Das Brandhaus - Roman
war nie unten im Keller. Nicht einmal, als ich auszog. Meine wenigen Habseligkeiten hatte ich alle in der Wohnung. Im Bad hatten wir eine kleine Waschmaschine. Im Keller soll es zwar eine Waschküche gegeben haben, aber die habe ich mir nie angeschaut.«
»Und Per-Olof?«
»Wohl auch nicht. Wir hatten schließlich unsere eigene Maschine. Die Wäsche haben wir zum Trocknen über der Badewanne aufgehängt. Das haben die alten Schwestern Kjellberg auch so gemacht.«
Staffan erhob sich, um noch mal Kaffee zu holen. Sven Andersson wollte auch noch eine weitere Tasse. Er nutzte die Zeit, um sich die nächste Frage zu überlegen, und bemerkte, dass er einen Punkt, der förmlich auf der Hand lag, vergessen hatte.
»Der Kaffee schmeckt hier wirklich nicht übel. Oder vielleicht bin ich ja auch schon so abgestumpft«, sagte Staffan, als er die vollen Tassen wieder auf die Untertassen stellte.
Vorsichtig nippte er an seinem heißen Kaffee.
»Wusste Adelskiöld, dass Per-Olof und Sie... schwul waren?«, fragte Andersson.
Er hörte selbst das Zögern in seiner Stimme. Es ärgerte ihn, dass ihm das Wort schwul nicht ganz geläufig über die Lippen kam. Staffan sah ihn amüsiert an und sagte dann:
»Er hat uns nie gefragt und auch nie was gesagt. Ehrlich gesagt glaube ich, dass es ihm vollkommen gleichgültig war, solange wir uns anständig benahmen und die Miete zahlten. Ich hatte den Mietvertrag, Perra zog nach ein paar Monaten bei mir ein. Aber schließlich kommt es häufiger vor, dass sich Studenten eine Wohnung teilen, ohne deswegen gleich homosexuell zu sein. Ist eben einfach billiger.«
Andersson nickte und fuhr unverdrossen mit seinen Fragen fort.
»Haben Sie gesehen, ob Adelskiöld Besuch bekam?«
»Das kam vermutlich hin und wieder vor. Aber ich kann mich nur an einmal erinnern. Im Vergnügungspark Liseberg war irgendein Konzert. Da erhielt Calle Besuch von einem Paar. Einem Mann und einer Frau. Ich glaube, er sagte, es seien Verwandte. Jedenfalls verließen die drei das Haus gemeinsam, um sich das Konzert anzuhören. Es war wunderbares Wetter.«
»Erinnern Sie sich, wann das gewesen sein könnte?«
»Im Spätsommer’83. Mitte August. Ich arbeitete nämlich den ganzen Sommer als Pflegehelfer im Vasa Krankenhaus. Als ich von der Arbeit nach Hause kam, stieß ich in der Haustür mit Calle und seinen Verwandten zusammen. Sie gingen gerade.«
Bei dem Paar handelt es sich sicher um Oscar und Astrid Leutnerwall, dachte Andersson.
Es hatte den Anschein, als hätte Calle Adelskiöld ein recht zurückgezogenes Leben in seinem Holzhaus am Korsvägen gelebt. Und zwar aus freien Stücken, laut seiner Cousine und seinem Cousin. Sich selbst genug und um ungestört trinken zu können, laut Staffan Molander. Sicher hatten alle drei recht.
Es regnete in Strömen, als Sven Andersson einparkte. Mittlerweile war es fast unmöglich, in der Nähe des Präsidiums noch einen Parkplatz zu finden. Die gesamte Umgebung war im Prinzip eine riesige Baustelle. In ein paar Jahren würden Präsidium, Untersuchungsgefängnis und Gericht im selben Gebäude untergebracht sein. Dann würde man auch niemanden mehr zwischen Untersuchungsgefängnis und Gericht hin- und herfahren müssen. Sicher ein kluger Gedanke, aber Andersson hätte gerne gewusst, was sich die Schlaumeier von der Planungsbehörde hinsichtlich der Autos überlegt hatten. Insbesondere auch deswegen, weil das Scandinavium, eine Veranstaltungshalle, und das neue Ullevi-Stadion nur wenige hundert Meter entfernt lagen. Bis zum Messegelände, Svenska Mässan, und zum gigantischen Hotel Gothia Towers war es auch nicht weit. Das Hotel sollte noch dazu ausgebaut werden. Es gab immer mehr Veranstaltungsorte und immer weniger
Parkplätze. Eine unmögliche Gleichung, für die es nur ein Ergebnis geben konnte: Chaos!
Andersson war vollkommen durchnässt, als er das Präsidium betrat. Er schob seine Karte in den Kartenleser an der Sicherheitstür und ging dann Richtung Aufzug weiter. Während er wartete, bildete sich unter ihm eine große Pfütze. Ein nasser, aber alles in allem doch ergiebiger Tag, befand er.
Obwohl er gerade erst Kaffee getrunken hatte, steuerte er, nachdem er seinen tropfnassen Mantel aufgehängt hatte, sofort auf den nächsten Kaffeeautomaten zu. Die alte Kaffeemaschine, die jahrelang in seinem Büro gestanden hatte, war ein Jahr zuvor einem Kurzschluss erlegen. Im halben Dezernat war es damals dunkel geworden. Mittlerweile bediente er sich der Kaffeemaschinen
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