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Das Buch aus Blut und Schatten

Das Buch aus Blut und Schatten

Titel: Das Buch aus Blut und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Wasserman
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es nicht kriegen.
    Nicht nach dem, was sie getan hatten.
    Ich sah mir den Brief noch einmal an. Aber vielleicht war die Antwort gar nicht dort. Vielleicht waren es die sinnlosen Wörter selbst. Vielleicht war es tatsächlich so einfach.
    Ein Anagramm, ein Kinderspiel. Mein Vater hatte das früher immer mit mir gespielt, damals, als er noch gespielt hatte. Jeder Satz ist ein Lügner, hatte er gesagt. Wenigstens machten einem Anagramme in der Beziehung nichts vor.
    BE IT BUT GREEN EVIL, THE MYTH TRODS.
    LURE A RARE SKY.
    HOW, FATHER? VISIT. WIN.
    MOUTH WELT, BE THORN.
    Es gab genug Buchstaben für eine halbe Ewigkeit mit misslungenen Versuchen. Ebbed Eighteen Thirty Volt Strum… A Leakier Sun Worry… A Vise Forthwith… Trouble Tenth Whom.
    Für jede Zeile gab es unzählige Möglichkeiten zum Umstellen der Buchstaben. Aber ich hatte viel Geduld und eine Leere, die es zu füllen galt. Immer mal wieder fand ich ein Wort, das richtig klang. Das wie Elizabeth klang.
    Birthright. Knew. Love . Ich ließ mich von meinem Instinkt leiten. Es hätte nicht funktionieren dürfen. Aber:
    YOUR BIRTHRIGHT SLUMBERS BENEATH THE DOVE,
    WHERE I FIRST KNEW TRULY WHAT IT MEANT TO LOVE.
    DEIN GEBURTSRECHT SCHLUMMERT UNTER JENER TAUBE,
    WO MIR ERSTMALS BEWUSST WURDE, WAS ES BEDEUTET ZU LIEBEN.
    Ihr erster Kuss, dachte ich. Auf einem steinernen Turm, der schon vor Jahrhunderten eingestürzt war.
    Oder auf einer Wiese, irgendwo auf einer leeren Landkarte zwischen Prag und Graz.
    Der Ort, an dem er zum ersten Mal ihre Hand nahm, der Ort, an dem sie ihm zum ersten Mal in die Augen sah, der Ort, an dem er sie in seinen Armen hielt, sich zu ihr beugte, den Blick auf ihre Lippen gerichtet, und flüsterte, weil es nur für sie beide war: »Ich liebe dich.«
    Max.
    Adriane hatte seine Jacke zusammengeknüllt, die Jacke, die er ihr auf der Brücke um die Schulter gelegt hatte, und sie sich unter den Kopf gelegt, als wäre das etwas ganz Normales. Ich sagte nichts. Vermutlich roch sie jetzt sowieso nach ihr.
    Sie musste es wissen.
    Â»Adriane…«
    Ihre Augen waren geschlossen, aber sie war wach. Ich hatte zu oft bei ihr übernachtet, um nicht zu wissen, wie sie aussah, wenn sie schlief.
    Â»Zeit für ein Nickerchen«, sagte sie, ohne die Augen aufzumachen, einen Hauch von Schläfrigkeit der Stimme.
    Â»Ich muss…«
    Â»Was?«
    Dir etwas sagen.
    Â»Dich etwas fragen.«
    Dann kam nichts mehr. Wir warteten beide. Schließlich: »Was?«
    Â»Wann hast du gewusst, dass du verliebt bist?«, fragte ich.
    Sie streckte sich wie eine Katze, den Körper dem trüben Sonnenlicht zugewandt. Ein leichtes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Vielleicht hatte sie ja doch geschlafen, denn als sie zu reden begann, hörte es sich an, als würde sie einen Traum beschreiben. »Es war an unserem Platz«, sagte sie. Das war der Name, den wir einem schmalen Stück Wiese an einem See in Chapman gegeben hatten. Es wurde von Ahornbäumen beschattet, grenzte an sanft plätscherndes Wasser an und war von der Straße aus nur mit dem Fahrrad zu erreichen, in zwanzig Minuten. Wir hatten »unseren Platz« durch Zufall entdeckt. Er war der perfekte Ort für Schwimmen im Sommer, Picknicke im Herbst und kühle Nächte unter einer Decke, mit dem Sternenhimmel über uns. Man hatte dort das Gefühl, in einem unglaublich langweiligen Film über unglaublich wahre Liebe zu sein. Es war unser Platz, von uns vieren, obwohl Max und ich oft allein dort gewesen waren. Offenbar waren wir nicht die Einzigen gewesen. »Wir hatten nicht mal Sex oder so. Wir lagen einfach nur da. Er hatte mir so einen kitschigen Kranz aus Unkraut gemacht und ich hatte Angst, dass ich Ungeziefer im Haar hatte, aber bis auf das war es perfekt. Da hab ich es gewusst.«
    Â»Wirklich? Erst im Abschlussjahr?« Wir hatten die Stelle erst ein paar Wochen vor Beginn der Schule entdeckt – fast zwei Jahre nachdem sie und Chris ein Paar geworden waren.
    Sie öffnete die Augen und setzte sich auf. »Nein, natürlich nicht. Schon lange vorher.«
    Â»Aber wie konnte es dann an unserem Platz sein?«
    Â»Oh. Stimmt.« Sie zögerte. »Ich sag’s dir ja nicht gern, aber… ich kenn die Stelle schon ewig.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Wir haben sie zusammen gefunden. An dem Tag, an dem wir uns verlaufen haben…«
    Â»Das wolltest du glauben, weil es so eine

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