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Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Waffen erheben lassen. Man kann einen Mann ein Jahr lang die Kriegskunst lehren, ihm die Geschicklichkeit am Schwert und den Umgang mit einem Speer beibringen, und dennoch lernt er in fünf Minuten des Kampfes viel mehr.
    Es gab so viele Gefechte in jener Zeit, dass ich die meisten vergessen habe, doch an den Kampf bei Edwulfs Palas erinnere ich mich, obwohl er nichts Besonderes war. Die Dänen waren leichtsinnig gewesen, und wir hatten keine Opfer zu beklagen, doch ich erinnere mich daran, weil mich einer meiner Männer, nachdem der Kampf vorüber war und die Schwerter wieder in den Scheiden steckten, in die Kirche rief.
    Die Kirche war klein, kaum groß genug für die fünfzig oder sechzig Seelen, die um den Palas lebten. Das Gebäude bestand aus Eichenbalken und hatte ein Strohdach, über dem ein hölzernes Kreuz aufragte. Eine plumpe Glocke hing am westlichen Giebel über der einzigen Tür. In den Seitenwänden befanden sich je zwei große Fenster mit Holzläden, durch die das Licht auf einen dicken Mann fiel, der nackt auf einen Tisch gefesselt war, der vermutlich als Altar der Kirche diente. Der Mann stöhnte. «Bindet ihn los», knurrte ich, und Rypere, der die Männer angeführt hatte, die gegen die Dänen in der Kirche gekämpft hatten, hastete voran, als hätte ich ihn aus einem Traum geweckt.
    Rypere hatte trotz seiner jungen Jahre schon viel Schreckliches gesehen, dennoch schien er, ebenso wie seine Gefolgsleute, wie betäubt von den Grausamkeiten, die man diesem Mann angetan hatte. In seinen Augenhöhlen stand ein Gemisch von Blut und Gallert, seine Wangen waren blutverschmiert, seine Ohren und seine Männlichkeit abgeschnitten, seine Finger zuerst gebrochen und dann mit einem Meißel von den Handflächen abgetrennt. Zwei Dänen standen hinter dem Tisch, bewacht von meinen Männern, und ihre blutverschmierten Hände verrieten sie als die Folterer. Aber es waren nicht sie allein, sondern ihre Anführer, die für diese Gräuel verantwortlich waren, und deshalb erinnere ich mich an dieses Gefecht.
    Denn an diesem Tag traf ich zum ersten Mal auf Skade, und wenn je eine Frau den Apfel von Asgard gegessen hat, der den Göttern ewigliche Schönheit verleiht, dann war es Skade. Sie war groß, beinahe so groß wie ich, und trug ein Kettenhemd über dem sehnigen Körper. Sie mochte etwa zwanzig Jahre alt sein, auf ihrem schmalen Gesicht lag ein   stolzer, überheblicher Ausdruck, und sie blickte mich mit den blauesten Augen an, die ich jemals gesehen hatte. Ihr Haar, so schwarz wie die Federn von Odins Raben, hing lang und glatt bis zu ihrer schlanken Taille hinab, an der eine leere Scheide an einem Schwertgürtel hing. Ich starrte sie an.
    Und sie starrte mich an. Und was sah sie?
    Sie sah Alfreds Kriegsherrn. Sie sah Uhtred von Bebbanburg, den Heiden im Dienst eines christlichen Königs. Ich war hochgewachsen, und in diesen Tagen waren meine Schultern breit und kräftig. Ich war ein Schwertkrieger, ein Speerkrieger, und der Kampf hatte mich so reich gemacht, dass meine Kettenrüstung schimmerte und der Helm mit Einlegearbeiten aus Silber geschmückt war und die Armringe über den Ärmeln meines Kettenhemdes glitzerten. Mein Schwertgürtel war mit silbernen Wolfsköpfen verziert, Schlangenhauchs Scheide mit Jettsplittern besetzt, und meine Gürtelschnalle und die Gewandfibel bestanden aus reinem Gold. Nur der kleine Thorshammer, den ich um den Hals trug, war von billiger Machart, doch ich besaß diesen Talisman seit meiner Kindheit. Ich habe ihn immer noch. Heute ist meine Jugendherrlichkeit dahin, von der Zeit aufgefressen, doch Skade konnte sie damals erkennen. Sie sah einen Kriegsherrn.
    Also spuckte sie mich an. Die Spucke traf meine Wange, und ich wischte sie nicht weg. «Wer ist diese Hündin?», fragte ich.
    «Skade.» Rypere nannte mir ihren Namen und nickte dann in Richtung der beiden Folterer. «Sie sagen, Skade führt den Angriff hier.»
    Der fette Mann stöhnte. Er war losgebunden worden und krümmte sich nun zu einer Kugel. «Sucht jemanden,   der sich um ihn kümmert», sagte ich gereizt, und Skade spuckte mich erneut an. Dieses Mal traf sie meinen Mund. «Wer ist er?», fragte ich, ohne sie zu beachten.
    «Wir glauben, das ist Edwulf», sagte Rypere.
    «Bringt ihn hier heraus.» Dann drehte ich mich um, damit ich die Schönheit betrachten konnte, die mich angespuckt hatte. «Und wer ist Skade?»
    Sie war Dänin, und sie war auf einem Gehöft geboren, das im nördlichen Teil ihres trostlosen

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