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Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Titel: Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wende
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die generelle Bedeutungszunahme britischen Einflusses und insbesondere englisch-christlicher Kultur in der überseeischen Welt untrennbar mit der Vitalität und Dynamik der evangelischen Missionsbewegung britischer Prägung verbunden.
    Dem Pragmatismus des Geistes der Epoche entsprechend hatten im 18. Jahrhundert Handel und Herrschaft die Achsen des Koordinatensystems britischer Empire-Politik gebildet. Doch in dem Maße, wie gegen dessen Ende eine neue Religiosität auch in die politische Öffentlichkeit hineinwirkte und in der Form einer evangelisch-humanitären Massenbewegung Gestalt annahm, prägte dies auch die allgemeine Wahrnehmung des Empire und stellte es in den Dienst neuer Zielsetzungen. Gleich zu Beginn des 19. Jahrhunderts setzten die Abschaffung des Sklavenhandels und der Sklaverei ein deutliches Zeichen für den Aufbruch in eine neue Ära. Angesichts der Bedeutung, die der Sklavenhandel für den merkantilen Kreislauf des atlantischen Dreieckshandels und insbesondere für einflußreiche britische Plantagenbesitzer in Westindien und Sklavenhändler in Liverpool gehabt hatte, waren das ebenso überraschende wie auch folgenreiche Maßnahmen; noch im Jahr 1780 hatte man ca. 35.000 Afrikaner als Sklaven nach Amerika transportiert. Der nun vollzogene Kurswechsel war das Resultat eines partiellen Strukturwandels der englischen Politik, in deren Bezugsrahmen von nun an eine gezielt informierte und geschickt organisierte Öffentlichkeit immer wieder entscheidende Impulse für wegweisende Reformen im Bereich von Staat und Gesellschaft liefern sollte.
    Die Initiative ging von einer kleinen Gruppe gebildeter, politisch einflußreicher und z.T. wohlhabender Männer aus, an deren Spitze der Parlamentsabgeordnete William Wilberforce und der Schullehrer Thomas Clarkson standen. Sie verstanden ihren Einsatz für die Abschaffung der Sklaverei als unabdingbares christliches Gebot, und vor allem verstanden sie es, religiöse und humanitäre Organisationen für eine landesweite Aufklärungskampagne zu gewinnen, mit der erheblicher öffentlicher moralischer Druck auf das Parlament ausgeübt werden konnte. Bereits zu Beginn der Kampagne legten sie 1787 eine Petition aus Manchester vor, die von zwei Dritteln der männlichen Einwohner unterzeichnet worden war; 1792 erreichten 592 diesbezügliche Petitionen mit insgesamt ca. 400.000 Unterschriften das Parlament, und schließlich konnten die Organisatoren im Jahre 1833 die Unterstützung von anderthalb Millionen Anhängern mobilisieren. Sie alle forderten für die Sklaven persönliche Freiheit als natürliches Menschenrecht, denn – wie der Methodistenprediger John Wesley verkündete: «Jedes menschliche Wesen besitzt das Recht auf Freiheit, sobald es zu atmen beginnt; kein menschliches Recht kann ihn dessen berauben, was er kraft des Naturrechts besitzt.»[ 6 ] Zugleich verstanden es Wilberforce und seine Mitstreiter, nicht nur durch Argumente zu überzeugen, sondern auch erfolgreich an Emotionen zu appellieren. Besonders populär wurde eine von dem Porzellanfabrikanten Joshua Wedgwood massenhaft produzierte kleine Medaille, die einen mit geketteten Händen zum Himmel flehenden Afrikaner abbildete und mit der Aufschrift versehen war: «Am I not a Man and a Brother?»
    Da der ethisch unstrittigen Forderung nach Aufhebung der Sklaverei der durch englisches Recht ebenso unantastbare Schutz des persönlichen Eigentums entgegenstand, zu dem auch die Sklaven der britischen Plantagenbesitzer zählten, gelang es 1807 zunächst lediglich, ein Verbot des Sklavenhandels durchzusetzen. Und obgleich auf dem Wiener Kongreß 1815 auch die übrigen europäischen Mächte veranlaßt werden konnten, eine feierliche Erklärung gegen den Sklavenhandel zu unterzeichnen, wurden in der Folgezeit noch nahezu 2 Millionen Afrikaner als Sklaven über den Atlantik verschifft, die meisten von ihnen nach Brasilien, viele aber auch in die Südstaaten der USA. Dabei hatte Großbritannien mit erheblichem finanziellen Aufwand und politischem Druck schließlich auch die Regierungen Spaniens, Portugals und Frankreichs dazu gebracht, ihrerseits das Verbot zu übernehmen. Die britische Marine finanzierte mit 750.000 Pfund im Jahr ein Geschwader mit dem Auftrag, in den atlantischen Gewässern vor der afrikanischen Küste zu kreuzen, um Sklavenschiffe aufzubringen. Dennoch bedurfte es noch zusätzlicher Voraussetzungen und weiterer Anstrengungen, um schließlich die generelle Aufhebung der Sklaverei in den

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