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Das Buch der Gleichnisse

Das Buch der Gleichnisse

Titel: Das Buch der Gleichnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Olov Enquist
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sich zuzumachen. So dass er – also das Kind, um das sich Tante Valborg viele Jahre früher tagsüber gekümmert hatte, er, der von dem Geschehenen Zeugnis ablegt und jetzt viel älter ist, aber damals ein Halbwüchsling war –, so dass er hinter dem großen Schrank eingeklemmt wurde.
    Er hatte deshalb das Gespräch zwischen den beiden ungesehen mit angehört.
    Onkel Birger hatte gesagt, dass er mit ihr ein Gespräch über ihr Verhältnis zu Jesus Christus zu führen wünsche. Seine Worte fielen vielleicht nicht genau so, es war mehr wie: Valborg, wie stehst du eigentlich zu unserem Erlöser Jesus Christus? Und dann hatte er einige Worte hinzugefügt, die eigentlich bedeuteten, dass sie an der Grenze stand. Und er sich Sorgen machte.
    Da hatte Tante Valborg ihm unverwandt ins Auge gestarrt, also in beide Augen, und wenn Blitze sprechen könnten ! Onkel Birger war sechs Fuß und zwei Zoll groß und wog nahezu sechsundneunzig Kilogramm, sie blickte also gleichsam schräg nach oben in sein Auge, aber trotzdem wirkte sie unbegreiflicherweise weder nervös noch erschüttert, eher war sie beinahe entschlossen und strafend. Was ist mit dem Erlöser und mir?!! Hatte sie gesagt, oder ihm entgegengeschleudert, jedenfalls ohne Wärme in der Stimme, eher mit Trotz. Und sie war ja, wie bereits erwähnt, ziemlich gelb im Gesicht und hatte mindestens zwei Liespfund Gewicht verloren, wegen des Krebses; aber Onkel Birger hatte seine Frage an die jetzt also ziemlich kleine und schwächliche Schwägerin ungerührt wiederholt.
    Er hatte erklärt, dass er hauptsächlich aus Sorge um ihre unsterbliche Seele frage, weil sie ja, in einem an Verners gerichteten Brief, selbst gesagt und bezeugt habe, dass sie bald heimgerufen werden würde, und was ebendies betraf, gab es wohl keine Uneinigkeiten, über die man sich zu ereifern brauche. Aber!, fuhr er fort und sagte, wie’e Maja zu sagen pflegt, Mit Furcht und Sorge haben ich und meine Glaubensgeschwister inne Enquistfamilie für dich gebetet , und er habe sich besonders mitt’e Maja beraten, die mehrmals letztwöchig aus Sorge umme Valborg in Gebete ausgebrochen sei; und hier, bei der Nennung des Namens seiner Mutter, durchzuckte den lauschenden Jungen ein Angststoß, dass er zusammenfuhr, und wir haben die Sinneswahrnehmung gehabt, dass deine Glaubensflamme erkaltet, vielleicht erloschen ist, und vielleicht würde es meine Unruhe dämpfen, wenn wir beide hier auf dem Boden der kleinen Kammer (er benutzte nicht den Ausdruck gute Stube, weil das Ganze sich ja bei Verners abspielte!) niederknien und gemeinsam unseren Glauben an Jesus Christus, den Erlöser der Welt, bekennen könnten, so dass du hiernach in Frieden im Glauben an deinen Erlöser von dannen gehen könntest .
    Er war hier nicht fortgefahren, sondern hatte nur mit Tränen in den Augen ihre Antwort erwartet.
    Sie hatte da Folgendes erwidert.
    Sie hatte gesagt, dass sie, als ihr Mann gestorben war, nachdem die Lungenentzündung ihn so plötzlich hinweggerafft hatte, sich in ihrer Verzweiflung dem Erlöser anvertraut habe, und sicherlich hatte sie sein Schweigen vernommen, es jedoch als Zeugnis dessen aufgefasst, dass Jesus mit der Verzweiflung der Welt beschäftigt war und sich nicht mit dem ohne Zweifel lästigen Jammern einer armen Witwe befassen konnte. Und dann war sie dort bei Kalle Normarks auf den Dachboden gezogen. Und Essen zu beschaffen war ihr ja gelungen, und dankbar war sie gewesen für die Hilfe der Familie, aber es sei schon seltsam still dort gewesen, wo sie sich mit dem Jungen eingeschlossen hatte. Das Putzen in Östra Fahlmark war auch anstrengend gewesen für den Rücken, ebenso das in Österböl, und dann kam der Umzug nach Sjöbotten, in dieses fremde Dorf und das Zimmer über dem Betsaal, und danach die Verleumdungen nach der Verwechslungsgeschichte, so dass sie nach Småland ziehen musste, an einen so entfernten Ort, dass dagegen selbst Bastuträsk als nahe gelegen und gut bekannt erscheinen konnte.
    Aber wo sie auch gewesen sei und den kleinen Jong mitgeschleppt habe, sei sie wie von einem großen Schweigen umgeben gewesen; und das sei Jesu beharrliches Schweigen. Wo immer sie sich befunden habe in ihrer Einsamkeit und Verzweiflung – das Einzige, dessen sie sicher sein konnte, war, dass Jesus die Klappe hielt; und bei diesen letzten unbedachten Worten, also denen, dass Jesus die Klappe hielt, hatte Onkel Birger gleichsam einen Satz gemacht und den Mund aufgerissen, wie zu einem Angstschrei. Aber in

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