Das Buch aus Blut und Schatten
aus â allerdings nicht wie meine, die ausschlieÃlich in Designer-Outlet-Geschäften einkaufte und eine Allergie gegen solche Stilrichtungen wie Schürzen und hawaiianische Muumuus hatte.
»Komisches Hobby«, meinte Adriane, aber ich war mir da nicht so sicher.
»Vielleicht ist sie mit ihm verwandt«, mutmaÃte ich, obwohl ich wusste, dass es sehr unwahrscheinlich war, dass sich noch jemand an einen der schon lange verstorbenen Toten erinnerte, geschweige denn, um ihn trauerte. »Und das ist so eine Art Pflicht, die von Generation zu Generation in der Familie weitergegeben wird.«
»Ich sollte mich vermutlich nicht so oft darüber beschweren, dass ich den Geschirrspüler ausräumen muss«, kommentierte Adriane.
Max runzelte die Stirn. »Wir verschwenden Zeit. Wenn sie mit ihm verwandt ist, was ich allerdings bezweifle, ist das noch ein Grund mehr, mit ihr zu reden.«
Die Frau sah nicht auf, als wir auf sie zugingen. Sie machte einfach damit weiter, mit dem Zweig auf dem verwitterten Stein herumzukratzen und einen Zentimeter Moos nach dem anderen zu entfernen.
»S dovolen à m«, sprach Eli sie leise an. »Dobrý den.«
»Dobrý den«, murmelte die Frau. SchlieÃlich hob sie den Kopf und sah uns finster an. »Amerikaner«, sagte sie. Es war keine Frage.
»Sprechen Sie Englisch?« Ich fragte mich, woher sie es gewusst hatte.
Sie nickte.
»Dürfen wir Sie etwas fragen?«
»Sucht Ãste«, sagte sie mit starkem tschechischem Akzent.
»Wie bitte?«
»Wenn ihr meine Zeit wollt, gebt etwas von eurer dem Maharal.«
Wir suchten Ãste.
»Wir versuchen, etwas mehr über den Golem herauszufinden.« Ich stieà das Ende meines Zweigs in eine Rille mit hart gewordener Erde, die um den zweischwänzigen Löwen auf der Vorderseite des Grabmals verlief.
Die Alte schnaubte. »Immer suchen nach dem Golem. Ihr wollt ihn finden? Seht in euren Märchen und euren Hollywood-Filmen nach. Dort ist er. Sonst nirgendwo.«
»Die Grundzüge der Geschichte kennen wir«, erwiderte ich. »Der Rabbi hat den Golem geschaffen und dann ist dieser Amok gelaufenâ¦Â«
»Lügen! Mehr können sie nicht!« Ihre Hände schlossen sich fester um den Zweig und sie schrubbte wie wild auf dem Stein herum. Silberne Strähnen hatten sich aus den Haarnadeln gelöst, die den straffen Knoten in ihrem Nacken zusammenhielten, und machten ihr Gesicht weicher. Ich versuchte, die junge Frau in der alten zu sehen, konnte sie in den zusammengekniffenen Lippen und der wettergegerbten Haut aber nicht finden. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie jemals anders ausgesehen hatte. »Sie sagen, ein Jude â der gröÃte aller Juden â hat mitgeholfen, sein Volk zu zerstören. So ist einfacher für sie. Sie verstecken sich vor Schuld.«
»Wer sie?«
»Jüdisch?«, fragte sie.
»Entschuldigung?«
»Ihr. Amerikaner. Seid ihr Juden?«
Die anderen verneinten leise. Ich sagte nichts. Ich fühlte mich nicht als Jüdin, nicht hier, im Schatten der Synagoge, während unter meinen FüÃen Prags Chefrabbiner verrottete.
Doch Adriane verriet mich. »Sie ist Jüdin.«
»Ein bisschen.«
»Ein bisschen.« Die Frau äffte meinen amerikanischen Akzent nach. Aus ihrem Mund klangen meine Worte ausgesprochen dumm. »Ein bisschen schwanger. Ein bisschen tot. Ein bisschen jüdisch. Das geht nicht.«
»Wenn Sie meinen.«
»Man entscheidet nicht einfach, jüdisch zu sein«, erklärte sie.
»Okay«, erwiderte ich. »Und wer entscheidet das? Sie?«
»Er entscheidet.« Sie brauchte nicht nach oben zu sehen, wo sich gerade Sturmwolken zusammenbrauten, damit ich wusste, welches »er« sie meinte. »Er wählt aus.«
»Nicht in meinem Fall«, meinte ich.
Max räusperte sich. »Wir wollen nicht unhöflich sein«, sagte er. Er entschuldigte sich für mich, als wäre ich ein ungezogenes Kind. »Wir suchen nur nach Informationen über den Rabbi.«
Sie ignorierte ihn. »Hast du gewusst, dass diese Stadt gegründet wurde von einer Frau?«, fragte sie mich.
Ich schüttelte den Kopf.
»Einer Hexe, angeblich. Wahrsagerin Libuše, weise und mächtig. Aber Libuše ist eine Frau. Man sagt, sie kann nicht regieren ohne Mann. Also heiratet sie P Šemysl. Er regiert die neue Stadt Praha und alle Männer sind
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