Das brennende Land
jedes Feld war mit dem Bild eines Heiligen geschmückt. In die Planke, mit der die Seitenwände oben abschl ossen, waren lateinische Worte geschnitzt, aber ich habe mir nie die Mühe gemacht, danach zu fragen, was sie bedeuteten, denn weder wollte ich es wissen, noch hätte mich die Antwort überraschen können. Es handelte sich sicher um irgendwelche christlichen Ermahnungen, und da ist eine wie die andere. Die Ladefläche des Karrens war zum größten Teil mit Wollsäcken ausgelegt, vermutlich, um die Reisenden vor schmerzhaften Stößen zu schützen, und ein gutgepolsterter Stuhl mit hoher Lehne stand an der rückwärtigen Seite des Kutschbocks. Eine gestreifte Segeltuchplane, die an vier krummen Stangen befestigt war, überspannte die ganze närrische Angelegenheit. Ein hölzernes Kreuz, wie sie an Kirchengiebeln zu sehen sind, ragte auf einer der Stangen empor, während an den drei übrigen Stangen Banner mit Heiligenbildern flatterten.
«Eine Kirche auf Rädern?», fragte ich säuerlich.
«Er kann nicht mehr reiten», erklärte Steapa bedrückt. Steapa war der Befehlshaber der königlichen Leibwache. Er war ein riesenhafter Mann, einer der wenigen, die größer waren als ich, und in der Schlacht kämpfte er mit unbändiger Wildheit. Unbändig war auch seine Treue zu König Alfred. Steapa und ich waren Freunde, obwohl wir als Feinde begonnen hatten, denn ich war gezwungen gewesen, gegen ihn zu kämpfen. Es war, als griffe ich einen Berg an. Doch wir hatten dieses Zusammentreffen beide überlebt, und jetzt gab es niemanden, den ich im Schildwall lieber neben mir stehen hatte. «Er kann gar nicht mehr reiten?», fragte ich.
«Manchmal tut er es noch», sagte Steapa, «aber es bereitet ihm große Schmerzen. Laufen kann er auch kaum noch.»
«Wie viele Ochsen braucht er denn, um dieses Ding zu ziehen?», fragte ich und deutete auf den Wagen.
«Sechs. Es gefällt ihm nicht, aber er hat keine Wahl.»
Wir waren in Æscengum, der Burgfeste, die Wintanceaster vom Osten her schützen sollte. Es war eine kleine Burg, nicht zu vergleichen mit denen von Wintanceaster oder Lundene, und sie sicherte eine Furt über den Wye, auch wenn es mir ein Rätsel war, weshalb diese Furt abgesichert werden musste, denn der Fluss konnte sowohl nördlich als auch südlich von Æscengum mit Leichtigkeit überquert werden. Tatsächlich gab es hier überhaupt nichts von Bedeutung zu schützen, und deshalb war ich auch gegen den Ausbau Æscengums zur Burgfeste gewesen. Doch Alfred hatte darauf beharrt, denn angeblich hatte an diesem Ort vor Jahr und Tag ein halbverwirrter christlicher Mystiker die Jungfräulichkeit eines geschändeten Mädchens wiederhergestellt, und deshalb war es ein geheiligter Ort. Alfred hatte ein Kloster bauen lassen. Nun erwartete uns der König in der Klosterkirche. «Sie reden», sagte Steapa niedergeschlagen, «aber keiner von ihnen weiß, was getan werden soll.»
«Ich dachte, ihr wartet hier darauf, dass euch Harald angreift.»
«Ich habe ihnen gesagt, dass er das nicht tun wird. Aber was soll stattdessen geschehen?»
«Stattdessen suchen wir natürlich Harald und bringen den Earsling um», sagte ich und sah nach Westen, wo neue Rauchsäulen von Haralds Morden und Brandschatzen kündeten.
Steapa deutete auf Skade. «Wer ist das?»
«Haralds Hure», sagte ich laut genug, dass Skade es hören konnte. Ihr Gesicht verriet nichts. «Sie hat einen Mann namens Edwulf gefoltert, weil sie aus ihm herausholen wollte, wo er sein Gold vergraben hat.»
«Ich kenne Edwulf», sagte Steapa. «Er isst und trinkt sein Gold.»
«Jedenfalls hat er das getan. Aber jetzt ist er tot.» Edwulf war gestorben, bevor wir von seinem Besitz weggeritten waren.
Steapa streckte eine Hand aus, um meine Schwerter entgegenzunehmen. Das Kloster diente Alfred an diesem Tag als Palas, und deshalb durfte niemand außer dem König selbst, seinen Verwandten und seiner Wache Waffen tragen. Ich gab Schlangenhauch und Wespenstachel ab und tauchte meine Hände dann in eine Schale mit Wasser, die mir ein Diener brachte. «Willkommen im Haus des Königs», sprach er die Grußformel. Dann sah er zu, als ich Skade das Seil um den Hals legte.
Sie spie mir ins Gesicht, und ich grinste. «Zeit, den König kennenzulernen, Skade. Spuck ihn an, und er hängt dich.»
«Ich werde euch beide verfluchen», sagte sie.
Nur Finan ging mit Steapa, Skade und mir in das Kloster hinein. Meine Männer führten ihre Pferde durch das westliche Stadttor, um die
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