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Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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verbringen.» Und dann gab mir das Schicksal einen Gedanken ein, und ich wusste, dass ich Bebbanburg niemals zurückgewinnen würde, dass ich niemals diesen Felsen ersteigen und niemals den Wall überwinden würde, wenn ich nicht täte, was Ragnar vor all den Jahren getan hatte. Die Vorstellung schreckte mich, aber das Schicksal ist unausweichlich. Die    drei Spinnerinnen beobachteten mich, warteten, hielten die beinernen Nadeln bereit, und wenn ich ihr Geheiß nicht erfüllte, würde mein Schicksal der Untergang. Ich musste über die Ruder laufen.
    «Haltet die Ruder fest!», befahl ich den zwanzig Ruderern auf der Landseite. «Haltet sie gerade und haltet sie vollkommen unbeweglich!»
    «Uhtred», sagte Skade warnend, doch ich sah auch Begeisterung in ihren Augen aufblitzen.
    Ich hatte meine gesamte Rüstung angelegt, um den Männern meines Onkels auf Bebbanburg als Kriegsherr gegenüberzutreten. Jetzt würden sie mich vielleicht sterben sehen, denn ein einziger Fehltritt auf den langen Ruderschäften würde mich sofort auf den Grund des Meeres befördern, denn die schwere Kettenrüstung würde mich unweigerlich hinabziehen. Doch meine Überzeugung war stärker als alle Bedenken: Um alles zu gewinnen, muss ein Mann alles aufs Spiel setzen.
    Ich zog Schlangenhauch. Ich hielt die Klinge hoch über meinen Kopf, sodass die Besatzung der Festung die Sonne in dem langen Stahl würde blitzen sehen, und dann stieg ich über die Seitenplanke aus dem Schiff.
    Der Kniff dabei, wenn man über die Ruder laufen will, ist, es schnell zu tun, aber wiederum nicht so schnell, dass es nach angsterfüllter Hast aussieht. Ich musste zwanzig Schritte mit einem durchgedrückten Rücken tun, damit es einfach und mühelos wirkte. Ich erinnere mich, wie das Schiff in der Dünung rollte und wie mich die Furcht zwickte, wie jeder Ruderschaft unter meinem Schritt ins Wasser tauchte, doch ich tat diese zwanzig Schritte und schwang mich vom letzten Ruder wieder ins Heck hinauf, wo mich Sithric stützte. Meine Männer brachen in Jubel aus.
    «Du bist ein verdammter Narr», sagte Finan, und ich hörte große Zuneigung in seiner Stimme.
    «Ich komme!», schrie ich in Richtung der Festung, doch ich bezweifle, dass meine Worte bis dorthin trugen. Die Wellen brachen sich weiß schäumend am Strand und liefen saugend zurück ins Meer. Die Felsen über dem Strand waren von weißem Frost überzogen. Die Festung schimmerte grauweiß. Die Heimat. «Eines Tages», sagte ich zu meinen Männern, «werden wir alle hier leben.» Dann wendeten wir das Schiff, setzten das Segel und fuhren südwärts. Ich behielt den Festungswall im Blick, bis er in der Ferne verschwand.
    Und am selben Tag glitten wir in eine Flussmündung, die ich sehr gut kannte. Ich hatte den Wolfskopf vom Bug abnehmen lassen, weil wir hier in Freundesland waren, und ich sah den Wachtturm auf dem Hügel und die Klosterruine und den Strand, an dem mich das rote Schiff gerettet hatte, und dann, beim höchsten Stand der Flut, ließ ich den
Seolferwulf
auf den Kiesstrand laufen. Dort lagen schon mehr als dreißig andere Schiffe, bewacht von einer kleinen Feste neben der Klosterruine auf dem Hügel. Ich sprang an Land, trat ein paarmal fest auf und sah Reiter von der Festung herankommen. Einer von ihnen hob seinen Speer gegen mich. «Wer seid Ihr?», fragte er. «Uhtred von Bebbanburg.»
    Die Speerspitze senkte sich. Der Mann lächelte. «Wir haben Euch schon früher erwartet, Herr.»
    «Wir hatten Nebel auf der Fahrt.»
    «Und Ihr seid willkommen, Herr. Was immer Ihr braucht, es gehört Euch. Ganz gleich, was es ist.»
    Und dann empfingen uns Wärme, Essen und Ale. Am nächsten Morgen gab man uns Pferde. Finan, Skade und    ich ritten ein Stückchen nach Südwesten. Meine Mannschaft kam mit. Auf einem Ochsenkarren beförderten wir die Schatztruhe, unsere Rüstungen und unsere Waffen. Der
Seolferwulf war
hier sicher, die Garnison bewachte ihn, doch wir waren zu der größeren Festung unterwegs, zu dem Ort, an dem ich sicher auf ein herzliches Willkommen zählen konnte, und der Herr dieser größeren Festung ritt uns zur Begrüßung entgegen. Er brüllte etwas Unzusammenhängendes und rief und lachte. Dann sprang er vom Pferd und ich ebenso, und wir fielen uns auf dem Weg in die Arme.
    Ragnar. Jarl Ragnar, Freund und Bruder. Ragnar von Dunholm, Däne und Wikinger, Herr des Nordens, und er umschlang mich fest, und dann schlug er mir auf die Schulter. «Du siehst älter aus», sagte er, «älter

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