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Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1

Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1

Titel: Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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mal. Die Brücke schwankt nur wenig, und die Bohlen sind sicher. Und noch ein Tipp an alle ohne Handtuch vor den Augen: Seht nur geradeaus, genau auf das andere Ende der Brücke. Runtergucken können wir immer noch von drüben.«
    Und dann gingen wir los. Ich hatte verdammte Angst, dass Sanne irgendwo mitten über der Schlucht einen Panikanfall kriegen würde. Ich versuchte zwar, Tommys Ratschlag zu folgen, auf jeden Fall nur die andere Seite zu fixieren, aber immer wieder musste ich auf Sanne starren, ob sie sich vielleicht verkrampfen würde. Oder losschreien. Aber nach unten schaute ich kein einziges Mal.
    Meter um Meter kamen wir voran. Das Seil, das als Geländer diente, ließen wir bei jedem Schritt durch die Handinnenfläche gleiten, um dann wieder fest zuzugreifen. Bloß nicht loslassen! Janine und Sanne konnten sich mit beiden Händen festhalten, doch für Tommy und mich war die Sache weit schwerer, hatten wir doch unsere Hunde unterm Arm. Wie ich befürchtet hatte, wurde Lazy mit jedem Schritt schwerer und schwerer. Ich hatte das Gefühl, dass der Kerl inzwischen so viel wog wie ein Sandsack. Und das Beste war, dass Lazy seine Schnauze auf meine linke Schulter gebettet hatte und entspannt vor sich hin sabberte.
    Das Rauschen des Stromes drang donnernd zu uns herauf. Wider Erwarten schwankte die Brücke kaum. Sie war tatsächlich sehr stabil. Sanne setzte wie in Trance einen Fuß vor den anderen. Ich wollte nicht wissen, wie es in ihr aussah. Es reichte mir zu wissen, wie es in mir aussah.
    Schließlich hatten wir den tiefsten Punkt in der Mitte erreicht, und langsam ging es wieder leicht aufwärts. Ich spürte meinen Arm nicht mehr. Ich durfte Lazy nicht fallen lassen. Ich durfte ihn einfach nicht fallen lassen. Ich betetemir innerlich vor, nur noch diesen Schritt und jetzt nur noch diesen Schritt, nur noch diesen einen Schritt …
    Dann waren wir drüben.
    Ich armer Kerl war der Letzte, der wieder festen Boden unter den Füßen hatte, und um ein Haar wäre mir mein Hund vom Arm gerutscht.
    »Nicht stehen bleiben!«, rief Tommy. »Lasst uns erst noch ein paar Meter weitergehen, vom Abgrund weg!«
    Auch auf dieser Seite gab es eine Plattform und ganz ähnliche Stufen wie auf der anderen. Mit zittrigen Beinen stiegen wir die Treppe hoch und gingen dann noch einige Dutzend Meter auf der Ebene weiter. Schließlich sagte Tommy: »Okay, das reicht!« Wir hielten sofort erschöpft, aber überglücklich an.
    Ungeduldig setzten wir die Hunde ab, knüpften die Seile auf und schüttelten die verkrampften Arme aus. Dann klopften wir Sanne auf die Schulter, die immer noch das Handtuch um den Kopf hatte und einfach nur dastand.
    »Hey, Sanne! Du hast es geschafft! Wir haben es geschafft! Schau dich um, wir sind drüben!«
    Tommy löste vorsichtig das Handtuch und warf es sich über die Schulter. Sanne stand da und hielt die Augen immer noch geschlossen.
    Ich hielt es nicht mehr aus und musste sie am Arm berühren. Ich freute mich mit ihr.
    »Hey«, sagte ich leise. »Du bist drüben. Du stehst auf festem Boden. Mach die Augen auf!«
    Da endlich löste sich ihre Spannung. Sie machte die Augen auf und lächelte mich an. Dann schaute sie sich um, drehte sich einmal um ihre Achse, sprang in die Luft, fing an zu lachen und schrie: »Jaaha! Geschafft!«
    Wir konnten nicht anders, wir stimmten erleichtert in ihr Lachen ein. Jever und Lazy spürten unsere Freude und sprangen an uns hoch. Eine volle Minute lang schlugen wir uns gegenseitig auf die Schultern und freuten uns wie kleine Kinder.
    »Nur nicht übermütig werden«, lachte Tommy. »Na, was ist, Sanne? Willst du noch mal über die Brücke, weil’s so schön war, oder gehen wir weiter?«
    »Nein danke! Eine Schlucht reicht mir. Noch mehr Abgründe wird’s hier ja wohl nicht geben.«
    Auf einmal wurde sie ernst.
    »Tommy, kommen wir hier wieder raus?«
    Tommy überlegte nicht eine Sekunde. »Sicher. Und ich habe das Gefühl, dass es nicht mehr allzu lange dauern wird. Viel mehr kann eigentlich nicht kommen. Vielleicht noch so eine Art Abschlusstest.«
    »Und dann?«, fragte ich. »Was dann? Wenn wir hier heil durchgekommen sind, wo kommen wir dann wieder raus? Und überhaupt: Was soll das alles?«
    »Vielleicht ist der Weg das Ziel«, grummelte Tommy. »Frag mich nicht. Ich weiß genauso wenig wie du eine Antwort. Außer eins und das ist, dass wir jetzt einfach weiterlaufen.«
    Und das taten wir. Vier Äpfel hatten wir noch, und die aßen wir jetzt, während wir uns

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