Das Brandhaus - Roman
im Pausenzimmer. Es hatte wenig Sinn, eine neue Kaffeemaschine anzuschaffen, wenn man bald in Rente ging. Er nahm gleich zwei Tassen mit. Fryxender wusste einen Schluck Kaffee bei ihren Unterhaltungen zu schätzen. Wie erwartet, fand Andersson ihn im Cold-Cases-Büro vor.
Andersson erzählte von seinem Gespräch mit Staffan Molander, während sie ihren Kaffee tranken. Als er fertig war, sah ihn Fryxender nachdenklich an und seufzte dann leise. Er kommentierte jedoch nicht das Gehörte. Stattdessen referierte er seine eigenen Nachforschungen.
»Eine der alten Frauen kann nicht mehr sprechen. Sie liegt in einem Pflegeheim und hat offenbar Alzheimer. Blieb also nur noch die andere«, konstatierte Fryxender.
»Und wo steckte die?«, wollte Andersson wissen.
»In Sydney. Australien.«
»Was zum Teufel hat sie da zu suchen?«
»Sie wohnt da. Ebenso wie ihre beiden Töchter, zu denen sie vor fünfzehn Jahren gezogen ist. Kluge Frau, finde ich. Da bleibt ihr dieses Sauwetter hier erspart«, sagte Fryxender und nickte Richtung Fenster.
»Da brennt es aber oft, und man bekommt Hautkrebs«, murmelte Andersson.
Er hatte für sengende Sonne und Wärme nicht viel übrig.
»Es ist mir gelungen, ihre Telefonnummer herauszufinden. Gestern habe ich sie am späten Abend angerufen. Sie frühstückte gerade. Du weißt schon, die Zeitverschiebung.«
»Ja, ja«, erwiderte Andersson.
Dieser Värmländer konnte die Sachen manchmal ganz schön in die Länge ziehen, es war jedoch unmöglich, ihn zu mehr Tempo zu bewegen. Andersson hatte inzwischen gelernt, das zu akzeptieren. Ruhig und methodisch arbeitete sich Leif Fryxender vorwärts.
»Sie heißt Margit Olsson und ist vierundachtzig. Vollkommen klar im Kopf. Sie konnte sich an Carl-Johan Adelskiöld sehr gut erinnern. Sie bestätigte, was wir bereits wissen. Nämlich, dass er schon mal ziemlich betrunken außer Haus angetroffen wurde, jedoch eher selten. Im Übrigen hielten sie und die anderen ABF-Damen ihn für einen Gentleman, der zurückgezogen lebte.«
»Das haben bislang alle gesagt«, stellte Andersson fest.
»Ja. Wir können vermutlich davon ausgehen, dass dieses Bild zutrifft. Ich frage mich, warum dieser extrovertierte Berufsdiplomat nach seiner Pensionierung die Isolation wählte.«
»Astrid Leutnerwall sagte doch, dass er sich dafür schämte, vom Außenministerium gefeuert worden zu sein.«
»Ja. Und das könnte auch stimmen. Aber sicher werden wir das vermutlich nie wissen. Jedenfalls kann sich Margit Olsson, was das Jahr’83 betrifft, an nichts Ungewöhnliches erinnern, außer dass die Ölheizung ausgetauscht wurde. Das dauerte den ganzen August und verursachte einen wahnsinnigen Lärm. Aber …«
Er hielt inne und trank einen Schluck Kaffee. Anschließend fuhr er fort:
»... sie erinnerte sich in der Tat an etwas. Am letzten Augusttag des Jahres 1983 hatte sie bis spät gearbeitet. Sie ist sich bei dem Datum sicher, da sie am Tag darauf nicht zur Arbeit ging. Ihr Auto war gestohlen worden und zwar in der Nacht zum 1. September. Deswegen erinnerte sie sich, dass, als sie es gerade abgeschlossen hatte, einer der jungen Burschen, die eine der
Wohnungen gemietet hatten, in Gesellschaft eines älteren Mannes das Haus betrat. Sie betraten also gemeinsam das Haus, ohne sie zu bemerken, und zwar schmusend. Es war dunkel, und sie sah sie nur einen Augenblick lang im Schein der Lampe neben der Haustür. Der ältere Mann war auffallend gut gekleidet. An mehr erinnert sie sich nicht.«
»Gut gekleidet? Dann war es also nicht dieser Adelskiöld?«
»Nein. Denn den hätte sie wiedererkannt. Sie schätzte das Alter dieses Mannes auf zwischen vierzig und fünfzig Jahre.«
»Der Einzige in der Geschichte, der zum fraglichen Zeitpunkt im richtigen Alter war, ist Mats Persson«, sagte Andersson.
Sobald er diese Worte ausgesprochen hatte, breitete sich ein Gefühl des Triumphs in ihm aus. Er hatte es gespürt! Vielleicht ging es ja wirklich um diese Schwuchteln und ihr widernatürliches Verhalten!
»Das könnte irgendjemand gewesen sein. Wir wissen bislang nur, dass einer der Burschen einen älteren Mann mit nach Hause brachte«, stellte Fryxender sachlich fest.
»Aber keinesfalls dieser Per-Olof. Laut Staffan stand er auf jüngere Männer bis höchstens fünfundzwanzig.«
»Pädophil?«
»Staffan Molander bestreitet es. Aber wer weiß...«
Fryxender zog die Brauen hoch und sagte nichts weiter.
»Es muss also Molander gewesen sein. Er sagte unumwunden, es gehe ihm
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