Das Bronze-Bataillon
Der Übergang von taktischer Formation zur Paradeaufstellung war so sauber und professionell wie nur irgend möglich vollzogen worden. Jede Spur der Unsauberkeit würde nicht nur die Garde schlecht dastehen lassen, sondern zugleich auch eine Lücke in der Deckung bedeuten. Wenn man wirklich professionell arbeitete, dann konnte man neun von zehn Kämpfen zu Ende bringen, bevor sie auch nur angefangen hatten – in diesem Fall hatte der zehnte natürlich Voitan sein müssen.
Sergeant Major Kosutic hatte ihr Signal gegeben, und nun traten die Truppführer hinter ihr an, hinter denen wiederum die Trupps Aufstellung nahmen. Auf einen Befehl hin marschierte die Kompanie – abzüglich eines Trupps, der rings um Roger Mannwache bezogen hatte – in einer Doppelreihe auf, die den Stadtwachen exakt gegenüber stand. Es waren nur jämmerlich wenige Marines, doch schon bald sollten die Ortsansässigen erfahren, was diesen jämmerlich wenigen Personen an einem Ort namens Voitan gelungen war.
Und dann sollten sie sich selbst so ihre Gedanken machen.
Roger schaute sich um und blickte in die ernsten Augen von Sergeant Nimashet Despreaux.
»Wir müssen aufhören, uns hier zu treffen. Die Leute tuscheln schon«, sagte er, doch ihre Miene veränderte sich nicht.
»Wir befinden uns in Paradeaufstellung, Sir. Dabei wird nicht gesprochen.«
»Ach so.« Roger wandte sich wieder nach vorne um und zupfte an seinem Zopf, gerade als Pahner und O'Casey auf ihn zu traten. »Entschuldigung. Ich werde mein Fehlverhalten selbst melden.«
»Bereit?«, subvokalisierte Pahner über den Kommunikator.
»Bravo in Position«, erwiderte Lieutenant Jasco ebenso lautlos.
»Innere Gruppe in Position.« Despreaux' Stimme war nur der Geist eines Flüstern, irgendwo in Rogers Hinterkopf.
»Dokumente«, sagte O'Casey und reichte sie dem Prinzen.
»Dann legen wir doch mal los, Captain«, meinte Roger leise und musste sich zusammenreißen, um nicht ob dieser Lage in Gelächter auszubrechen: Was sie jetzt hier der staunenden Menge vorführen würden, war exakt die Show, die sie für ›Das Einholen der Netze‹
auf Leviathan geprobt hatten. Der einzige Unterschied bestand darin, dass die Überlebenden seiner Kompanie jetzt nicht nur äußerst wachsam, sondern mit voller Bewaffnung einsatzbereit waren; und falls hier irgendetwas schief laufen sollte, dann würde er sich mit ungefähr Mach Drei zu Boden werfen. Achtundfünfzig Waffen würden schon beim geringsten Anzeichen einer Bedrohung diesen Platz in einen Schlachthof verwandeln, und alles, was er selbst zu diesem Gemetzel beitragen würde, wäre schlichtweg belanglos.
Fast priesterlich gemächlich und ehrfürchtig setzte sich die Gruppe nun in Bewegung, in einem Kurzschritt, der nur bei zwei Gelegenheiten verwendet wurde: bei formalen Präsentationen und bei Beerdigungen. Da Marines an deutlich mehr letztgenannten Anlässen teilzunehmen hatten als an erstgenannten, nannten sie ihn meist den ›Todesmarsch‹, und Roger war der Ansicht, das ließe für diese Umstände hier nichts Gutes erahnen.
Die Menge vor dem Thron teilte sich, um sie durchzulassen. Es war erstaunlich still; auf dem ganzen Platz war nur der langsame Schritt der schweren Kompaniestiefel zu hören; in der Ferne grollte Donner.
Roger hatte den klebrigen roten Fleck erreicht, dort wo der letzte Bittsteller sein Ansinnen vorgetragen hatte, und blieb nun stehen. Er verneigte sich tief und streckte die Hand mit den Dokumenten aus, während rings um ihn der Geruch nach Eisen und frischen Exkrementen aufstieg, der so charakteristisch war dafür, dass gerade erst ein Lebewesen seinen allerletzten Atemzug getan hatte.
»Euer Majestät, Großer Regent von Marshad und Stimme des Volkes! Ich, Prinz Roger Ramius Sergei Alexander Chiang MacClintock vom Hause MacClintock und Thronerbe dritten Grades des Kaiserreiches der Menschheit, grüße Euch im Namen meiner Kaiserlichen Mutter, Ihrer Majestät Kaiserin Alexandra MacClintock, Kaiserin der Menschheit, Königin der Morgendämmerung und Herrin der Leere des Alls.«
Förmlich nahm Eleanora die Dokumente wieder entgegen, trat dann einen Schritt vor und einen weiteren zur Seite. An der untersten Stufe der Treppe sank sie auf die Knie und streckte die Dokumente dem Monarchen entgegen – und hoffte, dass irgendeiner dieser hochglanzpolierten Idioten in der Lage war, sich vorzustellen, welchen Sinn diese Dokumente wohl haben mochten.
Einer der Berater des Monarchen – so weit man dies vom Zierrat
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