Das Brandhaus - Roman
flüsterte Gerd.
Irene nahm das Wasserglas vom Nachttisch und schob ihrer Mutter vorsichtig den dicken Strohhalm zwischen die Lippen. Gerd saugte vorsichtig daran.
»Danke«, murmelte sie und schloss dann wieder die Augen.
Im nächsten Augenblick war sie eingeschlafen. Irene bemerkte eine starke Rötung, die von ihrem einen Auge bis zum Wangenbein reichte. Sie verfärbte sich bereits blaulila. In ein paar Stunden würde sie sicher ein richtiges blaues Auge haben.
Als Irene zum Präsidium weiterfuhr, rief sie Krister an, um ihn über den Zustand seiner Schwiegermutter zu informieren.
»Sie soll am Vormittag geröntgt werden. Danach wollen die Ärzte entscheiden, was weiter geschieht. Die Schwester meinte, wir könnten nach 13 Uhr wieder anrufen. Ich habe ihnen auch deine Handynummer dagelassen, falls sie mich nicht erreichen können. Verdammt!«
Das Fluchen galt ein paar Jugendlichen, die bei Rot über eine Ampel rannten und derentwegen sie auf die Bremse steigen musste. Als sie den Wagen und ihre Angst wieder im Griff hatte, fuhr sie fort:
»Entschuldige, ich hätte gerade fast ein paar Jugendliche überfahren.«
Sie schluckte einige Male, um ihr Herz wieder an den rechten Platz zu bekommen. Sie hatte das Gefühl, als hätte es sich irgendwo verkeilt.
»Um auf Mama zurückzukommen. Es gibt da noch ein Problem. Ich muss mein Handy heute Nachmittag abstellen. Wir benutzen andere Mobiltelefone während des Einsatzes, und die dürfen wir nicht für Privatgespräche benutzen... nein, genau. Gegen fünf... bevor du zu arbeiten anfängst? Wunderbar! Dann rufe ich um eins dort an. Kuss!«
Sie schmatzte in den Hörer, damit er wissen sollte, wie sehr sie ihn dafür liebte, dass er immer für sie da war. Ohne ihn wäre der Alltag um einiges schwerer.
Sie waren ihren Plan am Vormittag noch einmal gründlich durchgegangen. Anschließend hatten sie bis zum Mittagessen an anderen Fällen gearbeitet. Irene rief in der Klinik an, bevor sie sich auf den Weg zum Essen machte. Die Schwester konnte ihr keine Auskunft geben, da Gerd noch nicht vom Röntgen zurück war.
Nach dem Essen trafen sie sich im Konferenzzimmer. Jetzt war My Björkman ebenfalls dabei. Sie sah aus wie bei ihrer letzten Begegnung, dieses Mal trug sie allerdings schwarzen
Nagellack. Irene fand nicht, dass das so ganz ihrem Stil entsprach, der kirschrote Nagellack, den sie bei ihrer ersten Begegnung getragen hatte, hatte ihr viel besser gestanden. Aber vermutlich sahen Fünfzehnjährige das anders. My war vollkommen ruhig und konzentriert.
Tommy Persson hatte einen Grundriss des Café Expresso an die Wand projiziert und deutete pädagogisch mit einem Laserzeigestock darauf. Der rote Punkt tanzte über das Bild, wenn er sich vergaß und gestikulierte.
»Wir müssen davon ausgehen, dass Mr. Groomer das Café im Auge hat. Es ist wichtig, dass wir uns vollkommen natürlich benehmen. Hier ist also der Eingang A. Der liegt Richtung Fahrkartenschalter. Davor stehen ein paar kleine Tische und Stühle. Dort nehme ich um etwa 17.40 Uhr Platz und lese Zeitung. Irene kommt zehn Minuten später vollbepackt mit Tüten und sieht so aus, als käme sie direkt vom Shoppen. Sie ist meine Kaufrausch-Gattin.«
Diese Bemerkung wurde mit allgemeinem Gelächter quittiert und lockerte die angespannte Stimmung etwas. Tommy lächelte über seinen eigenen Scherz und fuhr dann fort:
»Sie geht rein und holt sich einen Kaffee. Dann kommt sie wieder zu mir raus, und wir unterhalten uns. Wir konzentrieren uns also auf Eingang A.«
Er wandte sich an My Björkman und sagte:
»Sie treffen mit dem Bus um 17.56 Uhr ein. Åsa steht hinter der Tür, die zum Busbahnhof führt, und folgt Ihnen zum Café Expresso. Sie geht dann weiter zu dem Tisch beim Eingang B, an dem Fredrik sitzt. Sie holen sich eine Tasse Kakao und setzen sich an die Theke in der Mitte des Cafés. Dort sind immer freie Plätze, weil alle am Fenster sitzen und die Leute, die vorbeigehen, anglotzen wollen. Åsa und Sie kommen also als Letzte. Da haben die anderen bereits ihre Posten bezogen.«
Der rote Punkt blieb mitten im Café hängen. Dort war ein langer Tresen eingezeichnet. Tommy ließ den Punkt an beiden Seiten der Theke kurz aufblitzen.
»Zu beiden Seiten der Theke sitzen Jonny und Hannu. My
wird also von zwei Beamten flankiert. Jonny trifft ungefähr gleichzeitig mit mir ein. Ein Durchschnittspendler auf dem Heimweg von der Arbeit, der auf die S-Bahn wartet. Hannu ist irgendein Vertreter, der auf einen Zug
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