Das Buch aus Blut und Schatten
oder Biologie oder Grafikdesign, irgendwas, was mir ein sicheres, ereignisloses Leben garantierte, das nichts mit der Vergangenheit zu tun hatte.
Sie hatte sich selbst in diese Lage gebracht. Jetzt sollte sie sehen, wie sie da wieder rauskam.
Ein Moment, das war alles und dann war er auch schon wieder vorbei. Ein Moment, ein Impuls, fast so schnell weggewischt, wie er aufgetaucht war.
Doch wenn eine Erinnerung nie ausgelöscht wird, wie kann man dann je etwas verzeihen?
23 Eli vermutete, dass im Goldenen Löwen eine Nachricht der Entführer auf uns warten würde, was auch so war. Allerdings hatten sie sich nicht die Mühe gemacht, Buchstaben aus Magazinen auszuschneiden und zusammenzukleben, wie man das in Filmen immer sah. Eli â der mir verbot, in das Hostel zurückzugehen, und mich daran erinnerte, dass die Hleda Ä i und vermutlich auch die Fidei dort auf mich warten würden, als ich ihm erklärte, was passieren würde, wenn er mir das nächste Mal etwas verbot â holte die Nachricht, während ich vor dem Friedhof wartete und mir sagte, dass sie mich haben wollten, nicht Adriane, und dass sie sie vielleicht einfach gehen lieÃen, wenn sie mich hatten.
Ja, klar. Weil die Typen bis jetzt alles getan hatten, um mir zu beweisen, dass sie am groÃzügigen, barmherzigen Ende des Psychokiller-Spektrums anzusiedeln waren.
»Und?«, fragte ich, sobald Eli in Sicht kam.
Erst als ich ihn sah, wurde mir bewusst, wie viel Angst ich davor gehabt hatte, dass er nicht zurückkam.
Er nickte. »Darf ich dich zuerst daran erinnern, was du hinter dem Restaurant gesehen hast?«
Als würde ich das je vergessen. »Jetzt gib schon her.«
»Du weiÃt nicht, wie lang das mit den beiden schon geht. Max hat Chris getötet. Das ist jetzt klar.«
Es war das erste Mal, dass einer von uns beiden es laut aussprach.
»Es wäre gut möglich, dass Adriane in der Sache mit drinsteckt.«
»Unmöglich«, widersprach ich ihm.
»Wie kannst du immer noch so naiv sein? Nach allem?«
Er konnte es nicht verstehen, weil wir für ihn alle Fremde waren. Aber Max und Adriane waren nicht gleich. Max war eine unbekannte Variable, ein Fremder, der in unser Leben getreten war und zu gut darin gewesen war, zu gut zu sein, um echt zu sein. Adriane kannte ich seit Jahren. Ich hatte bei ihren Eltern zu Abend gegessen und war dann bis drei Uhr morgens aufgeblieben, um mir ihre Tiraden darüber anzuhören, wie sehr sich die beiden in ihr Leben einmischten, ich hatte ihr die Zehennägel lackiert, als sie sich das Handgelenk verstaucht hatte und es nicht selbst konnte, ich hatte ihr den Rücken gerieben, als sie den Wodka einer durchzechten Nacht von sich gegeben hatte. Ich kannte die Kombination für das Schloss ihres SchlieÃfaches in der Schule, ihr Lieblingsdeo und den Namen ihres ersten Haustiers, eine Schildkröte, die gestorben war, als sie sieben gewesen war, weil sie vergessen hatte, sie zu füttern. Ich wusste natürlich nicht alles. Aber ich wusste genug.
»Es gibt immer noch so etwas wie unmöglich«, sagte ich. »Sie ist keine Mörderin.«
»Du willst die Wahrheit nicht sehen.«
»Ich wünschte, es wäre so.«
»Also gut. Nehmen wir an, sie hat nichts damit zu tun. Es könnte trotzdem eine Falle sein.«
»Natürlich ist es eine Falle. Gib mir die Nachricht.«
»Ich meine, es könnte ihre Falle sein. Du könntest jemanden retten, der nicht gerettet zu werden braucht.«
Aber er gab mir die Nachricht.
Vyvolená. Wir haben Deine Freundin. Bring die Karte zum Letohrádek Hv Ä zda, morgen bei Sonnenuntergang. Dann geben wir Dir das Mädchen.
»Das ist mit Sicherheit eine Lüge«, meinte Eli.
»Nicht unbedingt.«
»Bist du jetzt völlig übergeschnappt? Sie wollen nicht die Karte, sie wollen dich.«
»Vermutlich wollen sie beides«, sagte ich. »Und wenn sie es bekommen, lassen sie Adriane vielleicht gehen.«
»Das werden sie nicht tun. Sie werden sie töten. Sobald sie dich haben. So sind sie.«
»Du bist nicht gerade ein unvoreingenommener Beobachter.«
»Aber Chris.«
»Lass ihn aus dem Spiel«, warnte ich ihn. »Erwähn nicht mal seinen Namen.«
»Selbst wenn sie die Wahrheit sagen und Adriane gehen lassen, na und? Willst du wirklich dein Leben gegen ihres eintauschen?«
Sogar ich war überrascht, dass die Antwort so einfach
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