Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Buch aus Blut und Schatten

Das Buch aus Blut und Schatten

Titel: Das Buch aus Blut und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Wasserman
Vom Netzwerk:
Unzurechnungsfähigkeit meinerseits, jedenfalls sah es zusammen mit seinen ausgesprochen gut definierten Bauchmuskeln dermaßen abgefahren aus, dass Gedanken in mir wachgerufen wurden, die ich jetzt auf keinen Fall hätte haben sollen. Ich räusperte mich und heftete meinen Blick auf die abblätternde Wandfarbe hinter seiner Schulter. »Und wenn es nicht der Golem war?«, fragte ich. In jenem benebelten Moment zwischen Traum und Aufwachen war mir klar geworden, dass der Rabbi nicht viel anders war als Elizabeths Vater. Ein Mann, der sein Leben damit verbracht hatte, seinem Gott zu dienen. Natürlich hielt die ganze Welt den Golem für die Krönung seines Lebenswerks, so wie das Lumen Dei das Glanzstück von Edward Kelley gewesen wäre. Doch für Elizabeth war das Wichtigste an Kelley nicht seine Arbeit. Es war die Tatsache, dass er ihr Vater war. »Wenn es die Tochter des Rabbis war?«
    Â»Was machst du hier?«, fragte Eli, der sich den Schlaf aus den Augen blinzelte. Seine Boxershorts, die mir ebenfalls nicht hätten auffallen dürfen, waren hellblau und mit kleinen Tweetys bedruckt. Es war komisch, aber sie standen ihm gut. »Wo ist Max?«
    Â»Zuerst dachte ich, dass es vielleicht mit ihr begraben wurde, was echt ätzend wäre, denn auf den meisten dieser Gräber standen keine Namen, und selbst wenn, wir können ja nicht einfach anfangen, dort zu buddeln.«
    Â»Du weißt schon, dass es mitten in der Nacht ist, oder?«
    Â»Aber dann musste ich an den Dachboden denken – an die Mezuzah, weißt du noch? Janika sagte, sie hätte seiner Tochter gehört, und diese Dinger sind hohl. Es könnte alles Mögliche drin sein. Es ist ziemlich weit hergeholt, aber meinst du nicht, wir sollten es versuchen?«
    Â»Ist was passiert?«, fragte Eli. »Hat Max irgendwas angestellt?«
    Â»Hörst du mir überhaupt zu?«
    Â»Mir ist schon klar, dass ich nicht unbedingt die allererste oder allerbeste Adresse für deine nächtlichen Geistesblitze bin. Also, was ist los?«
    Â»Adriane ging es nicht gut, daher ist Max mit ihr irgendwohin gegangen. Er ist also nicht da, um sich das anzuhören, was ich für eine gute Idee halte, und ich glaube, es ist völlig egal, dass es gerade mitten in der Nacht ist, da wir Janika Ohne-Nachname nicht im Telefonbuch finden werden. Und selbst wenn wir das könnten, würde sie uns wohl kein zweites Mal helfen. Ich geh jedenfalls noch mal in die Synagoge. Kommst du jetzt mit oder nicht?«
    Eli grinste. »Ich zieh mir was an.«
    28 »Das ist dein Plan?«, sagte Eli mit einem zweifelnden Blick auf die Eisensprossen, die an der Seite der alten Synagoge nach oben führten. Sie begannen ein gutes Stück über unseren Köpfen, aber ich war ziemlich sicher, dass er mich hochwuchten konnte.
    Â»Hast du einen besseren? Willst du bis zum Morgen warten und dann nach einer anderen alten Dame suchen, die uns aus irgendeinem bizarren Grund vorne reinlässt – und uns dann auch noch erlaubt, die Sachen anzufassen?«
    Â»Das halte ich gar nicht mal für die schlechteste Idee.« Doch er verschränkte brav die Finger ineinander und drehte die Handflächen nach oben, damit ich meinen Fuß hineinstellen konnte. »Aber dir ist schon klar, dass man uns mit einer Wahrscheinlichkeit von neunundneunzig Prozent erwischen wird, oder?«
    Die Straße war menschenleer. Ein paar auf alt getrimmte Gaslaternen tauchten die nebelverhangene Nacht in ein warmes Orange. Die Souvenirbuden waren mit großen Holzplatten gesichert und bis auf ein paar zerfledderte Handzettel, die in dem eisigen Wind flatterten, bewegte sich nichts. »Wie kommst du denn da drauf?«
    Â»Das ist die älteste Synagoge der Stadt, eine weltbekannte Touristenattraktion und ein heiliger Schrein, in einer Stadt, in der es früher mal hunderttausend Juden gegeben hat, inzwischen aber fast keine mehr übrig sind«, sagte er. Das Du Dummkopf konnte ich ihm anhören. »Glaubst du, sie haben vergessen, Videokameras anzubringen?«
    Â»Dann sollten wir uns wohl ein bisschen beeilen.« Ich setzte meinen Fuß in seine Hände und packte ihn an den Schultern. Dann verlagerte ich mein Gewicht nach vorn und streckte mich nach der untersten Eisensprosse. In dem Moment, in dem meine Finger das Metall berührten, schwankte Eli unter mir und ich wäre um ein Haar gestürzt. »Pass doch auf!« Wir versuchten

Weitere Kostenlose Bücher