Das Buch aus Blut und Schatten
von ihr verteidigen zu lassen.
»Nein, das will ich jetzt wissen. Was hält unser Mann Gottes von unserem aktuellen Unterfangen? Glaubst du etwa, dein Gott hat kein Problem damit, dass du gerade dabei bist, seine Privatnummer rauszufinden?«
Max musste bemerkt haben, dass Eli sich über ihn lustig machte. Aber anscheinend war es ihm egal. Und im Gegensatz zu fast allen anderen Jungs, die ich kannte, hatte er sich noch nie gescheut, für seine Ãberzeugung einzutreten, egal ob er sich damit zum Affen machte oder nicht.
»Ich glaube, wenn das Lumen Dei existieren würde, wäre es ein Wunder«, erwiderte Max. »Krieg. Hunger. Armut. Damit könnte man das alles beenden.«
»Wenn Gott die Macht dazu hätte, könnte man doch meinen, dass er das inzwischen selbst erledigt hätte«, gab Adriane zu bedenken.
»Es geht nicht nur um die Macht. Es geht um das Wissen . Um die letzte Antwort. Denkt doch mal darüber nach: Was, wenn man ein für alle Mal beweisen könnte, dass es Gott wirklich gibt? Wenn jeder Mensch auf der Erde genau wüsste, woran er ist und wozu sein Leben gut ist? Wollt ihr wissen, warum ich nie Priester sein könnte? Den wahren Grund?« Er wandte sich wieder an Eli. »Glaube.« Er sagte es so, als wäre das etwas Perverses. »Wenn etwas wahr ist, sollte man nicht daran glauben müssen. Man sollte es wissen können.«
Die Stimmung war angespannt. Adriane lachte nervös. »Ich weià nur so viel«, meinte sie, »wenn wir es tatsächlich schaffen, dieses Ding zu finden, zu bauen oder was auch immer, können wir damit verhindern, dass wir ins Gefängnis wandern, und hoffentlich auch noch diese Verrückten davon abhalten, uns im Schlaf umzubringen. Ganz abgesehen davon, was wir verdienen könnten, wenn wir das Teil verkaufen. Altes Zeugs auf ebay zu verscherbeln, kriegt damit eine ganz neue Dimension.«
Ich warf ihr ein mitleidiges Lächeln zu. Die Jungs ignorierten sie. »Einige glauben, dass genau das das Problem bei so etwas wie dem Lumen Dei ist«, sagte Eli. »Weil Menschen Idioten sind.«
»Sie ist kein Idiot«, sagte Max.
»Was für ein Gentleman. Aber damit habe ich dich gemeint. Es an den höchsten Bieter zu verkaufen, wäre schon schlimm genug, aber weiÃt du, was eine Katastrophe wäre? Wenn eine Macht wie diese in die Hände von ein paar Irren fällt, die sich für Gott halten und fest entschlossen sind, den Himmel auf Erden zu erschaffen. Im Namen Gottes wurden Millionen Menschen getötet und jetzt willst duâ¦Â«
»Sie wurden getötet, weil sie sich wegen Gott gestritten haben«, argumentierte Max. »Und sie haben gestritten, weil ihnen nichts anderes übrig blieb, als zu glauben. Wenn es eine Wahrheit, eine einzige Antwort geben würde, würde auch der Streit über Gott aufhören.«
»Einige Leute würden dich gefährlich naiv nennen«, gab Eli zurück. »Und darauf hinweisen, dass Wissen gefährlich sein kann.«
»Unwissenheit ist auch gefährlich«, meinte ich. »Wissen ist immer besser als Nichtwissen.«
»Umweltverschmutzung«, schoss er zurück. »SchieÃpulver. Atomwaffen. Wissen allein ist nicht das Nonplusultra. Und nur weil man weiÃ, wie etwas gebaut wird, heiÃt das noch lange nicht, dass man es auch bauen sollte. Schon mal was vom Baum der Erkenntnis gehört? Der Apfel? Einige Leute würden sagen, die Tatsache, dass wir zu dumm sind, um aus unseren Fehlern zu lernen, ist Beweis genug dafür, dass wir zu dumm sind, um nicht noch einen zu machen. Und das wäre dann ein groÃer.«
»Und weil wir nicht perfekt sind, sollen wir alle wie früher in Höhlen leben?«, fragte ich ungläubig. »Hältst du das für besser?«
»Wir wären nackt«, stellte Adriane fest. »Wenn du schon mal an einem FKK-Strand gewesen bist, würdest du wissen, dass das mit Sicherheit nicht besser ist.«
»Glaubst du, es hat keinen Krieg gegeben, bevor es Bomben und Waffen gegeben hat?«, fragte ich ihn. »Die Neandertaler haben sich die Köpfe eben mit groÃen Steinen eingeschlagen.«
»Einige Leute würden sagen, dass man erheblich länger braucht, um jemanden mit Steinen umzubringen«, wandte Eli ein. »Es ist ziemlich schwierig, eine Spezies auszurotten, wenn man dazu einen Kopf nach dem anderen einschlagen muss.«
»Einige Leute«, erwiderte ich.
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