischsauce von Krister zubereitet schmeckten wie immer wunderbar, obwohl er darauf bestand, das Gericht Spaghetti Bolognese zu nennen. Ketchup war bei ihm natürlich verpönt. Die Sauce bereitete er aus reifen Fleischtomaten, Knoblauch, Basilikum, einem ordentlichen Schuss Rotwein und frischem Hackfleisch zu, das er in der Markthalle am Kungstorget kaufte. »Ich will mir das Fleisch anschauen können, bevor sie es kleinhacken«, pflegte er zu sagen. Das hatte er immer so gehalten, schon bevor ruchbar geworden war, dass in den Läden abgepacktes Hackfleisch umetikettiert worden war. Essen war nicht nur sein Beruf, sondern auch seine Leidenschaft. Er war Küchenchef in einem bekannten Gourmetrestaurant in Göteborg, das einen Stern im Michelin-Restaurantführer hatte.
»War der Tag anstrengend, Schatz?«, fragte Krister und goss Irene ein Glas Wein ein.
»Danke, ich will nur ein halbes Glas... ich muss morgen früh raus... ja, es war ein ungewöhnlich harter Tag. Ich fühle mich wirklich etwas down.«
Irene beklagte sich über Efva Thylqvist, die sich weigerte,
die Arbeitsbelastung des Dezernats zu vermindern, indem sie Birgittas freie Stelle neu besetzte. Und sie erzählte kurz
Weitere Kostenlose Bücher